Internetsucht – Ursachen
Pathogenese (Krankheitsentstehung)
Die Internetsucht wird als eine Störung der Impulskontrolle oder möglicherweise als eine Zwangsstörung eingeordnet [1]. Die genaue Pathogenese ist bislang nicht vollständig geklärt, jedoch wird angenommen, dass neurobiologische und psychologische Mechanismen eine zentrale Rolle spielen.
Dopaminerge Dysregulation
Eine Schlüsselrolle bei der Entstehung der Internetsucht spielt vermutlich der Botenstoff Dopamin, der im Gehirn eine Belohnungsreaktion auslöst. Es wird angenommen, dass bei Betroffenen eine erhöhte Dopaminausschüttung in bestimmten Hirnregionen, insbesondere im mesolimbischen System (Belohnungssystem des Gehirns), stattfindet.
Dopamin bewirkt:
- Belohnungsempfindung: Die Nutzung des Internets, insbesondere durch soziale Medien, Videospiele oder andere anregende Inhalte, aktiviert das Belohnungssystem.
- Motivationssteigerung: Eine vermehrte Ausschüttung von Dopamin führt zu einer längerfristigen Motivationssteigerung und einer Erhöhung des Antriebs, was dazu führt, dass Betroffene immer wieder auf die gleichen Reize (Internetnutzung) zurückgreifen.
- Glücksgefühle: Diese Aktivierung des Dopaminsystems löst Glücks- und Zufriedenheitsgefühle aus, die andere alltägliche Reize nicht im gleichen Maße erreichen können.
Suchtverhalten durch Belohnungssystem
Die verstärkte Aktivität des Belohnungssystems führt zu einer Verstärkung des Internetnutzungsverhaltens. Der Betroffene sucht immer wieder nach dem positiven Erlebnis und belohnt sich durch die Nutzung bestimmter Online-Angebote. Dies resultiert in einem Abhängigkeitsschema, das mit klassischem Suchtverhalten vergleichbar ist.
Toleranzentwicklung und Kontrollverlust
Mit der Zeit entwickelt sich eine Toleranz gegenüber der zuvor belohnenden Wirkung, was dazu führt, dass immer mehr Zeit im Internet verbracht wird, um das gleiche Maß an Befriedigung und Glücksgefühlen zu erreichen. Gleichzeitig kommt es zu einem Kontrollverlust, bei dem die betroffene Person die Dauer und Intensität der Nutzung nicht mehr steuern kann, trotz negativer Konsequenzen im sozialen und beruflichen Umfeld.
Zusammenfassung
Die Pathogenese der Internetsucht basiert hauptsächlich auf einer Dysregulation des dopaminergen Systems, das für die Belohnung und Motivation zuständig ist. Eine vermehrte Ausschüttung von Dopamin bei der Nutzung des Internets führt zu einer übersteigerten Belohnungsempfindung, die andere Reize in den Hintergrund drängt. Dies begünstigt die Entwicklung von suchtartigem Verhalten, das durch Toleranzentwicklung und Kontrollverlust geprägt ist [1].
Ätiologie (Ursachen)
Biographische Ursachen
- Lebensalter – Alter des ersten Benutzens des Internets
- Persönlichkeit
- Einzelgänger (introvertierte Person)
- neurotische und weniger gewissenhafte Menschen (hoher Neurotizismus; niedrige Gewissenhaftigkeit) → Computerspielabhängigkeit; Online-Spielsucht; engl. Internet Gaming Disorder [3]
- Familiäre Konflikte
- Bildungsstand des Vaters
Krankheitsbedingte Ursachen
- Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung (ADHS) – Rate der ADHS- und IAD (Internet addiction disorder)-Assoziationen liegt bei 51,6 %
- Angststörungen*
- Depression*
- Soziale Phobie
- Spielsucht
*Betroffene wenden Sie sich zwanghaften Verhaltensweisen zu, um die unangenehmen Gefühle und die Situation ihrer psychiatrischen Probleme zu vermeiden.
Weitere Ursachen
- Geringes Selbstwertgefühl
- Schlechte Kommunikationsfähigkeiten von Angesicht zu Angesicht
Literatur
- Winkler A et al.: Treatment of internet addiction: A meta-analysis. Clin Psychol Rev. 2013 Mar; 33 (2): 317-29. doi: 10.1016/j.cpr.2012.12.005. Epub 2013 Jan 5
- Przepiorka: AM et al.: Clinical approaches to treatment of Internet addiction. Pharmacological Reports. 2014 Apr; 66 (2): 187-91. doi: 10.1016/j.pharep.2013.10.001. Epub 2014 Mar 2
- Montag C, Kannen C, Schivinski B, Pontes HM: Empirical evidence for robust personality-gaming disorder associations from a large-scale international investigation applying the APA and WHO frameworks; PLoS One. 2021 Dec 22;16(12):e0261380. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0261380