Essbrechsucht (Bulimia nervosa) – Einleitung
Bulimia nervosa (BN), umgangssprachlich auch Essbrechsucht genannt, ist eine psychogene Essstörung, die durch einen übermäßigen Verzehr von Nahrungsmitteln während regelmäßig wiederkehrender Essanfälle gekennzeichnet ist. Diese Essanfälle werden häufig von kompensatorischen Maßnahmen wie Erbrechen, Laxantien- oder Diuretikaabusus begleitet, um eine Gewichtszunahme zu verhindern.
Synonyme und ICD-10: Bulimia; Bulimie; ICD-10-GM F50.2: Bulimia nervosa, ICD-10-GM F50.3: Atypische Bulimia nervosa
Es besteht ein unwiderstehlicher Drang nach häufig hochkalorischer Nahrung. Phasen der unkontrollierten Nahrungsaufnahme wechseln dabei mit rigorosen Fasten, Erbrechen sowie Laxantien- und/oder Diuretikaabusus.
Diagnosekriterien (DSM-5)
Nach dem DSM-5 kommen Essanfälle im Durchschnitt mindestens einmal pro Woche über einen Zeitraum von drei Monaten vor. Der Schweregrad der BN wird anhand der wöchentlich eingesetzten kompensatorischen Maßnahmen eingestuft.
Formen der Bulimia nervosa (BN)
Die Bulimia nervosa kann in zwei Kategorien eingeteilt werden:
- "Purging"-Subtyp: Betroffene versuchen nach den Essattacken durch Erbrechen, Laxantiengebrauch oder andere Methoden die aufgenommenen Kalorien zu verlieren.
- "Non-purging"-Subtyp: Betroffene versuchen durch Fasten oder übermäßige körperliche Aktivität die Folgen der Essattacken zu kompensieren.
Epidemiologie
Geschlechterverhältnis: Frauen zu Männern beträgt 10 :1.
Häufigkeitsgipfel: Die Erkrankung betrifft meist junge normalgewichtige Frauen im Alter zwischen 20 und 30 Jahren, mit einem Häufigkeitsgipfel um das 19. Lebensjahr.
Prävalenz (Krankheitshäufigkeit): Die Prävalenz der Bulimia nervosa liegt bei jungen Frauen zwischen 2-5 %. Aufgrund der Geheimhaltung der Erkrankung ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen. Varianten der Erkrankung mit gelegentlichen Essattacken haben eine Prävalenz von 5-10 % bei jungen Frauen. Die Prävalenz ist in den letzten Jahren stabil geblieben.
Verlauf und Prognose
Verlauf
- Beginn: Die Erkrankung beginnt häufig im Jugend- oder jungen Erwachsenenalter.
- Entwicklung: Ohne Behandlung kann die Erkrankung chronisch werden und zu schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen führen.
Prognose
- Therapie: Die Prognose der Bulimia nervosa ist im Vergleich zur Anorexia nervosa günstiger. Etwa 50 % der Patienten werden durch eine Therapie geheilt. Rezidive treten häufig in Zeiten seelischer Belastung auf.
- Langzeitprognose: Langzeituntersuchungen zeigen, dass sich die meisten Patientinnen im Erwachsenenalter von ihrer Essstörung erholen. Eine Studie ergab, dass 68,2 % der Patientinnen nach 22 Jahren symptomfrei waren [1].
- Komorbiditäten: Häufig treten im Verlauf Persönlichkeitsstörungen, Alkohol- und Drogenabhängigkeit auf.
- Mortalitätsrate: Die Sterblichkeitsrate beträgt 1-3 %.
Literatur
- Eddy KT et al.: Recovery From Anorexia Nervosa and Bulimia Nervosa at 22-Year Follow-Up. J Clin Psychiatry. 2017 Feb;78(2):184-189. doi: 10.4088/JCP.15m10393.
Leitlinien
- S3-Leitlinie: Diagnostik und Therapie der Essstörungen. (AWMF-Registernummer: 051 - 026), Mai 2018 Langfassung