Epilepsie – Differentialdiagnosen

Atmungssystem (J00-J99)

  • Speziell bei Kindern:
    • Atemstillstand

Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten (E00-E90)

  • Metabolische Entgleisungen wie beispielsweise beim übermäßigem Alkoholkonsum ("Blackout")

Herzkreislaufsystem (I00-I99)

  • Apoplex (Schlaganfall)
    • Speziell bei Kindern
    • Bei 2-4 % der Hirnischämien und Hirnblutungen treten epileptische Anfälle als erstes Symptom auf. [Epilepsie ist ein "Stroke Chamäleon", d. h. sie suggeriert eine andere Bedingung, die eigentlich einen Apoplex darstellt]
  • Hirnischämien (Durchblutungsstörungen im Gehirn)

Infektiöse und parasitäre Krankheiten (A00-B99)

  • Infektionen, ohne weitere Angaben

Neubildungen – Tumorerkrankungen (C00-D48)

  • Paraneoplastische neurologische Symptome – fokale Epilepsie, Neuropathie (Erkrankungen des peripheren Nervensystems), Kleinhirndegeneration, limbische Enzephalitis (Gehirnentzündung), Opsoklonus-Myoklonus-Ataxie, Polyneuropathie (autonom, sensibel, sensomotorisch), extrapyramidal motorische Syndrome – bei Tumoren des Ösophagus (Speiseröhre) und der oberen Luftwege 

Ohren – Warzenfortsatz (H60-H95)

  • Speziell bei Kindern:
    • Vertigo (Schwindel)

Psyche – Nervensystem (F00-F99; G00-G99)

  • Affektkrämpfe (zyanotische Affektkrämpfe; blasse Affektkrämpfe) [Säuglinge zwischen 1-12 Monaten]
  • Apnoen bei Frühgeborenen – Ausbleiben der Atmung für mehr als 20 Sekunden, ggf. auch kürzere Atempause mit Bradykardie (zu langsamer Herzschlag: < 60 Schläge pro Minute) und Zyanose (Blausucht) [Neugeborene im ersten Lebensmonat]
  • Benigne Schlafmyoklonien – bilaterale, meist synchrone, fokale, multifokale oder generalisierte Zuckungen von Armen und/oder Beinen während des nicht-REM-Schlafs (häufig heftig); meistens ist das Gesicht davon nicht betroffen; die schlafgebundenen Extremitätenmyoklonien verschwinden sofort beim wecken des Kindes [Neugeborene im ersten Lebensmonat]
  • Benigner frühkindlicher Myoklonus – Auftreten bei gesunden Kindern ab dem dritten Lebensmonat möglich; charakterisiert Durchbeugebewegung des Salzes bei gleichzeitigen Shuttlebewegung des Kopfes und der axialen Muskulatur (Rumpf- und Rückenmuskulatur); Auftreten im Wachzustand [Säuglinge zwischen 1-12 Monaten]
  • Bewegungsstörungen wie beispielsweise Tics – unregelmäßig wiederholte rasche Bewegungen oder Zuckungen
  • Drogenmissbrauch
  • Hyperekplexie (Synonyme: Stiff-Baby-Syndrom) – seltene angeborene genetische Störung, die autosomal-dominant oder -rezessiv vererbt wird, die sich in neurologischen Symptomen äußert [Neugeborene im ersten Lebensmonat]
    • angespanntem Muskeltonus im Wachzustand ("stiff baby syndrome“)
    • überschießender Schreckreaktion, besonders auf auditorische, visuelle oder taktile Stimuli
    • Schlafmyoklonien (s. o.)
  • Insomnie (Schlafstörungen)
  • Migräne mit Aura 
    • Migräne mit typischen Sehstörungen, Lichtscheu, Kopfschmerzen und Übelkeit
    • mögliche neurologische Ausfälle mit Dysarthrie (Störungen des Sprechens), Parästhesien (Empfindungsstörungen) oder Lähmungen können die Abgrenzung zu Epilepsie erschweren
  • Paroxysmale Bewegungsstörungen (anfallsartig)
    • unwillkürlich episodisch auftretende und kurzandauernde Ataxien (Gangstörung), Dystonien (Störung des Spannungszustandes der Muskulatur), Dyskinesien (Störungen der Haltungs- und Bewegungskontrolle), Ballismen (Bewegungsstörung mit plötzlichen, schleudernden Bewegungen) oder choreatische Symptome (unwillkürliche, unregelmäßige, schnelle, kurzzeitige Muskelkontraktionen mit Bewegungseffekt)
    • Auftreten stets ohne Bewusstseinsveränderungen
  • Psychische Erkrankungen, nicht näher bezeichnet
  • Psychogene nichtepileptische Anfällen (PNEA)* 
    • unkontrollierte und wild wirkende Bewegungen bei geschlossenen zum Teil "zugekniffenen" Augen
    • vegetative Symptome wie beim epileptischen Anfall (Stuhl-/Urinabgang, vermehrter Speichelfluss, Zyanose) treten seltener auf und
      • weisen im Unterschied zu epileptischen Anfällen, kein elektrophysiologisches Korrelat im EEG auf
    • Anfall kann Sekunden bis Stunden andauern!
  • REM-Schlaf-Verhaltensstörungen – Parasomnie (Verhaltensauffälligkeiten, die überwiegend aus dem Schlaf heraus auftreten), bei der während des REM-Schlafes lebhafte und oftmals erschreckende Träume in einfache und auch komplexe Bewegungen umgesetzt werden.
  • Sandifer-Syndrom – paroxysmale dystone Bewegungsstörung, bei der gleichzeitig ein gastro-ösophagealer Reflux (Magen-Darm Reflux) und manchmal auch eine Hiatushernie (Zwerchfellhernie) besteht; Symptome treten während oder kurz nach der Nahrungsaufnahme auf und gehen typischerweise mit Erbrechen oder würden einher [Säuglinge zwischen 1-12 Monaten]
  • Schauer-Attacken (engl. shuddering attacks) – Zittern von Kopf, Schultern und zum Teil des Rumpfes, als würde kaltes Wasser über den Körper gegossen. [Säuglinge zwischen 1-12 Monaten]
    beachte: Schauderattacken kommen nur im Wachzustand vor.
  • Speziell bei Kindern:
    • nächtliche Angstattacken
    • Pavor nocturnus (Nachtschreck)
    • Schlafwandeln (Somnambulie)
  • Tonischer Aufwärtsblick – Augenbewegungsstörung, die mit intermittierendem, tonischem, konjugiertem Aufwärtsblick und kompensatorischer ventraler (" den Bauch betreffend") Neigung des Kopfes; beim nach unten schauen tritt ein Nystagmus (Augenzittern) auf [Säuglinge zwischen 1-12 Monaten]
  • Verhaltensstörungen (z. B. Tics)

Verletzungen, Vergiftungen und bestimmte andere Folgen äußerer Ursachen (S00-T98) 

  • Intoxikationen (Vergiftungen)
  • Schädel-Hirn-Trauma (SHT) 
  • Traumata (Verletzungen)

Symptome und abnorme klinische und Laborbefunde, die anderenorts nicht klassifiziert sind (R00-R99)

  • Fieberkrampf, prolongierten (damit komplizierten) (ca. 30 % der Fälle bei Kindern mit Status epilepticus)
  • Synkope* – kurz andauernde Ohnmacht infolge einer Minderversorgung des Gehirns mit Sauerstoff; vor allem Reflexsynkopen (z. B. vasovagale Synkopen; Auslöser: Stehen, Husten) oder orthostatische Synkopen (Auslöser: Aufrichten), Dauer 1-30 Sekunden; ggf. auch ventrikuläre Tachykardie!
    Hinweis: Myoklonien (rasche unwillkürliche Muskelzuckungen) oder Tonisierungen treten hierbei überwiegend multifokal (mehrere Anfallsherde) auf.

Umweltbelastungen – Intoxikationen (Vergiftungen)

  • Alkoholvergiftung

*Ca. 90 % aller Fehldiagnosen