Einnässen (Enuresis) – Anamnese
Die Anamnese (Krankengeschichte) stellt einen wichtigen Baustein in der Diagnostik der Enuresis (Einnässen) dar.
Familienanamnese
- Gibt es in Ihrer Familie Hinweise auf Einnässen in der Kindheit?
- Sind Fälle von Epilepsie oder anderen Zuständen mit kurzzeitiger Bewusstlosigkeit bekannt, die möglicherweise mit Einnässen einhergehen?
- Bestehen in der Familie Erkrankungen des Harntraktes (z. B. Blasenfunktionsstörungen, Nierenerkrankungen)?
- Gibt es familiär gehäuft Entwicklungsverzögerungen oder neurologische Erkrankungen (z. B. Autismus-Spektrum-Störungen, Spina bifida, Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS), Tourette-Syndrom)?
Soziale Anamnese
- Gibt es Hinweise auf psychosoziale Belastungen im familiären Umfeld?
- Bestehen familiäre Konflikte oder belastende Ereignisse (z. B. Scheidung, Umzug)?
- Hat Ihr Kind Schulprobleme oder auffällige Verhaltensmuster (z. B. Konzentrationsprobleme, Hyperaktivität)?
- Hat Ihr Kind Schwierigkeiten im sozialen Umgang mit Gleichaltrigen?
- Besteht emotionaler Stress im schulischen oder häuslichen Umfeld?
Aktuelle Anamnese/Systemanamnese (somatische und psychische Beschwerden)
- Wann nässt Ihr Kind ein? Tagsüber und/oder nachts?
- Wie häufig nässt Ihr Kind ein? Jeden Tag? Mehrmals in der Woche?
- Wann nässt Ihr Kind ein? Nur zu Hause? Nur außerhalb von zu Hause?
- Wie häufig geht Ihr Kind tagsüber zur Toilette? Muss es nachts aufstehen, um zur Toilette zu gehen?
- Haben Sie schon einmal Haltemanöver beobachtet (z. B. Beine zusammenpressen, tänzelnde Bewegungen)?
- Ist der Harnstrahl unterbrochen? Muss Ihr Kind sich anstrengen/pressen?
- Hat die Unterhose am Tag einen gelben Fleck?
- Hatte Ihr Kind schon mal einen/mehrere Harnwegsinfektionen?
- Ist Ihr Kind Ihrer Ansicht nach zeitgerecht entwickelt?
- Gibt es Verhaltensauffälligkeiten bei Ihrem Kind?
Vegetative Anamnese inkl. Ernährungsanamnese
- Leidet Ihr Kind unter Verstopfung?
- Ist Stuhlschmieren vorhanden?
- Kotet Ihr Kind ein? Wenn ja, wie häufig und zu welchen Zeitpunkten?
- Wie viel trinkt Ihr Kind täglich?
- Welche Getränke werden bevorzugt konsumiert?
- Tritt vermehrtes Trinken am Abend auf?
Eigenanamnese inkl. Medikamentenanamnese
- Bestehen bekannte Vorerkrankungen des Urogenitaltraktes oder des Nervensystems (z. B. Urethrastriktur (Harnröhrenverengung), Maldescensus testis (Hodenhochstand), wiederkehrende Nierenerkrankungen, Entwicklungsverzögerungen, Autismus-Spektrum-Störungen)?
- Gab es in der Vergangenheit operative Eingriffe im Bereich der Harnwege, Nieren oder des Darms?
- Wurden Strahlentherapien durchgeführt?
- Bestehen bekannte Allergien (z. B. auf Medikamente oder Nahrungsmittel)?
- Werden aktuell Medikamente eingenommen? Wenn ja, welche?
Hinweis auf Führen eines Tagesbuches [S2k-Leitlinie]
Es sollte ein Tagebuch (Miktionsprotokoll; Harntagebuch; Blasentagebuch) über 2/14 Tage geführt werden mit folgenden Eintragungen:
- Miktionsfrequenz an 2 Tagen
- Miktionsvolumen
- 1. Morgenurin
- maximales Miktionsvolumen (ohne Berücksichtigung des 1. Morgenurins)
- mittleres Miktionsvolumen (ohne Berücksichtigung des 1. Morgenurins)
- nächtliche Urinmenge (1. Morgenurin + nächtliche Urinmenge)
- Trinkmenge/24 h an 2 Tagen
- Einschlafzeit und Aufstehzeit
- Beschwerden wie Inkontinenz, plötzlicher Harndrang oder Schmerzen
- Harnkontinenzereignisse in 14 Tagen
- Stuhlinkontinenzereignisse in 14 Tagen, inkl. Häufigkeit der Darmentleerung
Unsere Empfehlung: Drucken Sie die Anamnese aus, markieren Sie alle mit „Ja“ beantworteten Fragen und nehmen Sie das Dokument mit zu Ihrem behandelnden Arzt.
Leitlinien
- S2k-Leitlinie: Enuresis und nicht-organische (funktionelle) Harninkontinenz bei Kindern und Jugendlichen. (AWMF-Registernummer: 028-026), Dezember 2015 Langfassung