Delir – Symptome – Beschwerden

Folgende Symptome und Beschwerden können auf ein Delir hinweisen:

Leitsymptome
Diese Leitsymptome lenken den Verdacht auf ein Delir und werden oft zuerst bemerkt:

  • Aufmerksamkeitsstörungen: Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren. Betroffene sind leicht ablenkbar. Diese Probleme treten oft sehr plötzlich auf und schwanken im Tagesverlauf (90-100 %).
  • Gedächtnisstörungen und eingeschränkte Wahrnehmung: Betroffene wirken verwirrt, vergessen Dinge schnell und haben Schwierigkeiten, sich zu orientieren. Diese Symptome schwanken oft über den Tag (bei etwa 80-90 %).

Hauptsymptome (primäre Symptome)
Diese Hauptsymptome prägen das klinische Bild eines Delirs:

  • Gestörte Wahrnehmung und Sprache: Betroffene können Schwierigkeiten haben, Dinge richtig wahrzunehmen oder sich verständlich auszudrücken (80-90 %).
  • Desorientierung: Oft sind Betroffene nicht in der Lage, die aktuelle Zeit, den Ort oder die Situation richtig einzuordnen. Betroffen sind etwa 70-80 % der Patienten mit Delir.
  • Halluzinationen: Vor allem sehen Betroffene Dinge, die nicht wirklich da sind (optische Halluzinationen) (bei 30-40 $ der Patienten). Seltener hören oder fühlen sie Dinge, die nicht vorhanden sind (10-20 %).
  • Veränderter Schlaf-Wach-Rhythmus: Häufig wird der Tag-Nacht-Rhythmus verwechselt, was bedeutet, dass Betroffene nachts wach sind und tagsüber schlafen möchten (bei ca. 60-70 % der Patienten zu beobachten).

Begleitsymptome (sekundäre Symptome)
Diese Begleitsymptome sind weniger charakteristisch und können auf Komplikationen hinweisen:

  • Wahnvorstellungen: Betroffene haben oft feste, nicht rationale Überzeugungen, die sie trotz gegenteiliger Beweise nicht loslassen können (bei etwa 20-30 % der Patienten auf).
  • Starke Stimmungsschwankungen: Häufige Wechsel zwischen Angst, Aggression oder Apathie sind möglich und können für Angehörige schwer nachvollziehbar sein (bei ca. 50 % der Patienten).

Unspezifische Symptome
Diese unspezifischen Symptome treten bei vielen Erkrankungen auf und tragen weniger zur Diagnose bei:

  • Unruhe
  • Erschöpfung
  • Schwitzen

Beachte:

  • Wegen Fluktuation im Tagesverlauf gibt es Episoden, in denen ein Patient die Delirkriterien erfüllt, und wiederum Intervalle, in denen sie nicht erfüllt werden.
  • Eine Studie mit über 300 Schlaganfallpatienten bei denen in 84 % ein Delirs-Screening (3-mal in 24 Stunden) durchgeführt wurde, zeigte sich: 11 % waren delirant, 45 % der deliranten Patienten waren in allen drei Assessments delirant, aber 18 % waren nur morgens, 12 % nur nachmittags und 24 % nur nachts delirant [2].

Zeichen des hypoaktiven Delirs (seltener; kann übersehen werden)

  • "In sich zurückgezogen"   Reduktion der psychomotorischen Aktivität bis hin zum Mutismus (vollständiges oder partielles Nichtsprechen bei erhaltener Sprechfähigkeit und abgeschlossener Sprachentwicklung) und Stupor (tiefer Zustand der Teilnahmslosigkeit)
  • Apathie (Teilnahmslosigkeit)
  • Psychomotorisch verlangsamt
  • Wechsel in die hyperaktive Form jederzeit möglich

Zeichen des hyperaktiven Delirs (ca. 30 % der Fälle)

  • Agitiertheit (krankhafte Unruhe)
  • Psychomotorische Unruhe
  • Erhöhtes Wachbewusstsein
  • Halluzinationen
  • Häufig mit autonomer Instabilität
  • Wechsel in die hypoaktive Form jederzeit möglich

Confusion Assessment Method (CAM; Version: Short) [1]

Werden die Punkte 1, 2 sowie zusätzlich 3 oder 4 bejaht, liegt ein Delir vor:
  1. Akuter Beginn, fluktuierender Verlauf
  2. Störung der Aufmerksamkeit
  3. Denkstörungen
  4. Quantitative Bewusstseinsstörung.

Warnzeichen (red flags)

  • Anamnestische Angaben:
    • Alter < 65 Lebensjahre (ein Delir ist in diesem Lebensalter extrem selten!)
    • Neurologische Vorerkrankungen (z. B. Demenz)
    • Psychiatrische Vorerkrankungen (z. B. Psychosen)
    • Traumata, insbesondere Schädel-Hirn-Trauma (SHT)
    • Alkoholabhängigkeit
    • Drogenkonsum
    • Polypharmazie (> 6 verordnete Medikamente)
  • Hyper- und Hypoglykämie
  • Zentrale Zyanose → Notfall!

Differentialdiagnostik: Altersdelir versus Demenz

 Symptome
 Altersdelir
 Demenz
 Psychiatrische Anamnese  meistens unauffällig  oft unauffällig
 Symptombeginn
 subakut  schleichend
 Kurzfristiger Symptomverlauf, mit folgenden Symptomen:  fluktuierend  stabil
  •  Aufmerksamkeitsstörung
 häufig  anfänglich nicht
  •  Bewusstsein
 verändert  klar
  •  Gedächtnisstörung / Orientierungsstörung
 häufig  je nach Schweregrad
  •  psychomotorische Störungen
 agiert oder hypoaktiv
 möglich
  • Wahrnehmungsstörungen / Halluzinationen
 häufig  möglich
  •  Insomnie (Schlafstörungen)
 häufig  möglich

Symptome des Delirium tremens (Alkoholentzugsdelir)

  • Prädelir ‒ flüchtige Halluzinationen oder Schreckhaftigkeit, Schlafstörungen, Schwitzen, Tremor
  • Vollständiges Delir ‒ Bewusstseinsstörungen, Übererregung, Halluzinationen, vegetative Symptome (Hypertonie/Bluthochdruck, Tachykardie (zu schneller Herzschlag: > 100 Schläge pro Minute), Schwitzen, Tremor/Zittern)
  • Lebensbedrohliches Delir ‒ zusätzlich schwere Bewusstseinsstörungen, Herzrhythmusstörungen, Schock, Pneumonie (Lungenentzündung), Leber-/Niereninsuffizienz (Leber-/Nierenschwäche), Multiorganversagen (MODS, Multi organ dysfunction syndrome; MOF: Multi organ failure; gleichzeitige oder sequentielle Versagen bzw. die schwere Funktionseinschränkung verschiedener lebenswichtiger Organsysteme des Körpers)

Literatur

  1. Inouye SK et  al.: Clarifying Confusion: The Confusion Assessment Method. A new method for detection of delirium. Ann Intern. Med. 1990; 113:941-8
  2. Nydahl P, Bartoszek G, Binder A et al.: Prevalence for delirium in stroke patients: a prospective controlled study. Brain Behav 2017;7(8) 7:e748 doi: 10.1002/brb3.748