Chorea Huntington – Differentialdiagnosen

Blut, blutbildende Organe – Immunsystem (D50-D90)

  • Antiphospholipid-Syndrom (APS; Antiphospholipid-Antikörper-Syndrom) – Autoimmunkrankheit; es erkranken überwiegend Frauen (Gynäkotropie); durch folgende Trias charakterisiert:
    • Venöse und/oder arterielle Thrombosen (Blutgerinnsel (Thrombus) in einem Blutgefäß)
    • Thrombozytopenie (Mangel an Thrombozyten (Blutplättchen) im Blut)
    • Rezidivierende Spontanaborte (Auftreten von drei oder mehr konsekutiven Spontanaborten vor der 20. SSW)
  • Takayasu-Arteriitis – granulomatöse Vaskulitis (Gefäßentzündung) des Aortenbogens und der abgehenden großen Gefäße; fast ausschließlich bei jungen Frauen

Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten (E00-E90)

  • Akute intermittierende Porphyrie (AIPe) – genetische Erkrankung mit autosomal-dominantem Erbgang; Patienten mit dieser Krankheit weisen eine Reduktion der Aktivität des Enzyms Porphobilinogen-Desaminase (PBG-D) von 50 % auf, die für die Porphyrinsynthese ausreicht. Auslöser einer Porphyrieattacke, die einige Tage, aber auch Monate dauern kann, sind Infektionen, Medikamente oder Alkohol. Das klinische Bild dieser Anfälle präsentiert sich als akutes Abdomen oder als neurologische Ausfälle, die einen letalen Verlauf nehmen können. Die Leitsymptome der akuten Porphyrie sind intermittierende neurologische und psychiatrische Störungen. Im Vordergrund steht häufig eine autonome Neuropathie, die abdominelle Koliken (akutes Abdomen), Nausea (Übelkeit), Erbrechen oder Obstipation (Verstopfung) verursacht sowie eine Tachykardie (zu schneller Herzschlag: > 100 Schläge pro Minute) und einen labilen Hypertonus (Bluthochdruck).
  • Hypoglykämie (Unterzuckerung)
  • Hypo-/Hypernatriämie (Natriummangel/Natriumüberschuss)
  • Hypocalcämie (Calciumüberschuss)
  • Hypoparathyreoidismus (Nebenschilddrüsenunterfunktion)
  • Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion)
  • Leberversagen inkl. chronisch erworbener hepato-zerebraler Degeneration
  • Nichtketotische Hyperglykämie (NHK) bei Diabetes mellitus – Stoffwechselstörung charakterisiert durch Hyperglykämie (Überzuckerung), hyperosmolares Plasma, extreme Dehydratation (Flüssigkeitsmangel) und Bewusstseinsveränderungen bei Fehlen einer relevanten Ketose (Anstieg der Konzentration von sauren Ketonkörpern)
  • Nierenversagen

Herzkreislaufsystem (I00-I99)

  • Apoplex (Schlaganfall; ischämische oder hämorrhagische Infarkte)

Infektiöse und parasitäre Krankheiten (A00-B99)

  • Andere bakterielle Encephalitiden (Gehirnentzündungen)
  • HIV-Enzephalopathie (HIVE) – Infektion des Zentralnervensystems mit HIV
  • Bakterielle Endokarditis (Herzinnenwandentzündung)
  • Diphtherie – Infektionserkrankung, die durch das Corynebacterium diphtheriae bedingt ist
  • Kognitive Beeinträchtigung
  • Kryptokokkose (Pilzerkrankung, die durch Cryptococcus neoformans ausgelöst wird) mit ZNS-Befall
  • Mastikatorische Myorhythmien – unwillkürliche rhythmische Zuckungen, den Kauakt (Mastikation) betreffend
  • Neue Variante der Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung
  • Neurobrucellose – Brucellose bedingte Krankheitserscheinungen des Nervensystems
  • Neuroborreliose – Borreliose bedingte Krankheitserscheinungen des Nervensystems
  • Neurolues – Spätstadium der Syphilis, bei dem es zu einer Entmarkung des Rückenmarks kommt
  • Neuro-Zystizerkose – Befall des Menschen mit Larven des Schweinebandwurms (Taenia solium) und infolgedessen des Nervensystems
  • Zerebrale Toxoplasmose – Toxoplasmose des Gehirns

Mund, Ösophagus (Speiseröhre), Magen und Darm (K00-K67; K90-K93)

  • Morbus Whipple – seltene systemische Infektionskrankheit; ausgelöst durch das grampositive Stäbchenbakterium Tropheryma whippelii (aus der Gruppe der Aktinomyzeten), das neben dem obligat betroffenen Darmsystem verschiedene andere Organsysteme befallen kann und eine chronisch-rezidivierende Erkrankung ist; Symptome: Fieber, Arthralgie (Gelenkbeschwerden), Störungen der Gehirnfunktion, Gewichtsverlust, Diarrhoe (Durchfall), Abdominalschmerzen (Gelenkschmerzen) u. v. m.

Psyche – Nervensystem (F00-F99; G00-G99) [1]

  • Ataxie (Bewegungsstörung) mit okkulomotorischer Apraxie (Sprechstörungen)
  • Benigne hereditäre Chorea – nichtprogrediente hereditäre (erbliche) extrapyramidal-motorische Bewegungsstörungen im Kindesalter 
  • Bewegungsstörungen wie beispielsweise Tics (unregelmäßig wiederholte rasche Bewegungen oder Zuckungen)
  • Chorea-Akanthozytose (ChAc) – Form der Neuroakanthozytose; Manifestation meistens in der dritten bis fünften Lebensdekade mit Bewegungsstörungen
  • Chorea bei synaptischen (idiopathischen und paraneoplastischen) Autoimmunenzephalitiden (autoimmun-entzündliche Erkrankungen der grauen Substanz des zentralen Nervensystems)
  • Chorea gravidarum (oft SLE oder APS als Ursache; Chorea während der Schwangerschaft)
  • C9orf72-Mutationen als Auslöser von Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) oder Frontotemporale Demenz (FTD)
  • Dentatorubro-Pallidoluysische Atrophie (DRPLA) – sehr seltene angeborene Form einer autosomal-dominanten zerebellären Ataxie (ADCA)
  • Friedreich-Ataxie (FA; Morbus Friedreich) – genetische Erkrankung mit autosomal-rezessivem Erbgang; degenerative Erkrankung des zentralen Nervensystems, die unter anderem zur Störung der Bewegungsabläufe führt; häufigste erbliche Ataxieform (Bewegungsstörung); Erkrankung setzt im Allgemeinen im Kindesalter oder im frühen Erwachsenenalter ein.
  • FOXG1 – seltene Mutation des FOXG1 Gens, welches die Entwicklung und Funktion des Gehirns stört
  • Jegliche Formen der Creutzfeldt-Jakob Krankheit – Erkrankung des zentralen Nervensystems, die zu progredienter (fortschreitender) Demenz führt
  • Lesch-Nyhan-Syndrom (LNS; Synonyme: Hyperurikämie-Syndrom; Hyperurikose) – X-chromosomal-rezessiv vererbte Stoffwechselerkrankung aus dem rheumatischen Formenkreis (Störung im Purinstoffwechsel)
  • Louis-Bar-Syndrom (Synonyme: (Ataxia teleangiectatica (Ataxia teleangiectasia); Boder-Sedgwick-Syndrom) – autosomal-rezessiver Erbgang; erste Symptome um das zweite bis dritte Lebensjahr; zerebelläre Ataxie (Gang- und Standunsicherheit) mit Kleinhirnatrophie (Substanzschwund); Teleangiektasien (sichtbare Erweiterungen oberflächlich gelegener kleinster Blutgefäße) vor allem im Gesicht und auf der Bindehaut des Auges auf; T-Zell-Defekt und damit verbunden eine verminderte Immunkompetenz; Hypersalivation (Synonyme: Sialorrhö, Sialorrhoe oder Ptyalismus; vermehrter Speichelfluss) und Hypogonadismus (Keimdrüsenunterfunktion))
  • Morbus Leigh (Leigh-Syndrom) – genetische Erkrankung mit Störung des mitochondrialen Energiestoffwechsels
  • Morbus Parkinson
  • Neuroakanthozytosen (Huntington disease like 2, autosomal rezessive Chorea-Akanthozytose, McLeod-Syndrom)
  • Neurodegeneration mit Eisenablagerungen im Gehirn
  • Neuroferritinopathie – autosomal-dominante Basalganglienerkrankung mit später Manifestation
  • Neurosarkoidose – Entzündliche Systemerkrankung, die die Haut, die Lunge und das Nervensystem betrifft
  • Niemann-Pick C (Synonyme: Morbus Niemann Pick, Niemann-Pick-Syndrom oder Sphingomyelinlipidose) – genetische Erkrankung mit autosomal-rezessivem Erbgang; gehört zur Gruppe der Sphingolipidosen, die wiederum zu den lysosomalen Speicherkrankheiten gerechnet werden; Hauptsymptome des Morbus Niemann-Pick Typ A sind eine Hepatosplenomegalie (Leber- und Milzvergrößerung) und ein psychomotorischer Abbau; beim Typ B werden keine zerebralen Symptome beobachtet)
  • Paraneoplastische (während einer Tumorerkrankung auftretend) Chorea mit Antikörpern gegen onkoneurale (intrazelluläre) Antigene
  • Paroxysmale Choreoathetose (Kombination von Chorea und Athetose/Bewegungsstörung) mit infantilen Fieberkrämpfen
  • Paroxysmale kinesiogene Dyskinesie (Störung des Ablaufs einer Bewegung)
  • Paroxysmale nicht kinesiogene Dyskinesie
  • Psychose
  • Rasmussen-Syndrom (Synonym: Rasmussen-Enzephalitis) – auf eine Großhirnhemisphäre begrenzte Enzephalitis (Gehirnentzündung) nicht-infektiöser Genese
  • SETX-Mutation – Auslöser einer zerebralen Ataxie (Störungen der Bewegungskoordination, die durch pathologische Veränderungen im Gehirn bedingt sind)
  • Spinocerebelläre Ataxien – Störungen der Bewegungskoordination, die durch pathologische Veränderungen im Kleinhirn und Rückenmark bedingt sind
  • Steroid-responsive Enzephalopathie (krankhafte Gehirnveränderungen) bei Autoimmunthyreoiditis (AIT; Hashimoto-Thyreoiditis; Autoimmunerkrankung der Schilddrüse)
  • Sydenham Chorea (Befall des Corpus striatum; fast nur bei Kindern)
  • Systemischer Lupus erythematodes (SLE) – Gruppe von Autoimmunerkrankungen, bei der es zur Bildung von Autoantikörpern kommt. Sie zählt zu den Kollagenosen.
  • Tardvie dykinisie (Synonym: Spätdyskinesie) – Bewegungsstörungen (Dyskinesien), die nach einer Langzeittherapie mit Dopaminantagonisten auftreten
  • Tuberöse Hirnsklerose – autosomal-dominante Erkrankung mit Fehlbildungen und Tumoren des Gehirns
  • Zentrale pontine Myelinolyse (ZPM) – neurologische Erkrankung, bei der es zu einer Schädigung der Umhüllung von Nervenfasern besonders im Pons (Hirnstamm) kommt/extrapontine Myelinolyse (Variante der ZPM)
  • Zeroidlipofuszinose – autosomal-rezessiver lysosomaler Speicherdefekt

Neubildungen – Tumorerkrankungen (C00-D48)

  • Neoplasien

Weitere Differentialdiagnosen

  • Polycythemia vera – myeloproliferative Neoplasie (Neubildung) mit Vermehrung von Erythrozyten (rote Blutkörperchen)
  • Essentielle Thrombozythämie – chronische myeloproliferative Erkrankung (CMPE, CMPN), die durch eine chronische Erhöhung der Thrombozyten (Blutplättchen) charakterisiert ist
  • Zöliakie – chronische Erkrankung der Dünndarmmukosa (Dünndarmschleimhaut), die auf einer Überempfindlichkeit gegen das Getreideeiweiß Gluten beruht

Operation

  • Postpump-Chorea (PPC) nach herzchirurgischen Eingriffen – akutes Chorea-Syndrom nach Herzoperation am hypothermen kardiopulmonalen Bypass ("cardiopulmonary bypass", CPB) 

Medikamente

  • Antihistaminika (H1 und H2)
  • Antiepileptika (z. B. Phenytoin, Carbamazepin, Valproinsäure, Gabapentin, Lamotrigin)
  • Anti-Malaria-Medikamente
  • Muskelrelaxantien (Baclofen)
  • Immunsuppressiva (Ciclosporin)
  • Herzglykoside (Digoxin)
  • Dopaminrezeptorantagonisten – z. B. Phenothiazin, Butyrophenon, Benzamide inkl. Antiemetika (Metoclopramid)
  • Calciumkanalblocker (Cinnarizin, Flunarizin, Verapamil)
  • Hormone
    • Orale Kontrazeptiva
    • Steroide
  • Lithium
  • Medikamente zur Behandlung des Morbus Parkinson (L-DOPA, Dopaminagonisten, Anticholinergika)
  • Psychostimulanzien (Methylphenidat, Amphetamine, Pemolin, Kokain)
  • Purinalkaloide (Theophyllin)
  • Trizyklische Antidepressiva

Literatur

  1. Cardoso F: Differential diagnosis of Huntington's disease: what the clinician should know. Neurodegener Dis Manag. 2014; 4 (1): 67-72