Bipolare Störung (manisch-depressive Erkrankung) – Medikamentöse Therapie
Therapieziel
- Besserung der Symptomatik
Therapieempfehlungen
Beachte: Vor Beginn der phas jaenspezifischen Psychopharmokatherapie sind Laborwerte/technische Untersuchungen obligat zu erheben: s. u. Labor- und Medizingerätediagnostik.
Therapeutische Maßnahmen nachfolgend:
- Phasenspezifische Therapie – Akuttherapie:
- bipolare Depression (s. u. Tabelle); zu beachten ist:
- Therapie der ersten Wahl: Quetiapin (als Monotherapie)
- Therapie mit Fluoxetin, Paroxetin oder Bupropion führt nicht zu einem erhöhten Risiko des Umschlagens in eine Manie oder gemischte Episode.
- trizyklische Antidepressiva führen wahrscheinlich zu einem erhöhten Risiko des Umschlagens in eine Manie oder gemischte Episode → SSRI (Fluoxetin, Sertralin) sollten bevorzugt werden.
- Weitere Hinweise:
- Bei leichter Ausprägung der Depression sollte nur in Ausnahmefällen eine depressionsspezifische Pharmakotherapie eingeleitet werden.
- Parallel beginn mit Phasenprophylaxe bzw. Optimierung einer bereits bestehenden Phasenprophylaxe hinsichtlich Dosis oder Serumspiegel.
- Manie/Hypomanie (s. u. Tabelle); zu beachten ist:
- Für 10 Medikamente wird eine B Empfehlung ausgesprochen (s. u. Tabelle)
- Stimmungsstabilisierer sollten in der Akuttherapie der Manie nicht kombiniert werden.
- Benzodiazepine; Einsatz nur kurzfristig, d. h. 2-4 Wochen (wg. Gefahr der Abhängigkeit)!
- bipolare Depression (s. u. Tabelle); zu beachten ist:
- Phasenprophylaxe (s. u. Tabelle); zu beachten ist:
- Therapie der ersten Wahl: Lithium
- bei unzureichender Wirksamkeit der Monotherapie kann eine Kombinationstherapie erfolgen.
- Beachte: Die S3-Leitlinie: Unipolare Depression empfiehlt nach Nonresponse (3-4 Wochen) auf ein Antidepressivum eine Lithiumaugmentation, aber nicht den Wechsel des Antidepressivums.
- Rapid Cyclin: Lamotrigin (Antiepileptika); Antidepressiva sollten vermieden werden.
- Therapie der Suizidalität (Selbstmordgefährdung): Lithium; als Monotherapie empfohlen; eine ergänzende Therapie mit Benzodiazepinen kann für eine kurze Zeit erwogen werden.
- Siehe auch unter "Weitere Therapie".
Weitere Hinweise
- Lumateperon-Tosylat (atypisches Butyrophenon-Antipsychotikum)
Wirkweise: Antagonist am Serotoninrezeptor 5-HT2A und Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer, zudem Beeinflussung unterschiedlicher dopaminerger und glutaminerger Rezeptoren
Lumateperon hat sich in einer Phase-III-Studie gegen Depressionen bei einer Bipolarstörung bewährt (Ansprechrate von 51 % (Placebo 37 %), Remissionen bei 40 % (Placebo 34 %; beide Differenzen waren statistisch signifikant). Kardiometabolische Risikofaktoren traten unter Lumateperon nicht wesentlich häufiger auf als unter Placebo (55 % versus 50 %) [5].
Beachte: Rote-Hand-Brief (AkdÄ Drug Safety Mail): Gegenanzeigen, Warnhinweise und Maßnahmen zur Vermeidung einer Valproat-Exposition während der Schwangerschaft [3]:
- Bei Mädchen und Frauen im gebärfähigen Alter darf Valproat nur dann angewendet werden, wenn andere Behandlungen nicht wirksam sind oder nicht vertragen werden.
- Valproat ist bei Frauen im gebärfähigen Alter kontraindiziert, es sei denn, das Schwangerschaftsverhütungsprogramm wird eingehalten.
- Bei Epilepsie ist Valproat während der Schwangerschaft kontraindiziert, außer wenn keine geeigneten Alternativen zur Verfügung stehen.
- Bei bipolaren Erkrankungen und zur Migräneprophylaxe ist Valproat während der Schwangerschaft kontraindiziert.
Behandlung des Vaters mit Valproat: Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hält es für möglich, dass Kinder, die von Vätern gezeugt wurden, die valproathaltige Arzneimittel eingenommen haben, ein erhöhtes Risiko auf neurologische Entwicklungsstörungen haben [6].
Zugelassene Wirkstoffe bei bipolaren Erkrankungen in Deutschland
Wirkstoff | Phase | Akuttherapie | Phasenprophylaxe | Bemerkungen |
Lithium | Manie | + | + |
Monotherapie nicht bei |
Depression | + | + | ||
Olanzapin | Manie | + | + | Prophylaxe bei Ansprechen in Manie |
Depression | ||||
Valproat | Manie | + | + | |
Depression | ||||
Quetiapin | Manie | + | + | Prophylaxe bei Ansprechen akut |
Depression | + | + | ||
Aripiprazol | Manie | + | + | ab 13. Lebensjahr, bei Ansprechen akut |
Depression | ||||
Risperidon | Manie | + | ||
Depression | ||||
Ziprasidon | Manie | + | Auch bei gemischten Episoden, ab 10.Lebensjahr |
|
Depression | ||||
Carbamazepin | Manie | + | Zweitlinie | |
Depression | + | |||
Lamotrigin | Manie |
Wirkstoffe (Hauptindikation) – phasenspezifische Therapie der akuten Depression/bipolaren Depression
Wirkstoffgruppe | Wirkstoffe | Besonderheiten |
Antiepileptika | Cariprazin | 3 mg signifikant besser als Placebo in der Reduktion der Depressionsschwere [4] |
Carbamazepin | Hohes Interaktionsrisiko, Sedierung → Off-Label-Use Dosisanpassung bei Nieren-/Leberinsuffizienz |
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Lamotrigin | Cave: langsames Aufdosieren Dosisanpassung bei Nieren-/Leberinsuffizienz |
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Atypische Neuroleptika | Olanzapin | Off-Label-Use Dosisanpassung bei Nieren-/Leberinsuffizienz |
Quetiapin |
Medikament der ersten Wahl Sollte als Monotherapeutikum eingesetzt werdenBeachte: Risiko der Induktion einer manischen Episode („switch“) Dosisanpassung bei Leberinsuffizienz |
Wirkstoffe (Hauptindikation) – phasenspezifische Therapie der akuten Manie/Hypomanie
Wirkstoffgruppe | Wirkstoffe | Besonderheiten |
Lithium |
Phasenprophylaktikum der ersten Wahl Nur Lithium hat eine suizidpräventive Wirkung In der Schwangerschaft akzeptabel; bei Stillen kontraindiziert |
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Antiepileptika | Carbamazepin | Hohes Interaktionsrisiko, Sedierung Off-Label-Use Dosisanpassung bei Nieren-/Leberinsuffizienz |
Valproat* |
"Zu erwägen, wenn Patient in Manie hierauf angesprochen hat" Als Monotherapie empfohlen |
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Atypische Neuroleptika | Aripiprazol | Als Monotherapie empfohlen Dosisanpassung bei schwerer Leberinsuffizienz |
Asenapin | Vorsicht bei älteren Patienten und Patienten mit bekannter Herz-Kreislauf-Erkrankung (z. B. Herzinsuffizienz (Herzschwäche), Herzinfarkt oder Herzischämie (Minderdurchblutung des Herzens), Erregungsleitungsstörungen) | |
Cariprazin | Langzeitbehandlung bei Patienten mit überwiegender Negativsymptomatik Cariprazin scheint eine sichere und effektive Behandlungsoption der akuten Manie und der gemischten Episoden der BP-I-Störung zu sein [4]. |
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Olanzapin | Als Monotherapie empfohlen Akuttherapie: Kombi mit Valproat/Lithium empfohlen Dosisanpassung bei Nieren-/Leberinsuffizienz |
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Paliperidon | Kann zur Monotherapie eingesetzt werden Off-Label-Use (Verwendung außerhalb der Indikationsgebiete oder der Personengruppe, für die die Medikamente von den Arzneimittelbehörden zugelassen sind) |
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Quetiapin | Als Monotherapie empfohlen Kombi mit Valproat/Lithium mgl Dosisanpassung bei Leberinsuffizienz |
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Risperidon | Als Monotherapie empfohlen Kombi mit Valproat/Lithium empfohlen Dosisanpassung bei Nieren-/Leberinsuffizienz |
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Ziprasidon | Als Monotherapie empfohlen Dosisanpassung bei Leberinsuffizienz |
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Klassische Neuroleptika | Haloperidol | Als Monotherapie (Kurzzeit-/Notfalltherapie) empfohlen |
Wirkstoffe (Hauptindikation) – Phasenprophylaxe
Wirkstoffgruppe | Wirkstoffe | Besonderheiten |
Lithium | Antisuizidale Wirkung vermutet Kann mit Valproat kombiniert werden Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz |
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Antiepileptika | Valproat | Dosisanpassung bei Nieren-/Leberinsuffizienz |
Carbamazepin | Wenn Lithium nicht wirksam Dosisanpassung bei Nieren-/Leberinsuffizienz |
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Lamotrigin | Anwenden, wenn in der Akutphase erhalten und gut vertragen Dosisanpassung bei Nieren-/Leberinsuffizienz |
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Atypische Neuroleptika | Olanzapin | Dosisanpassung bei Nieren-/Leberinsuffizienz |
Quetiapin | Kann zusätzlich zu Lithium oder Valproat eingesetzt werden Dosisanpassung bei Leberinsuffizienz |
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Aripiprazol | Nur zur Prophylaxe manischer Episoden Dosisanpassung bei schwerer Leberinsuffizienz |
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Risperidon-Depot | Off-Label-Use Auch als Prophylaxe beim Rapid Cycling Dosisanpassung bei Leber-/Niereninsuffizienz |
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Ziprasidon | In Kombination mit Lithium oder Valproat, wenn Ziprasidon in manischer/gemischter Phase erfolgreich Dosisanpassung bei Leberinsuffizienz |
Supplemente (Nahrungsergänzungsmittel; Vitalstoffe)
Geeignete Nahrungsergänzungsmittel für die Gesundheit von Nerven und Psyche sollten die folgenden Vitalstoffe enthalten:
- Vitamine (A, C, E, D3, B1, B2, Niacin (Vitamin B3), Pantothensäure (Vitamin B5), B6, B12, Folsäure, Biotin)
- Mineralstoffe (Kalium, Magnesium)
- Spurenelemente (Kupfer, Mangan, Molybdän, Selen, Zink)
- Fettsäuren (Omega-3-Fettsäuren: Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA))
- Sekundäre Pflanzenstoffe (Beta-Carotin, Grüntee-Polyphenole, Epigallocatechingallate)
- Weitere Vitalstoffe (Coenzym Q10 (CoQ10), L-Carnitin, Phosphatidylserin)
Beachte: Die aufgeführten Vitalstoffe sind kein Ersatz für eine medikamentöse Therapie. Nahrungsergänzungsmittel sind dazu bestimmt, die allgemeine Ernährung in der jeweiligen Lebenssituation zu ergänzen.
Für Fragen zum Thema Nahrungsergänzungsmittel stehen wir Ihnen gerne kostenfrei zur Verfügung.
Nehmen Sie bei Fragen dazu bitte per E-Mail – info@docmedicus.de – Kontakt mit uns auf, und teilen Sie uns dabei Ihre Telefonnummer mit und wann wir Sie am besten erreichen können.
Literatur
- S3-Leitlinie: Nationale VersorgungsLeitlinie Unipolare Depression. (AWMF-Registernummer: nvl - 005), Januar 2023 Kurzfassung Langfassung
- Findling RL et al.: Lithium in the Acute Treatment of Bipolar I Disorder: A Double-Blind, Placebo-Controlled Study. doi: 10.1542/peds.2015-0743
- Rote-Hand-Brief zu Valproat: AkdÄ Drug Safety Mail | 64-2018
- Pinto JC, Saraf G, Vigo D et al.: Cariprazine in the treatment of Bipolar Disorder: A systematic review and meta-analysis. Bipolar Disord 2020;22:360-71
- Calabrese JR et al.: Efficacy and Safety of Lumateperone for Major Depressive Episodes Associated With Bipolar I or Bipolar II Disorder: A Phase 3 Randomized Placebo-Controlled Trial. Am J Psych 2021; https://doi.org/10.1176/appi.ajp.2021.20091339
- EMA’s safety committee (PRAC): Potential risk of neurodevelopmental disorders in children born to men treated with valproate medicines: PRAC recommends precautionary measures 12 January 2024
Leitlinien
- S3-Leitlinie: Diagnostik und Therapie Bipolarer Störungen. (AWMF-Registernummer: 038-019), März 2019 Langfassung
- S3-Leitlinie: Nationale VersorgungsLeitlinie Unipolare Depression. (AWMF-Registernummer: nvl - 005), Januar 2023 Kurzfassung Langfassung