Binge Eating Disorder (BED; psychogene Essstörung) – Einleitung

Die Binge Eating Disorder (BED), umgangssprachlich als Heißhungeranfälle bezeichnet, ist eine psychogene Essstörung. Der Begriff "Binge" bedeutet "schlingen" und beschreibt maßlose Essattacken (Essanfälle), die unabhängig vom Hungergefühl auftreten. Im Gegensatz zur Bulimia nervosa folgen auf diese Essanfälle keine selbstinduzierten Maßnahmen zur Gewichtskontrolle wie Erbrechen, Hungern oder exzessives Sporttreiben, was häufig zu Adipositas (Fettleibigkeit) führt.

Synonyme und ICD-10: psychogene Essstörung; Binge eating; Binge-Eating-Störung (BES); Essattacken; Essstörung; Esssucht; Psychogene Essstörung; ICD-10-GM F50.4: Essattacken bei anderen psychischen Störungen; ICD-10-GM F50.9: Essstörung, nicht näher bezeichnet

Definition der Binge Eating Disorder (BED) 

Man spricht von der Binge Eating Disorder, wenn mindestens zwei Anfälle pro Woche auftreten.

Formen des BED

Die Erkrankten lassen sich in zwei Gruppen gliedern:

  • "Diet-first"-Gruppe: Die Erkrankten haben vor ihrer ersten Fressattacke bereits Diäterfahrung. Erste Essattacke im Alter von durchschnittlich 26 Jahren.
  • "Binge-first"-Gruppe: Die Erkrankten haben Fressattacken, bevor sie je eine Diät durchgeführt haben. Die Erkrankung zeigt sich bereits im Alter von durchschnittlich 12 Jahren.

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Frauen sind geringfügig häufiger betroffen als Männer. Das Verhältnis Männer zu Frauen beträgt etwa 1:1,5. BED kommt bei Männern häufiger vor als andere Essstörungen.

Häufigkeitsgipfel: Die Erkrankung betrifft alle Altersklassen und kann sogar schon im Kindesalter auftreten.

Prävalenz (Krankheitshäufigkeit): Die Prävalenz liegt bei 2-3 % in der allgemeinen Bevölkerung, bei Personen mit Adipositas in Therapie bei bis zu 30 %. Übergewichtige Personen zeigen eine Prävalenz von 4-9 %, und adipöse Jugendliche leiden in 20-30 % der Fälle unter BED. In einer Studie zeigte sich, dass rund 20 % der Bevölkerung gelegentlich Essanfälle mit Kontrollverlust erleben.

Inzidenz: Die Häufigkeit von Neuerkrankungen beträgt etwa 17 Fälle pro 100.000 Einwohner pro Jahr in Deutschland.

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Beginn: Die Häufigkeit der Binge-Eating-Störung nimmt im Laufe der Pubertät bei Mädchen zu und ist oft mit Übergewicht oder Adipositas assoziiert.
  • Entwicklung: Ohne Behandlung können die Essanfälle zunehmen, was zu schwerer Adipositas und deren Folgeerkrankungen führen kann.

Prognose

  • Therapie: Ein großer Schwerpunkt der Behandlung liegt in der Psychotherapie zur Lösung seelischer Konflikte, die meist dem gestörten Essverhalten zugrunde liegen. Zudem kann eine Pharmakotherapie mit Antidepressiva und/oder Medikamenten zur Gewichtsreduktion eingesetzt werden.
  • Prognose: Im Vergleich zu anderen Essstörungen (Anorexia nervosa, Bulimia nervosa) ist die Prognose günstiger. Etwa zwei Drittel der therapierten Patienten können die Binge-Eating-Störung überwinden.

Komorbiditäten

Die Binge-Eating-Störung ist vermehrt mit affektiven Störungen wie Depressionen (50-60 %) und Angststörungen (20-50 %) vergesellschaftet.

Literatur

  1. Kinzl JF, Traweger C, Trefalt E, Mangweth B, Biebl W: Binge eating disorder in females: a polulation-based investigation. Int J Eat Disord. 1999 Apr;25(3):287-92.

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Prävention und Therapie der Adipositas. (AWMF-Registernummer: 050-001), April 2014 Langfassung
  2. S3-Leitlinie: Chirurgie der Adipositas und metabolischer Erkrankungen. (AWMF-Registernummer: 088-001), Februar 2018 Langfassung
  3. S3-Leitlinie: Diagnostik und Therapie der Essstörungen. (AWMF-Registernummer: 051 - 026), Mai 2018 Langfassung
  4. S3-Leitlinie: Therapie und Prävention der Adipositas im Kindes- und Jugendalter. (AWMF-Registernummer: 050-002), August 2019 Langfassung