Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung (AVWS) – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Die auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung (AVWS) umfasst eine Vielzahl von Beeinträchtigungen, die sowohl die Verarbeitung als auch die Wahrnehmung von auditiven Reizen betreffen. Im Gegensatz zu peripheren Hörstörungen, bei denen das Innenohr betroffen ist, liegt bei AVWS eine zentrale Störung der Verarbeitung von Schallreizen auf der Ebene des zentralen Nervensystems vor, insbesondere im Bereich des Hirnstamms und der höheren auditorischen Zentren im Gehirn.

Dysfunktion der Hörbahn

Die Pathogenese von AVWS wird primär auf eine Dysfunktion der Hörbahn zurückgeführt. Diese Hörbahn erstreckt sich vom Hörnerv, der Schallinformationen vom Innenohr zum Hirnstamm leitet, bis hin zu den höheren auditorischen Zentren im Kortex. Eine Fehlfunktion kann auf jeder Ebene der Hörbahn auftreten, was zu Problemen bei der Verarbeitung und Interpretation von akustischen Signalen führt [1].

Zentrale Verarbeitungsstörung

Es wird vermutet, dass die zugrunde liegende Störung bei AVWS nicht nur auf die auditive Verarbeitung beschränkt ist, sondern auch generelle zentralnervöse Verarbeitungsprobleme umfassen kann. Diese können sowohl den sensorischen als auch den kognitiven Anteil der Verarbeitung von auditiven Reizen betreffen. Betroffene Personen haben Schwierigkeiten, Geräusche oder gesprochene Sprache korrekt zu erkennen, zu interpretieren oder von Hintergrundgeräuschen zu unterscheiden, obwohl das periphere Hören (also die Funktion des Innenohrs) oft intakt ist [1].

Höhere auditorische Funktionen und Kognition

Ein weiterer wichtiger Aspekt der Pathogenese ist die Störung höherer auditorischer Funktionen, die eng mit kognitiven Prozessen verknüpft sind. Das bedeutet, dass nicht nur die auditive Wahrnehmung selbst beeinträchtigt ist, sondern auch die Fähigkeit, gehörte Informationen zu verstehen, abzuspeichern und in einen Kontext zu setzen. Dies betrifft insbesondere das Sprachverstehen in geräuschvollen Umgebungen, die Differenzierung von ähnlichen Klängen sowie das auditive Gedächtnis [2].

Zusammenfassung

Die Pathogenese der auditiven Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung (AVWS) liegt in einer Dysfunktion der zentralen Hörbahn, die verschiedene Ebenen der Verarbeitung von Schallreizen betrifft. Diese Fehlfunktion kann sowohl sensorische als auch kognitive Prozesse beeinträchtigen, was zu einer reduzierten Fähigkeit führt, akustische Informationen korrekt zu verarbeiten. Es wird vermutet, dass es sich um ein breiteres zentralnervöses Verarbeitungsproblem handelt, das über die reine auditive Verarbeitung hinausgeht.

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Genetische Belastung durch Eltern, Großeltern

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Genussmittelkonsum
    • Alkohol – Alkoholkonsum der Schwangeren

Krankheitsbedingte Ursachen

  • Hirnläsionen wie Tumoren bei Kindern
  • Virale Enzephalitis (Gehirnentzündung)
  • Rezidivierende Otitiden – sich häufig wiederholende Entzündungen des Ohres
  • Tuberöse Hirnsklerose – genetisch bedingte Erkrankung des Kindes, die zur Retardierung des Kindes führt
  • Alkoholembryopathie – Entwicklungsstörung des ungeborenen Kindes durch Alkoholismus der Schwangeren

Literatur

  1. A Nickisch, M Gross, R Schönweiler, V Uttenweiler, AG Dinnesen, R Berger, HJ Radü, M Ptok: Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen, Konsensus-Statement 2006 http://www.dgpp.de/Profi/Sources/cons_avws.pdf
  2. British Society of Audiology: Position statement: auditory processing disorder (APD).Date: 31st March 2011 Date for review: March 2013  http://​www.​thebsa.​org.​uk/​wp-content/​uploads/​2014/​04/​BSA_​APD_​PositionPaper_​31March11_​FINAL.​pdf