Asperger-Syndrom – Anamnese

Die Anamnese (Krankengeschichte) stellt einen wichtigen Baustein in der Diagnostik des Asperger-Syndroms (AS) dar.

Familienanamnese

  • Gibt es in Ihrer Familie Erbkrankheiten?

Soziale Anamnese

  • Welchen Beruf üben Sie aus?
  • Gibt es Hinweise auf psychosoziale Belastungen oder Belastungen auf Grund Ihrer familiären Situation?

Aktuelle Anamnese/Systemanamnese (somatische und psychische Beschwerden) [ggf. inkl. Fremdanamnese durch ein Elternpaar]

  • Welche Symptome sind Ihnen aufgefallen?
  • Haben Sie eine Kontaktstörung, zeigen Sie eine Abkapselung und/oder haben Sie eine Veränderungsangst?
  • War bzw. ist die Entwicklung altersgerecht?
  • Wann haben Sie zum ersten Mal gesprochen?
  • Wie verlief die motorische Entwicklung?
  • Zeigten Sie als Kind/aktuell Stereotypen?
  • Sind Sie reizbar, distanzlos, haben Sie ritualisierte Abläufe?
  • Welche Hobbys haben Sie?
  • Haben Sie Freunde/Freundschaften?

Vegetative Anamnese inkl. Ernährungsanamnese

  • Haben Sie Alkohol in der Schwangerschaft getrunken?
  • Nehmen Sie Drogen? Wenn ja, welche Drogen und wie häufig pro Tag bzw. pro Woche? 

Eigenanamnese inkl. Medikamentenanamnese

  • Vorerkrankungen (frühkindlicher Hirnschaden; Röteln-Infektion der Mutter während der Schwangerschaft)
  • Operationen
  • Impfstatus
  • Allergien
  • Schwangerschaften (Verlauf, Komplikationen)
  • Entwicklungsanamnese
  • Betreuungs- und Erziehungssituation vom Säuglings- bis zum Jugendalter
  • Bildungsanamnese

Medikamentenanamnese

  • Antidepressiva?
    • Einnahme im zweiten und/oder dritten Trimenon (Schwangerschaftsdrittel); Zunahme um 87 % gegenüber Kindern ohne Exposition [4]
    • Eine Metaanalyse sowie zwei Registerstudien finden nach Einnahme von SSRI von Schwangeren keine Unterschiede für Autismus bei exponierten und nicht exponierten Geschwistern [6-8].  
  • Misoprostol ‒ Wirkstoff, der bei Magengeschwüren eingesetzt wird
  • Thalidomid ‒ Beruhigungs-/Schlafmittel, welches durch den sog. Contergan-Skandal bekannt wurde
  • Valproinsäure/Valproat ‒ Wirkstoff, der bei Epilepsie eingesetzt wird [3]

Umweltanamnese

  • Luftschadstoffe
    • Luftverschmutzung (Dieselpartikeln, Quecksilber sowie Blei, Nickel, Mangan und Methylenchloriden) [1]
    • Feinstaub- und Stickstoffdioxidbelastung während der Schwangerschaft und im ersten Lebensjahr [2]
  • Pränatale Belastung mit polychlorierten Biphenylen (PCB) und Organochlorpestiziden (OCP) [5]
    Hinweis: Polychlorierte Biphenyle gehören zu den endokrinen Disruptoren (Synonym: Xenohormone), die bereits in geringsten Mengen durch Veränderung des Hormonsystems die Gesundheit schädigen können.

Bei dem Verdacht auf Autismus können die folgenden testpsychologischen Untersuchungen hilfreich sein

  • Autismus-diagnostische Interviews
  • Sprachentwicklungstest
  • Intelligenztests

Literatur

  1. Roberts AL, Lyall K, Hart JE, Laden F, Just AC, Bobb JF, Koenen KC, Ascherio A, Weisskopf MG: Perinatal Air Pollutant Exposures and Autism Spectrum Disorder in the Children of Nurses’ Health Study II Participants. Environ Health Perspect; doi:10.1289/ehp.1206187
  2. Volk EV, Lurmann F, Penfold B, Hertz-Picciotto I, McConnell R: Traffic-Related Air Pollution, Particulate Matter, and Autism. AMA Psychiatry. 2013;70(1):71-77. doi:10.1001/jamapsychiatry.2013.266.
  3. Wood AG et al.: Prospective assessment of autism traits in children exposed to antiepileptic drugs during pregnancy. Epilepsia. 2015 May 11. doi: 10.1111/epi.13007.
  4. Boukhris T et al.: Antidepressant Use During Pregnancy and the Risk of Autism Spectrum Disorder in Children. JAMA Pediatr 2016; 170(2):117-124. doi:10.1001/jamapediatrics.2015.3356.
  5. Lyall K et al.: Polychlorinated Biphenyl and Organochlorine Pesticide Concentrations in Maternal Mid-Pregnancy Serum Samples: Association with Autism Spectrum Disorder and Intellectual Disability. Environ Health Perspect; doi:10.1289/EHP277
  6. Mezzacappa A et al.: Risk for Autism Spectrum Disorders According to Period of Prenatal Antidepressant ExposureA Systematic Review and Meta-analysis. JAMA Pediatr 2017, epub 17.4.17, doi:10.1001/jamapediatrics.2017.0124
  7. Brown HK et al.: Association Between Serotonergic Antidepressant Use During Pregnancy and Autism Spectrum Disorder in Children. JAMA. 2017;317(15):1544-1552 doi:10.1001/jama.2017.3415
  8. Sujan AC et al.: Associations of Maternal Antidepressant Use During the First Trimester of Pregnancy With Preterm Birth, Small for Gestational Age, Autism Spectrum Disorder, and Attention-Deficit/Hyperactivity Disorder in Offspring. JAMA. 2017;317(15):1553-1562 doi:10.1001/jamapediatrics.2017.0124