Schwangerschaftsdiabetes (Gestationsdiabetes mellitus) – Weitere Therapie
Allgemeine Maßnahmen
- Der Blutzucker (BZ; Blutglucose) sollte auf folgende Werte eingestellt werden:
Bestimmungszeitpunkt | Blutzuckerwert |
Nüchtern | 65-95 mg/dl (3,6-5,3 mmol/l) |
1h postprandial (nach dem Essen) | < 140 mg/dl (< 7,8 mmol/l) |
2h postprandial | < 120 mg/dl (< 6,7 mmol/l) |
- Blutzucker-Selbstkontrolle
Protokoll der ersten 14 Tage – 4-Punkte-Protokoll
Tag | morgens nüchtern |
nach dem Frühstück |
vor dem Mittagessen |
nach dem Mittagessen |
vor dem Abendessen |
nach dem Abendessen |
1 | x | x | x | x | ||
2 | x | x | x | x | ||
3 | x | x | x | x | ||
... | x | x | x | x | ||
14 | x | x | x | x |
Sind an mindestens zwei Tagen mindestens zwei Messungen erhöht, kann sofort mit dem 6-Punkte-Protokoll begonnen werden.
6-Punkte-Protokoll
Tag | morgens nüchtern |
nach dem Frühstück |
vor dem Mittagessen |
nach dem Mittagessen |
vor dem Abendessen |
nach dem Abendessen |
1 | x | x | x | x | x | x |
2 | x | x | x | x | x | x |
3 | x | x | x | x | x | x |
4 | x | x | x | x | x | x |
5 | x | x | x | x | x |
Eine Anpassung der Selbstkontrollen erfolgt bei:
- Ernährungstherapie: eine Messung tgl. (im Rotationsverfahren), wenn die ersten zwei Wochen unter Therapie unauffällige Blutzuckerwerte erbringen
- Insulintherapie: 4-/6-Punkte-Protokoll
Urinketonmessung vor dem Frühstück bei übergewichtigen Schwangeren!
Allgemeine Maßnahmen
- Normalgewicht anstreben!
Bestimmung des BMI (Body-Mass-Index, Körpermasse-Index) bzw. der Körperzusammensetzung mittels der elektrischen Impedanzanalyse und ggf. Teilnahme an einem ärztlich betreuten Abnehmprogramm- BMI ≥ 25 → Teilnahme an einem ärztlich betreuten Abnehmprogramm
- BMI-Rechner – ermitteln Sie unter Berücksichtigung von Geschlecht und Alter Ihren gesunden Gewichtsbereich! (Anzeige)
- Regelmäßige körperliche Bewegung (Fitnessprogramm oder Sport) – möglichst bereits bei adipösen Frauen präkonzeptionell
- Beachtung der allgemeinen Hygienemaßnahmen!
- Nikotinrestriktion (Verzicht auf Tabakkonsum)
- Alkoholrestriktion (Verzicht auf Alkohol)
- Überprüfung der Dauermedikation wg. möglicher Auswirkung auf die vorhandene Krankheit
Strategien zur Geburtsvorbereitung/Geburt/postnataler Zeit
- Die Schwangeren mit Gestationsdiabetes sollten an Kliniken entbinden, die diabetologisch erfahren sind; sie sollten über die Vorteile der Entbindung in Zentren mit Neonatologie informiert werden
- Die Schwangeren mit insulinpflichtigen Gestationsdiabetes sollten unbedingt an Kliniken mit Neonatologie entbinden
- Eine Sectio (Kaiserschnitt) sollte bei einem geschätzten Geburtsgewicht von > 4.500 g empfohlen werden
- Unter der Geburt soll die Blutglucose bei 80-130 mg/dl (4,4-7,2 mmol/l) liegen; bei insulinpflichtigen Schwangeren soll der Blutzucker zweistündlich kontrolliert werden
- Ist der Gestationsdiabetes diätetisch geführt, so kann in der Regel auf Blutzuckermessungen verzichtet werden
- Die Schwangeren sollten schon vor der Geburt über die Vorteile des Stillens informiert werden; es wird eine ausschließliche Stillzeit von mindestens 4-6 Monaten empfohlen
- Sind die Blutzuckerwerte nach der Geburt normal, so soll nach 6-12 Wochen ein oGTT (oraler Glukosetoleranztest) durchgeführt werden; bei gestörter Glukosetoleranz sollte jährlich eine Diabetesdiagnostik erfolgen, bei einem Normalbefund sollte die Diabetesdiagnostik alle 2-3 Jahre erfolgen; in jeder weiteren Schwangerschaft sollte bei der Erstvorstellung eine Hyperglykämie-Diagnostik (Überzuckerungsdiagnostik) durchgeführt werden
Empfohlene Gewichtszunahme in der Schwangerschaft
BMI (Body-Mass-Index), präkonzeptionell/vor der Empfängnis [kg/m2] | Gesamtgewichtszunahme in der Schwangerschaft [kg] | Gewichtszunahme/Woche II. und III. Trimenon (Schwangerschaftsdrittel) [kg] |
18,5 | 12,5-18,0 | 0,5-0,6 |
18,5-24,9 | 11,5-16,0 | 0,4-0,5 |
25,0-29,9 | 7,0-11,5 | 0,2-0,3 |
≥ 30 | 5,0-9,0 | 0,2-0,3 |
Impfungen
Die nachfolgenden Impfungen sind angeraten, da eine Infektion häufig zur Verschlechterung der vorliegenden Erkrankung führen kann:
- COVID-19-Impfung
- Grippe-Impfung
Regelmäßige Kontrolluntersuchungen
- Regelmäßige ärztliche Kontrolluntersuchungen inkl. regelmäßige Blutglucosetests nach der Geburt.
Hinweis!
Jede zweite Frau, die während der Schwangerschaft einen Gestationsdiabetes hatte, erkrankte nach der Entbindung innerhalb von 8 Jahren dauerhaft an Diabetes mellitus Typ 2.
Beachte: Der erste Glukosetoleranztest sollte gemäß S3-Leitlinie sechs bis zwölf Wochen nach der Entbindung erfolgen. Ist das Ergebnis unauffällig, sollten die Messungen alle zwei bis drei Jahre wiederholt werden.
Ernährungsmedizin
- Ernährungsberatung auf der Grundlage einer Ernährungsanalyse
- Ernährungsempfehlungen gemäß einem Mischköstler unter Berücksichtigung der Schwangerschaft und der vorliegenden Erkrankung.
- Beachtung folgender spezieller Ernährungsempfehlungen:
- Folgende Nährstoffverteilung wird für die Schwangere empfohlen:
- Fett – 30-35 %
- Kohlenhydrate – 40-50 %
- Proteine – 20 %
- Ballaststoffe > 30 g/d
- Die Nährstoffe sollten auf drei Hauptmahlzeiten und 2-3 Zwischenmahlzeiten verteilt werden.
- Die empfohlene Kalorienzufuhr beträgt (bezogen auf den BMI vor der Schwangerschaft):
- Bei Untergewicht 35-40 kcal/kg KG
- Bei Normalgewicht 30-34 kcal/kg KG
- Bei Übergewicht 25-29 kcal/kg KG
- Bei Adipositas Reduktion bis auf < 20 kcal/kg KG möglich
- Ausreichende Zufuhr von Mikronährstoffen
- Vitamine (A, C, E, D3, K, B1, B2, Niacin (Vitamin B3), Pantothensäure (Vitamin B5), B6, B12, aktivierte Folsäure, Biotin)
- Mineralstoffe (Calcium, Kalium, Magnesium)
- Spurenelemente (Chrom, Eisen, Jod, Molybdän, Selen, Zink)
- Fettsäuren (Omega-3-Fettsäuren: Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA))
- Sekundäre Pflanzenstoffe (Beta-Carotin)
- Weitere Vitalstoffe (Fruchtsäuren – Citrat (gebunden in Magnesium-, Kalium- und Calciumcitrat), Probiotische Kulturen: Laktobazillen, Bifidobakterien)
- Folgende Nährstoffverteilung wird für die Schwangere empfohlen:
- Auswahl geeigneter Lebensmittel auf Grundlage der Ernährungsanalyse
- Siehe auch unter "Therapie mit Mikronährstoffen (Vitalstoffe)" – ggf. Einnahme eines geeigneten Nahrungsergänzungsmittels
Für Fragen zum Thema Nahrungsergänzungsmittel stehen wir Ihnen gerne kostenfrei zur Verfügung.
Nehmen Sie bei Fragen dazu bitte per E-Mail – info@docmedicus.de – Kontakt mit uns auf, und teilen Sie uns dabei Ihre Telefonnummer mit und wann wir Sie am besten erreichen können. - Detaillierte Informationen zur Ernährungsmedizin erhalten Sie von uns.
Schulungsmaßnahmen
- Eine Diabetes-Schulung der Patientin, in der auch auf regelmäßige Bewegung und die allgemeine Lebensführung eingegangen wird, ist essentiell.
Organisationen und Selbsthilfegruppen
- Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA)
Postfach 91 01 52, D-51071 Köln
Telefon: 0221-89920, Fax: 0221-8992300 E-Mail: poststelle@bzga.de, Internet: www.bzga.de
Literatur
- Kwak SH, Choi SH, Jung HS, Cho YM, Lim S, Cho NH, Kim SY, Park KS, Jang HC.: Clinical and genetic risk factors for type 2 diabetes at early or late post partum after gestational diabetes mellitus. J Clin Endocrinol Metab. 2013; 98: E744-52
Leitlinien
- S3-Leitlinie: Gestationsdiabetes mellitus (GDM), Diagnostik, Therapie und Nachsorge. (AWMF-Registernummer: 057-008), Februar 2018 Langfassung