Schwangerschaftsdiabetes (Gestationsdiabetes mellitus) – Labordiagnostik
Laborparameter 1. Ordnung – obligate Laboruntersuchungen
- Gelegenheits-Blutzuckermessung ‒ ist dieser ≥ 200 mg/dl (> 11,1 mmol/l), dann sollte eine Nüchtern-Blutzuckermessung durchgeführt werden
- Nüchtern-Blutzuckermessung ‒ ist dieser ≥ 92 mg/dl (> 5,1 mmol/l), dann sollte eine zweite Messung und dann ggf. eine weitere Abklärung erfolgen
- 50 g-Glukose-Screening-Test* (Glucose Challenge Test, GCT) mit nur der Bestimmung des 1-Stunde-Werts (1. Stufe der Diagnostik) – erfolgt standardmäßig in der 24 + 0 - 27 + 6. Schwangerschaftswoche [Goldstandard als Screeningverfahren]
Beachte: Der 50-g-Glucose-Screening-Test mit Grenzwert 135 mg/dl gilt als störanfällig (Tageszeit, letzte Mahlzeit), unzureichend sensitiv und spezifisch [3].
Laborparameter 2. Ordnung ‒ in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Anamnese, der körperlichen Untersuchung und den obligaten Laborparametern ‒ zur differentialdiagnostischen Abklärung
- 75 g-oGTT (oraler Glukosetoleranztest; oGTT)* (2. Stufe der Diagnostik) – bei Überschreiten des 1-Stunde-Werts bei 50 g-Glukose-Screening-Test* (2‑stufige Vorgehen ist seit 2012 in den deutschen Mutterschafts-Richtlinien vorgeschrieben)
- HbA1c (Blutzuckerlangzeitmesswert) – ein erhöhter HbA1c-Wert zeigt möglicherweise bereits in der Frühschwangerschaft einen bevorstehenden Gestationsdiabetes an: pro Anstieg des HBA1c-Werts um 0,1 Prozentpunkte stieg das Risiko auf einen Gestationsdiabetes um 23 % (Odds Ratio 1,23; 95-%-Konfidenzintervall 1,10 bis 1,38) an; die Sensitivität war je nach Cut-oo-Point (HbA1c-Wert von 5,7 % bzw. 5,1 %) relativ gering mit Werten zwischen 21 und 47 %; die Spezifität (Wahrscheinlichkeit, dass tatsächlich Gesunde, die nicht an der betreffenden Erkrankung leiden, im Test auch als gesund erkannt werden) war mit 98 % jedoch sehr hoch [2].
- Wenn anstelle des oGTT in der 24. bis 28. SSW ein Gestationsdiabetes (GDM) anhand des HbA1c-Werts ≥ 5,72 Prozent (28. SSW) diagnostiziert werden sollte, würden damit fast 90 Prozent der Betroffenen übersehen [5].
- Uringlucose
*Maßnahmen, die vor Durchführung des oGTTs beachtet werden, siehe unter "Oraler Glukosetoleranztest (oGTT) bei Schwangerschaftsdiabetes".
Weitere Hinweise
- Unterweisung des Patienten in Blutzuckerselbstkontrolle und Durchführung von Tagesprofilen (Messung von 4 Werten, jeweils nüchtern und 3 × postprandial ("nach dem Essen") nach den Hauptmahlzeiten).
- Im darauffolgenden Jahr haben Frauen mit einem Gestationsdiabetes (GDM) ein siebenfach erhöhtes Risiko für einen Diabetes mellitus.
- Väter haben unter Berücksichtigung von Alter, Komorbiditäten (Begleiterkrankungen), Art der Lebensgemeinschaft, ethnischer Hintergrund und sozialer Stellung eine um 18 % erhöhte Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen) für Diabetes mellitus [1].
Literatur
- Dasgupta K et al.: Gestational Diabetes Mellitus in Mothers as a Diabetes Predictor in Fathers: A Retrospective Cohort Analysis. Diabetes Care, online 26. Juni 2015
- Hinkle SN et al.: HbA1c Measured in the First Trimester of Pregnancy and the Association with Gestational Diabetes. Scientific reports pubiseh 16. August 2018
- Benhalima K et al.: The Sensitivity and Specificity of the Glucose Challenge Test in a Universal Two-Step Screening Strategy for Gestational Diabetes Mellitus Using the 2013 World Health Organization Criteria. Diabetes Care 2018 May; dc180556. https://doi.org/10.2337/dc18-0556
- Fritsche L et al.: HbA1c-Messung kann den oralen Glukosetoleranztest zur Diagnose des Gestationsdiabetes nicht ersetzen. Dtsch Arztebl Int 2021; 118: 432-3; doi: 10.3238/arztebl.m2021.0159