Scheidenjuckreiz (Pruritus vulvae) – Anamnese

Die Anamnese (Krankengeschichte) stellt einen wichtigen Baustein in der Diagnostik des Pruritus vulvae (Scheidenjuckreiz) dar.

Familienanamnese

  • Gibt es in Ihrer Familie wiederkehrende Hauterkrankungen wie:
    • Atopisches Ekzem (Neurodermitis)
    • Psoriasis (Schuppenflechte)
  • Sind bei Familienmitgliedern gehäuft Pilzinfektionen aufgetreten, insbesondere:
    • Im Genitalbereich
    • Im Mundraum (Mundsoor)
  • Gibt es in Ihrer Familie bekannte allergische Erkrankungen wie:
    • Pollinosis (Heuschnupfen)
    • Asthma bronchiale (chronische Entzündung der Atemwege)
    • Allergische Ekzeme (entzündliche Hautveränderungen durch Allergien)
  • Besteht in Ihrer Familie eine genetische Veranlagung zu Autoimmunerkrankungen, z. B.:
    • Lupus erythematodes (systemische Bindegewebserkrankung)
    • Hashimoto-Thyreoiditis (chronische Entzündung der Schilddrüse)
    • Diabetes mellitus Typ 1 (jugendlicher Typ der Zuckerkrankheit)

Sozialanamnese

  • Beruf:
    • Welchen Beruf üben Sie aus?
    • Arbeiten Sie in einem Bereich mit möglicher Exposition gegenüber reizenden oder allergieauslösenden Stoffen (z. B. Desinfektionsmittel, Reinigungsmittel, Latexhandschuhe, Waschsubstanzen, Textilchemikalien)?
    • Tragen Sie während der Arbeit häufig eng anliegende, nicht atmungsaktive oder synthetische Kleidung?
  • Hygienegewohnheiten und psychosoziale Situation:
    • Verwenden Sie gemeinsam mit anderen Personen Waschlappen, Handtücher oder Intimpflegeprodukte (z. B. in Familie, WG, Sporteinrichtungen)?
    • Wie häufig wechseln Sie Ihre Unterwäsche?
    • Wird Ihre Unterwäsche bei mindestens 60 °C gewaschen oder ausgekocht?
    • Tragen Sie häufig enge, synthetische oder nicht atmungsaktive Kleidung im Intimbereich (z. B. Leggings, enge Jeans, String-Tangas)?
    • Verwenden Sie häufig Slipeinlagen, Damenbinden oder Inkontinenzprodukte? Falls ja, wie häufig werden diese gewechselt?
    • Gibt es psychosoziale Belastungen, die Ihre Beschwerden möglicherweise beeinflussen (z. B. Stress, Konflikte in der Partnerschaft, Sexualangst)?

Sexualanamnese

  • Wann hatten Sie zuletzt Geschlechtsverkehr?
  • Haben Sie derzeit eine feste sexuelle Beziehung oder mehrere Sexualpartner?
  • Haben Sie wechselnde Sexualpartner oder riskante Sexualkontakte (z. B. ungeschützter Geschlechtsverkehr, anonyme Kontakte, Sex im Ausland)?
  • Verwenden Sie Gleitmittel oder hormonhaltige Vaginalpräparate zur Linderung von Beschwerden beim Verkehr?
  • Sind bei Ihrer Partnerin/Ihrem Partner Beschwerden im Genitalbereich bekannt (z. B. Juckreiz, Ausfluss, Pilzinfektionen, Bläschen, Hautveränderungen)? 

Aktuelle Anamnese/Systemanamnese (somatische und psychische Beschwerden)

  • Seit wann besteht der Juckreiz im Bereich der Scheide?
  • Tritt der Juckreiz kontinuierlich oder episodisch auf?
  • Gibt es bestimmte Auslöser oder Situationen, bei denen der Juckreiz auftritt (z. B. Wärme, körperliche Aktivität, nach dem Wasserlassen, nachts, bei Stress)?
  • Gibt es sichtbare Veränderungen im Intimbereich (z. B. Rötung, Schwellung, Bläschen, Hautschuppung, Fissuren)?*
  • Haben Sie vaginalen Ausfluss? Wenn ja, wie ist Farbe, Geruch und Konsistenz?
  • Haben Sie Brennen, Schmerzen, Wundsein oder ein Spannungsgefühl im Bereich der Scheide, des Anus oder Unterbauchs?*
  • Ist die Scheide auffällig trocken?*
  • Ist Geschlechtsverkehr schmerzhaft, vermeidbar oder belastend?
  • Wie gestaltet sich Ihre Intimhygiene (z. B. Reinigung mit Wasser, Seifen, Intimsprays, Intimsitzbäder)?
  • Verwenden Sie parfümierte oder antiseptische Waschprodukte?
  • Gab es in der Vergangenheit ähnliche Beschwerden? Wenn ja, wie wurden diese behandelt und mit welchem Erfolg?
  • Leiden Sie unter übermäßigem Schwitzen im Intimbereich?
  • Haben Sie aktuell oder hatten Sie in letzter Zeit Hauterkrankungen im Intimbereich oder an anderen Körperstellen?
  • Bestehen Harnwegssymptome wie Brennen beim Wasserlassen, häufiger Harndrang oder unvollständige Blasenentleerung?*
  • Haben Sie systemische Beschwerden wie Müdigkeit, Gewichtsverlust, Fieber, Nachtschweiß oder depressive Verstimmungen?*
  • Leiden Sie unter hormonellen Beschwerden (z. B. klimakterische Symptome, Zyklusstörungen)?

Vegetative Anamnese inkl. Ernährungsanamnese

  • Haben Sie in letzter Zeit ungewollt Gewicht verloren oder zugenommen? Geben Sie bitte uns Ihr Körpergewicht (in kg) und Ihre Körpergröße (in cm) an.
  • Gibt es Hinweise auf Mangel- oder Fehlernährung?
  • Wie oft konsumieren Sie zuckerreiche Lebensmittel oder Alkohol (v. a. bei wiederkehrenden Candida-Infektionen von Bedeutung)?
  • Nehmen Sie ausreichend Flüssigkeit zu sich?

Eigenanamnese

  • Vorerkrankungen:
    • Hatten Sie in der Vergangenheit gynäkologische Erkrankungen wie Vaginitis (Scheidenentzündung), Vulvitis (Entzündung der Schamlippen), bakterielle Vaginose oder Pilzinfektionen?
    • Bestehen wiederkehrende Harnwegsinfekte oder Reizblasenbeschwerden?
    • Gab es bereits Hauterkrankungen im Intimbereich wie Lichen sclerosus, Lichen planus oder atopisches Ekzem (Neurodermitis)?
    • Bestehen chronisch-entzündliche Erkrankungen oder Autoimmunerkrankungen?
    • Haben Sie bekannte Allergien oder Unverträglichkeiten (z. B. Kontaktallergien, Arzneimittelallergien)?
  • Gab es frühere Operationen im gynäkologischen oder urologischen Bereich (z. B. Eingriffe an der Scheide, Vulva, Blase)?
  • Haben Sie Kinder geboren? Gab es postpartale Beschwerden im Intimbereich?

Medikamentenanamnese

  • Nehmen oder nahmen Sie in letzter Zeit Antibiotika ein (z. B. wegen Atemwegs- oder Harnwegsinfekten)?
  • Wurde bei Ihnen eine systemische oder lokale Therapie mit Glucocorticoiden durchgeführt?
  • Nehmen Sie Medikamente zur Immunsuppression (z. B. Methotrexat, Ciclosporin)?
  • Verwenden Sie hormonelle Verhütungsmittel?
  • Wurde eine Chemotherapie (Zytostatika) durchgeführt oder ist diese geplant?
  • Nehmen Sie andere Medikamente regelmäßig ein (z. B. Antidiabetika, Psychopharmaka)?
  • Wurden in letzter Zeit Vaginalzäpfchen, -cremes oder Salben verwendet? Wenn ja, welche?

* Falls diese Frage mit "Ja" beantwortet worden ist, ist ein sofortiger Arztbesuch erforderlich! (Angaben ohne Gewähr)

Unsere Empfehlung: Drucken Sie die Anamnese aus, markieren Sie alle mit „Ja“ beantworteten Fragen und nehmen Sie das Dokument mit zu Ihrem behandelnden Arzt.

Autoren: Prof. Dr. med. G. Grospietsch, Dr. med. W. G. Gehring