Scheidenentzündung (Vaginitis/Kolpitis) – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Die Scheidenentzündung (Vaginitis oder Kolpitis) ist eine entzündliche Erkrankung der Vagina, die durch verschiedene Ursachen ausgelöst werden kann, darunter bakterielle Infektionen, Pilzinfektionen, Viren oder unspezifische Reizungen. Die Pathogenese der Vaginitis ist vielschichtig, da die verschiedenen Erreger und Mechanismen unterschiedliche physiologische Prozesse betreffen. Es gibt keine einheitliche Pathophysiologie, da die zugrunde liegenden Mechanismen stark von der jeweiligen Ursache der Kolpitis abhängen.

Störung des vaginalen Mikrobioms

  • Eubiose und Dysbiose: Ein gesundes vaginales Mikrobiom wird normalerweise von Laktobazillen dominiert, die eine schützende Funktion durch die Produktion von Milchsäure und Wasserstoffperoxid (H₂O₂) ausüben. Diese sorgen für ein saures Vaginalmilieu (pH-Wert von etwa 3,8 bis 4,5), das das Wachstum pathogener Mikroorganismen hemmt.
  • Dysbiose: Störungen im Mikrobiom, die zu einem Ungleichgewicht (Dysbiose) führen, können den Weg für pathogene Keime bereiten. Bei einer bakteriellen Vaginose (eine häufige Ursache der Kolpitis) kommt es beispielsweise zu einer Abnahme der Laktobazillen und einer Zunahme von Anaerobiern, wie Gardnerella vaginalis, die das saure Milieu stören. Dies führt zu einer Fehlbesiedelung und Entzündungsreaktionen.

Infektiöse Ursachen

  • Bakterielle Infektionen: Bei bakteriellen Vaginitiden kommt es oft zu einem Überwachsen bestimmter Mikroorganismen, die normalerweise in geringen Mengen in der Vagina vorhanden sind. Anaerobier spielen eine bedeutende Rolle, insbesondere bei der bakteriellen Vaginose. Die genauen Mechanismen, wie eine Kolonisation in eine Infektion übergeht, sind jedoch noch nicht vollständig geklärt. Eine wesentliche Rolle spielen dabei der Immunstatus der Frau und die Fähigkeit der Mikroorganismen, sich in einer gestörten vaginalen Umgebung zu vermehren.
  • Pilzinfektionen: Pilze, vor allem Candida albicans, sind häufige Erreger einer Vaginitis. Pilze gedeihen besonders gut in einem leicht sauren bis neutralen pH-Milieu. Eine Störung der vaginalen Mikroumgebung, wie sie bei hormonellen Schwankungen (z. B. während der Schwangerschaft) oder durch Antibiotikatherapie auftreten kann, fördert die übermäßige Vermehrung von Hefepilzen. Candida-Infektionen sind durch Juckreiz, Brennen und typischen weißlichen Ausfluss gekennzeichnet.
  • Virale Infektionen: Infektionen durch Herpes-simplex-Viren (HSV) oder das Humane Papillomavirus (HPV) können ebenfalls eine Vaginitis auslösen. Diese Infektionen verlaufen oft asymptomatisch oder mit unspezifischen Symptomen und können in bestimmten Fällen chronisch werden.

Immunologische Faktoren

  • NO-System (Stickstoffmonoxid): Ein weiterer wichtiger Abwehrmechanismus der Vagina ist die Bildung von Stickstoffmonoxid (NO). NO wirkt sowohl bakterizid als auch viruzid und spielt eine zentrale Rolle bei der Kontrolle von Mikroorganismen. Die NO-Produktion ist vom sauren pH-Wert der Vagina abhängig. Bei einer Störung des pH-Werts kann das NO-System beeinträchtigt werden, was die Abwehrmechanismen der Vagina schwächt und das Wachstum pathogener Keime begünstigt.
  • Individuelle Immunantwort: Die Immunitätslage der betroffenen Frau ist ein entscheidender Faktor dafür, ob eine Kolonisation in eine Infektion übergeht. Frauen mit einem geschwächten Immunsystem (z. B. durch chronische Erkrankungen, HIV oder immunsuppressive Therapien) sind anfälliger für wiederkehrende Vaginitis. Auch der Zustand des vaginalen Mikrobioms und dessen Fähigkeit, schützende Substanzen wie H₂O₂ zu produzieren, trägt zur Immunabwehr bei.

Nicht-infektiöse Ursachen

  • Hormonelle Einflüsse: Hormonelle Veränderungen, etwa während der Schwangerschaft, in der Menopause oder bei der Anwendung hormoneller Kontrazeptiva, beeinflussen das vaginale Milieu und können das Risiko für eine Vaginitis erhöhen. Eine Abnahme der Östrogenspiegel, wie sie typischerweise in der Menopause auftritt, führt zu einer Atrophie der Vaginalschleimhaut (atrophische Vaginitis) und vermindert die Fähigkeit, ein saures Milieu aufrechtzuerhalten.
  • Mechanische Reizung: Nicht-infektiöse Vaginitis kann durch mechanische Reizungen, wie übermäßige Intimhygiene, chemische Substanzen (z. B. in Seifen oder Duschgels) oder durch allergische Reaktionen verursacht werden.

Chronische und rezidivierende Verläufe

  • Chronische Infektionen: Unklar ist, warum bei manchen Frauen eine akute Kolonisation mit Keimen in eine chronische, immer wiederkehrende Infektion übergeht. Wiederkehrende Vaginitis, insbesondere durch Candida, kann auf eine anhaltende Dysbiose oder ein beeinträchtigtes Immunsystem hindeuten.
  • Rezidive: Ein chronisch rezidivierender Verlauf der Vaginitis könnte durch wiederholte Störungen des vaginalen Milieus oder unzureichende Behandlung ausgelöst werden. In diesen Fällen spielt die Wiederherstellung des vaginalen Gleichgewichts eine zentrale Rolle in der Therapie.

Zusammenfassung

Die Pathogenese der Vaginitis ist vielfältig und wird durch ein komplexes Zusammenspiel von mikrobiellen, immunologischen, hormonellen und mechanischen Faktoren beeinflusst. Ein gestörtes Gleichgewicht des vaginalen Mikrobioms, insbesondere eine Abnahme der schützenden Laktobazillen, führt häufig zur Entwicklung einer bakteriellen Vaginose oder einer Candida-Vaginitis. Die individuelle Immunantwort, das NO-System und der vaginale pH-Wert sind entscheidende Faktoren für die Aufrechterhaltung der vaginalen Gesundheit. Unklar bleibt jedoch, warum in manchen Fällen eine Kolonisation in eine Infektion übergeht und wie rezidivierende Verläufe genau entstehen.

Infektionen (häufige)

Bakterielle Vaginose (Aminkolpitis)

Obwohl das Krankheitsbild lange bekannt ist, sind Ätiologie und Pathophysiologie nach wie vor unbekannt. Es ist die häufigste Milieustörung der Vagina im gebärfähigen Alter (40-50 %). Es handelt sich um eine mikrobielle Infektion multipler (zahlreicher) Keime, von denen die wichtigsten, die Krankheit induzierenden Bakterien (soweit bisher bekannt), Gardnerella vaginalis und Atopobium vaginae (in jüngerer Zeit) sind. Genetische und immunologische Faktoren, ein  Genpolymorphismus, psychosozialer Stress, auch eine gestörte Mundflora bei Parodontitis (Entzündung des Zahnhalteapparates) und ein Mangel an Vitamin B3 werden als Ursache diskutiert. Die pathophysiologischen Grundlagen können offensichtlich unterschiedlich sein. Typisch ist ein Rückgang der H2O2 produzierenden Laktobazillen mit einem gleichzeitigen Anstieg des pH-Wertes, kombiniert mit der Zunahme verschiedenster Mikroorganismen. Immer ist auch die Blase mitinfiziert. Der typische fischartige Geruch entsteht durch Stoffwechselprodukte (Amine) von Anaerobiern. Sie hemmen auf der anderen Seite das Wachstum von Hefepilzen. Da es sich nicht um eine Entzündung handelt, ist die Bezeichnung als Kolpitis oder Aminkolpitis nicht korrekt.

Das Besondere ist, dass ein sog. Biofilm entsteht, der bei Kolpitiden nicht vorkommt. Er besteht aus einer Grundsubstanz (Matrixsubstanz), in dem die für die Aminkolpitis typischen Erreger eingelagert sind und symptomatisch werden. Da bakterielle Biofilme für chronische und/oder für fremdkörperassoziierte Infektionen typisch sind, wissen wir, dass sie durch die heute etablierten Therapie nicht zuverlässig beseitigt werden können, obwohl der Eindruck der Heilung besteht (Beseitigung der Symptome, normaler pH-Wert, normales Nativpräparat). Obwohl es nicht zu den typischen Geschlechtskrankheiten gehört, wird es hauptsächlich durch den Geschlechtsverkehr übertragen. Keime bzw. der Biofilm sind im Urin und in den Spermien des Partners nachweisbar.

Risiken

Eine bakterielle Vaginose erhöht bei:

Nichtschwangeren das Risiko für:

  • aszendierende Infektionen (Endometritis/Gebärmutterentzündung, Salpingitis/Eileiterentzündung, Adnexitis/Entzündung von Eileiter und Eierstock, besonders in Kombination mit einem Intrauterinpessar (IUP, Spirale))
  • Blutungsstörungen
  • Harnwegsinfektionen (HWI)
  • Wundheilungsstörungen

Schwangeren das Risiko für:

  • Amnioninfektionssyndrom (engl.: amniotic infection syndrome, abgekürzt: AIS) – Infektion der Eihöhle, Plazenta, Eihäute und eventuell des Fetus (ungeborene Kind) während der Schwangerschaft oder Geburt mit Gefahr der Sepsis (Blutvergiftung) für das Kind
  • Frühgeburt
  • vorzeitigen Blasensprung
  • vorzeitige Wehentätigkeit
  • post partum (nach der Geburt)
    • Endometritis (Gebärmutterentzündung)
    • Wundheilungsstörungen

Die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) liegt bei 5 % der Frauen, die zu einer Vorsorgeuntersuchung kommen und bei über 30 % der Frauen, die in einer Klinik für sexuell übertragene Erkrankungen betreut werden. Bei Schwangeren liegt die Prävalenz bei 10-20 %.

Pilzinfektionen mit Candida

Candida gehört zu den saprophytären Bewohnern (Organismen, die weder Chemo- noch Photosynthese betreiben und sich ausschließlich heterotroph ernähren, d. h. von toten, organischen Stoffen ernähren) der Scheidenflora, die sich bei etwa 30 % der gesunden Frauen in der Geschlechtsreife nachweisen lassen. Eine gesteigerte Kolonisation ist abhängig vom Östrogenspiegel. Das erklärt, warum Mykosen präpubertär eine Seltenheit sind.

Nur unter bestimmten Bedingungen, die pathophysiologisch bislang nicht endgültig aufgeklärt sind, entsteht aus den Blastosporen (Sprosszellen) ein Pseudomyzel (Geflechtbildung durch Vorwachsen der mit der Mutterzelle verbunden bleibenden Blastosporen oder Knospen), das dann zur Infektion und Symptomatik führt.

Häufigste Ursache und meist für eine ausgeprägte klinische Symptomatik verantwortlich sind mit etwa 80 % Candida albicans. Candida glabrata (10-15 %) und Candida krusei (1-5 %) sind selten, aber von Bedeutung, weil sie häufig für Rezidive (Wiederauftreten der Erkrankung) die Verantwortung tragen und gegen übliche Therapeutika resistent sein können.

Eine Kolpitis ist fast immer mit einer Vulvitis (Entzündung im Bereich der Vulva/äußere Geschlechtsorgane), die letztlich für die Beschwerden hauptverantwortlich ist, kombiniert. Folgende Formen gibt es:

Einteilung nach der Klinik

  • Kolonisation: keine Beschwerden, Blastosporen im Nativpräparat nachweisbar
  • Latente ("im Verborgenen sein") Vaginalcandidose: keine Beschwerden, Blastosporen im Nativpräparat (unfixiertes Präparat für die mikroskopische Untersuchung) nachweisbar, Zustand nach Pilzerkrankung
  • Leichte Vaginalcandidose: prämenstrueller Pruritus (Juckreiz), evtl. Brennen, Fluor (Ausfluss), Blastosporen, angedeutete Kolpitis
  • Mittelschwere Vaginalcandidose: Pruritus, Brennen, Fluor, Vulvitis, Kolpitis, Pseudomycelien, Leukozyten (weiße Blutkörperchen)
  • Schwere Vaginalcandidose: Pruritus, brennende Schmerzen, nekrotisierende Kolpitis, Pseudomycel, Leukozyten

Einteilung nach der Dauer der Symptomatik

  • Persistenz (Fortbestehen) der Vaginalcandidose: trotz Therapie persistieren die Sprosszellen und die klinische Symptomatik. Ursache: Erkrankungen oder Resistenzen
  • Rezidiv (Wiederaufteten) der Vaginalcandidose: nach Therapie und Beschwerdefreiheit Rezidiv innerhalb von 4-12 Wochen
  • Chronisch rezidivierende Vaginalcandidose: nach Therapie mindestens 4 Rezidive innerhalb eines Jahres

Prädisponierende Faktoren

  • Geschlechtsreife
  • Schwangerschaft
  • Prämenopause (10 bis 15 Jahre vor der Menopause)
  • Kleidung (zu enge Kleidung, synthetische Unterwäsche)
  • Genussmittelkonsum
    • Tabak (Rauchen)
  • Drogenkonsum
    • Cannabis (Haschisch und Marihuana)
  • Psychosozialer Stress
  • Sexuelle Aktivität
  • Spezielle Sexualpraktiken (Analverkehr/Analsex, orogenitaler Verkehr)
  • Übertriebene Körperhygiene im Genitalbereich (zu häufiges Waschen mit Seife oder Syndets)
  • Intimrasur (= Mikrotraumata) – erhöht das Risiko für das Risiko für Mykosen (Pilzinfektionen) oder Infektionen mit Warzenerregern, wie z. B. durch HP-Viren 8 und 11 verursachten Condylomata acuminata
  • Vaginalspülungen
  • Krankheiten:
    • Atopische Ekzem (Neurodermitis)
    • Diabetes mellitus (schlecht eingestellter)
    • HIV-Infektionen
    • Typ-I-Allergien
  • Medikamente
    • Antibiotika
    • Glucocorticoide
    • Immunsuppressiva
    • Ovulationshemmer? (wg. Sprosspilze enthalten Östrogenrezeptoren)
    • Zytostatika

Bei etwa 30–50 % der prämenopausalen Frauen finden sich vaginal Candidaarten

Trichomonaden

Die Infektion mit dem anaeroben Protozoon (Einzeller) Trichomonas vaginalis gehört zu den häufigsten Geschlechtskrankheiten, weltweit etwa 15 - 20 %. In Deutschland ist diese Infektion mit einer geschätzten Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) von etwa 1 % sehr selten. Zwischen dem 19. und 35. Lebensjahr besteht die höchste Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen). Trichomonas vaginalis entwickelt sich bevorzugt in einem sauren Milieu (pH-Wert 3,8 - 5,2) unter Östrogeneinfluss. Deshalb können Mädchen durch eine peripartale ("um die Geburt herum")  Infektion durch die Mutter eine Trichomonaden-Kolpitis und -Urethritis (Harnröhrenentzündung) erwerben. Mit Absinken des Östrogenspiegels zur Menopause hin sinkt die Gefahr einer Trichomonadeninfektion. Obwohl die Übertragung fast ausschließlich durch sexuellen Kontakt von Mensch zu Mensch angenommen wird, diskutiert man gelegentlich – auch wenn eher unwahrscheinlich – auch eine mögliche Infektion durch Handtücher, Toilettensitze, Bade- und Schwimmbadwasser. Beim Mann sind neben der Blase auch die Prostata und die Samenblasen infiziert.

Der erhöhte pH-Wert, der Amingeruch und die Schlüsselzellen, in Kombination mit einem ausgeprägten Fluor, machen eine Verwechslung mit der bakteriellen Vaginose möglich. Die Diagnose wird durch die typischen Bewegungsmuster der Trichomonaden unter dem Mikroskop gestellt. Typisch sind eine stark gerötete Mukosa, sowie große, rote Flecken von unregelmäßiger Kontur (auch an der Portio und cervical), gelegentlich Bläschen, kombiniert mit einem starken Ausfluss, der ohne Therapie erst nach Monaten geringer wird. Die zunächst erhöhte Granulozytenzahl (gehören zu den Leukozyten/weiße Blutkörperchen) nimmt im längeren Verlauf ab und auch die Entzündungsreaktion bildet sich zurück. Eine Spontanheilung findet nicht statt. Die Infektiosität (Ansteckungsfähigkeit) der Erkrankung bleibt untherapiert bestehen.

Risiken

  • Begleitinfektionen mit anderen Geschlechtskrankheiten sind häufig. Deshalb muss nach anderen Infektionen gefahndet werden, wie:
    • bakterielle Vaginose
    • Chlamydien
    • Gonokokken
    • Hepatitis-B und C
    • HIV
    • Pilze
    • Syphilis
  • Portioerosion
  • Kolpitis granularis
  • Pseudodyskaryosen
  • Schwangerschaft:
    • Amnioninfektionssyndrom
    • Frühgeburt
    • vorzeitiger Blasensprung
    • vorzeitige Wehentätigkeit

Infektionen (seltene)

Staphylococcus aureus Kolpitis

Eine Kolonisation der Scheide mit Staphylococcus aureus ist normalerweise klinisch unproblematisch, kann jedoch im Falle einer Operation oder anderen Verletzungen zu massiven Wundheilungsstörungen führen.

  • Das „Toxische Schocksyndrom (TSS)" soll hier als besondere Form noch genannt werden.

Es handelt sich um eine Infektion mit Staphylococcus aureus, die innerhalb von kurzer Zeit zu einer Sepsis (Blutvergiftung) und durch Toxine (Gifte) zum Kreislaufkollaps und potentiell zum Tode führt. Um 1980 wurde dieses Syndrom erstmalig bei jungen Mädchen, die während der Periode Tampons benutzten, beschrieben. Ursache war eine starke Aufnahmefähigkeit der Erreger im Tampon und eine starke Vermehrung bei günstigen Infektionsbedingungen (große Wundfläche in der Gebärmutter während der Periode). Heute weiß man, dass diese Erkrankung auch durch andere Eintrittswege von Staphylococcus aureus, z. B. durch Wunden, entstehen kann. Seitdem in den 90er-Jahren die Aufnahmefähigkeit der Tampons reglementiert wurde, spielt dieses Krankheitsbild keine Rolle mehr.

Ein ähnliches Krankheitsbild kann auch durch Streptokokken (s.u.) entstehen.

Streptokokken-Kolpitis

Erreger aus der Gruppe der Streptokokken können, wie viele andere Mikroorganismen der Haut, der Schleimhäute des Rachens und des Magen-Darmtraktes, in niedriger Keimzahl in der Scheide vorkommen. Unter besonderen Umständen können schwere Infektionen entstehen.

Klinisch sind diese Infektionen gelegentlich nur schwer von einer Trichomonadenkolpitis oder einer Kolpitis  plasmacellularis zu unterscheiden.

A-Streptokokken Kolpitis (Beta-hämolysierende Streptokokken der Serogruppe A, Streptococcus pyogenes)

Es handelt sich um eine sehr seltene, jedoch hochgefährliche Infektion (geschätzt < 0,1 %). Diese Keime finden sich asymptomatisch häufig im Nasenrachenraum. Sie werden durch eine Schmierinfektion von oral nach genital, aber auch bei oral-genitalen Geschlechtspraktiken übertragen. Durch Aszension (aufsteigende Infektion) kann es zu hochfieberhaften Entzündungen im kleinen Becken und zur Sepsis kommen. Aus diesem Grunde muss bei Nachweis immer eine antibiotische Therapie erfolgen. Eine ausgeprägte Rötung der Vagina mit gelblichem Fluor und Brennen, sowie eine Vulvitis gehören zu den klinischen Zeichen.

  • Das Puerperalfieber/Kindbettfieber durch Beta-hämolysierende Streptokokken der Serogruppe A ist heute sehr selten, aber mit einer Letalität (Sterblichkeit bezogen auf die Gesamtzahl der an der Krankheit Erkrankten) von 20-30 % behaftet. Es entsteht durch Einschwämmen der Erreger post partum ("nach der Entbindung") in die Blutbahn über die große Wundfläche „Uterus" (Gebärmutter).
  • Das durch A-Streptokokken hervorgerufene toxische Schocksyndrom (TSS; Streptokokken-TTS) ist mit einer Letalitätsrate (Sterblichkeit bezogen auf die Gesamtzahl der an der Krankheit Erkrankten) von etwa 30 % besonders gefährlich. Nach Einschwemmen der Erreger in die Blutbahn infolge von Verletzungen (z. B. Operationen), wird durch Ausschüttung von Toxinen (sog. Superantigene) eine Schocksymptomatik mit anschließendem Multiorganversagen (MOV) ausgelöst. Lebensrettend ist deshalb eine frühzeitige Diagnose, um eine effektive intensivmedizinische Behandlung durchführen zu können. (s. a. TSS durch Staphylococcus aureus)

B-Streptokokken (Beta-hämolysierende Streptokokken der Serogruppe B, GBS (Gruppe B Streptokokken), Streptococcus agalaktiae). Sie können in unterschiedlichem Ausmaß die Scheide kolonisieren, verursachen jedoch keine Kolpitis. Während der Geburt besteht die Gefahr der Übertragung auf das Kind und der Entstehung der gefürchteten Neugeborenensepsis.

Virale Kolpitis

Herpes-simplex-Viren

Voraussetzung für eine primäre Infektion der Vagina ist eine Wunde als Eintrittspforte. Da die Konstellation Infektion und Verletzung der Scheide selten ist, spielt eine solche Infektion in praxi keine Rolle. Bei einer Primärinfektion der Vulva sind jedoch die Vagina und die Portio häufig mitbetroffen.
Symptome sind: Brennende Schmerzen, Fluor und Leukozytose (meist gering). Bei einer rezidivierenden Infektion sind die Vagina und die Portio noch seltener betroffen. Die Symptomatik ist meist sehr gering.

Condylomata acuminata (Papillomvirus Infektion Typ 6 und 11)

Ein solitärer (alleiniger) Befall der Vagina ist sicherlich extrem selten, da für einen solchen Fall eine Wunde in der Vagina als Eintrittspforte Voraussetzung ist. Allerdings sind bei einem ausgeprägten Befall der Vulva häufig auch die Vagina und die Cervix mitbetroffen.

Nichtinfektiöse Kolpitis

Atrophische Kolpitis, (Östrogenmangel-Kolpitis)

Östrogenmangel führt zu einem Abbau des Vaginalepithels. Die Mukosaschichten werden partiell ("zum Teil") abgebaut. Dadurch besteht eine höhere Verletzbarkeit. Durch den Mangel an Glykogen und den konsekutiven ("unmittelbar nachfolgend") Ausfall der Milchsäurebildung besteht ein alkalischer pH-Wert (5,0-7,0), der die Ansiedlung von Bakterien leichter ermöglicht. Die Betroffenen klagen häufig über eine trockene Scheide, Juckreiz, einen brennenden und wundartigen Schmerz im Scheideninneren, Fluor (Ausfluss), gelegentlich Spotting (Schmierblutung) sowie über Dyspareunie (Beschwerden beim Verkehr). Die Mukosa ist dünn, gerötet, zeigt Petechien (flohstichartige Blutungen) und ist kaum mehr gefaltet. Häufig imponiert die infektiöse Kolpitis als Kolpitis granularis. Aus ihr kann sich eine Kolpitis ulzerativa entwickeln. Andererseits sind die meisten Frauen mit einer atrophischen Kolpitis asymptomatisch. Es gibt zwei Formen.

  • Postpuerperale ("nach dem Wochenbett") atrophische Kolpitis
  • Postmenopause Kolpitis (Kolpitis senilis)

Aerobe Vaginitis (AV)/Desquamative Inflammatorische Vaginitis (DIV) obsolet: Kolpitis plasmacellularis, eitrige Kolpitis, follikuläre Kolpitis, plasmazelluläre Vaginitis, purulente Vaginitis, Vaginitis plasmazellularis)

Ätiologie und Pathogenese sind unbekannt. Wahrscheinlich handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung. Von den Symptomen her ähnelt es einem Lichen ruber planus. Im Gegensatz zu dieser Erkrankung tritt sie nicht außerhalb der Vagina auf. Die Symptome können auch ähnlich einer Trichomonaden-Kolpitis sein, die ausgeschlossen werden muss. Es handelt sich um eine Erkrankung, die anamnestisch mit chronischem Fluor und vielen verschiedenen Behandlungsversuchen mit Antibiotika und Antimykotika (Antipilzmittel) einhergeht. Typisch ist die Persistenz nach Metronidazoltherapie, sowie die ergebnislose Suche nach anderen Erregern. Typisch ist auch eine oft monatelange Odyssee von einem Arzt zum anderen.

Betroffen sind

  • in etwa 5 %-10 % -(20 %) Frauen zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr.
  • die Erkrankung kann auch in der Schwangerschaft auftreten, Komplikationen: vorzeitige Wehentätigkeit, Frühgeburtlichkeit, Amnioninfektionssyndrom, vorzeitiger Blasensprung.

Im Klimakterium wird die Erkrankung nicht beobachtet. Es handelt sich um eine Dysbiose der Vagina (Gleichgewichtsstörung der Darmflora in der Scheide) mit wenigen Laktobazillen und einer Anhäufung von aeroben Bakterien, z. B. Escherichia coli, Enterokokken, Streptokokken, die jedoch nicht Ursache der Entzündung sind, sondern als Trittbrettfahrer auftreten.

Symptome:

  • starker grünlich-gelber, schleimiger, eitriger Fluor (Ausfluss)
  • streifige, flächige, oft ödematöse Rötung der Vagina (im Gegensatz zur Aminkolpitis kein Fischgeruch) 
  • pH-Wert 5,5-6,5
  • Juckreiz, Brennen, Dyspareunie (Schmerzen beim Geschlechtsverkehr)
  • Phako (Phasenkontrastuntersuchung)
    • typisch: toxische Leukozyten und Parabasalzellen trotz guter Östrogensituation
    • wenig Laktobazillen

Es gibt keinen typischen histologischen (feingeweblicher) Befund. Deshalb ist eine Biopsie nicht zielführend. Häufig wird ein Vitamin-D3-Mangel beobachtet. Nach Substitution wurden Heilungen beobachtet.

Hauterkrankungen

Ursache von Kolpitiden können auch Autoimmunerkrankungen, die sich an Haut und Schleimhäuten manifestieren können, und verschiedene Dermatitiden sein. Im Vulvabereich sind sie sehr viel häufiger.

Einige wenige können auch in der Scheide symptomatisch werden, wie die Morbus Behçet (erosiv, ulcerös, ödematös): Die Ursache ist unbekannt. Charakteristisch sind brennende, schmerzhafte, an mehreren Stellen auftretende, rezidivierende Ulzera in der Mundschleimhaut, im Introitusbereich ("Scheideneingang") und sehr selten in der Vagina. Sie heilen nach 4-6 Wochen spontan ab. Häufig werden die Läsionen ("Schädigungen", "Verletzungen") mit denen eines rezidivierenden (wiederkehrend) Herpes verwechselt.

Der Lichen ruber planus  (Synonym: Lichen planus) (erosiv, papulös) (Knötchenflechte) ist charakterisiert durch stark juckende Hautknötchen mit weißlicher Verfärbung. In der Mundschleimhaut und im Bereich des äußeren Genitales treten auch erosive Komponenten auf, die genital besonders brennen und Schmerzen bei Berührung verursachen können. Die Vagina ist sehr selten betroffen. Noch seltener ist der solitäre (alleinige) Befall der Scheide. Neben Ausfluss und Brennen kommt es zu Blutungen bei Berührungen z. B. bei Geschlechtsverkehr oder Tamponbenutzung. Ist nur die Vagina betroffen, kann die Diagnose sehr schwierig sein.

Die Psoriasis (Schuppenflechte): hier treten im Gegensatz zu den an der Haut typischen Schuppen im Genitalbereich flammend rote, meist von der Umgebung scharf abgegrenzte, oft heftig juckende Bezirke auf. Das solitäre Auftreten in der Vagina gehört zu den Seltenheiten.

Varia

Auch allergieauslösende, chemische, medikamentöse, toxische Substanzen wie z. B. Medikamente, Spülungen, Kondome, u. a., Verletzungen, Operationen, Pessare, verschiedene Sexualpraktiken können als Auslöser einer Kolpitis in Frage kommen. Darauf soll wegen der Vielfalt nicht näher eingegangen werden.

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Geschlechtsreife Frauen

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Ernährung
    • Mikronährstoffmangel (Vitalstoffe) – siehe Prävention mit Mikronährstoffen
  • Geschlechtsverkehr (z. B. Wechsel von vaginalem zu analem oder oralem Koitus; orogenitale Kontakte)
  • Übertriebene Intimhygiene
  • Intimrasur (= Mikrotraumata) – erhöht das Risiko für das Risiko für Mykosen (Pilzinfektionen) oder Infektionen mit Warzenerregern, wie z. B. durch HP-Viren 8 und 11 verursachten Condylomata acuminata
  • Verhütung mit der Intrauterinspirale (Spirale)
  • Promiskuität (sexueller Kontakte mit relativ häufig wechselnden verschiedenen Partnern)

Krankheitsbedingte Ursachen

Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten (E00-E90)

  • Östrogenmangel (vor allem bei Kindern und postmenopausal)

Haut und Unterhaut (L00-L99)

  • Lichen ruber/planus (Knötchenflechte)
  • Pemphigus vulgaris (blasenbildende Hautkrankheit)
  • Psoriasis (Schuppenflechte)
  • Dermatitis (entzündliche Reaktion der Haut)

Infektiöse und parasitäre Krankheiten (A00-B99)

  • Chlamydien
  • Gonorrhoe (Tripper)
  • Herpes genitalis
  • Herpes zoster
  • Milben
  • Mykosen
  • Molluscum cotagiosum
  • Pemphigus vulgaris
  • Phthiriasis (Filzläuse)
  • Scabies (Krätze)
  • Staphylococcus aureus
  • Streptokokken Gruppe A, B
  • Syphilis
  • Trichomonaden
  • Varizellen (Windpocken)
  • Vulvitis plasmacellularis

Muskel-Skelett-System und Bindegewebe (M00-M99) 

  • Morbus Behçet (Synonym: Morbus Adamantiades-Behçet; Behçet-Krankheit; Behçet-Aphthen) – Multisystemerkrankung aus dem rheumatischen Formenkreis, die mit einer rezidivierenden, chronischen Vaskulitis (Gefäßentzündung) der kleinen und großen Arterien sowie mit Schleimhautentzündungen einhergeht; als typisch für die Erkrankung wird in der Literatur die Trias (das Auftreten von drei Symptomen) aus Aphthen (schmerzhafte, erosive Schleimhautveränderungen) im Mund und aphthösen Genitalulzera (Geschwüre in der Genitalregion) sowie einer Uveitis (Entzündung der mittleren Augenhaut, die aus der Aderhaut (Choroidea), dem Strahlenkörper (Corpus ciliare) und der Regenbogenhaut (Iris) besteht) angegeben; man vermutet einen Defekt der zellulären Immunität

Neubildungen – Tumorerkrankungen (C00-D48)

  • Cervixkarzinom (Gebärmutterhalskrebs)
  • Corpuskarzinom (Gebärmutterkörperkrebs)
  • Tubenkarzinom (Eileiterkrebs)
  • Vaginalkarzinom (Scheidenkrebs)
  • Vulvakarzinom (Vulvakrebs; Krebs der äußeren Genitalorgane der Frau)

Psyche – Nervensystem (F00-F99; G00-G99)

  • Depression
  • Partnerkonflikt
  • Psychosomatische Störungen – vor allem bei sexuellen Konflikten (Sexualstörung)

Urogenitalsystem (Nieren, Harnwege – Geschlechtsorgane) (N00-N99)

  • Adnexitis – Entzündung der sogenannten Adnexe (dt.: Anhangsgebilde); Kombination der Entzündung von Tuben (lat. Tuba uterina, griech. Salpinx, Entzündung: Salpingitis) und der Ovarien (lat. Ovar, griech. Oopheron, Entzündung: Oophoritis)
  • Cervicitis (Gebärmutterhalsentzündung)
  • Cervixektopie – Verlagerung von Drüsenschleimhaut des Gebärmutterhalskanales auf die Portio (Scheidenanteil des Gebärmutterhalses)
  • Cervixpolyp – gutartige Schleimhautgeschwulst, die vom Gebärmutterhals ausgeht
  • Cervixriss – Einriss am Gebärmutterhals
  • Endometritis (Gebärmutterentzündung)
  • Korpuspolyp – Wucherungen der Gebärmutterschleimhaut
  • Pyometra – eitrige Gebärmutterentzündung
  • Infektionen durch:
    • Bakterien
    • Parasiten
    • Pilze
    • Protozoen
    • Viren

Verletzungen, Vergiftungen und andere Folgen äußerer Ursachen (S00-T98)

  • Fremdkörperkolpitis
  • Sexueller Missbrauch
  • Spezielle Sexualpraktiken
  • Allergische, toxische Wirkungen von Seifen, Detergenzien u. a.

Operationen

  • Episiotomie (Dammschnitt)
  • Hysterektomie (Gebärmutterentfernung)
  • Laparotomie (Eröffnung der Bauchhöhle)

Medikamente

  • Antibiotika
  • Glucocorticoide
  • Immunsuppressiva
  • Ovulationshemmer 
  • Zytostatika

Weitere Ursachen

  • Schwangerschaften/Geburten

Autoren: Prof. Dr. med. G. Grospietsch, Dr. med. W. G. Gehring

Literatur

  1. Centers for Disease Control and Prevention. Sexually transmitted diseases treatment guidelines, 2006. MMWR 2006 b; 55: 1-94
  2. Mendling W: Die bakterielle Vaginose – eine sexuell übertragbare Erkrankung. Frauenarzt 50 (2009) 321-327
  3. Mylonas I: Infektionserkrankungen der Vulva und Vagina, Extrakta gyn.1,2011 (4), 31-39, DOI 10.1007/s12556-010-0267-0
  4. Petersen E-E: Infektionen in Gynäkologie und Geburtshilfe: Lehrbuch und Atlas, Thieme Stuttgart 2011