Scheidenentzündung (Vaginitis/Kolpitis) – Anamnese

Die Anamnese (Krankengeschichte) stellt einen wichtigen Baustein in der Diagnostik der Vaginitis bzw. Kolpitis (Scheidenentzündung) dar.

Familienanamnese

  • Gibt es in Ihrer Familie wiederkehrende vaginale oder urogenitale Infektionen?
  • Bestehen in Ihrer Familie atopische Erkrankungen wie Neurodermitis oder allergisches Asthma?
  • Gibt es Hinweise auf familiäre Immundefekte oder bekannte Immunschwächen (z. B. HIV)?
  • Gibt es Hinweise auf genetisch bedingte Hauterkrankungen oder Dermatitiden (Hautentzündungen)?

Sozialanamnese 

  • Beruf:
    • Welchen Beruf üben Sie aus?
    • Haben Sie beruflich Kontakt mit reizenden oder allergieauslösenden Stoffen, die über Hände oder Kleidung auf die Intimregion übertragen werden könnten?
    • Arbeiten Sie häufig in feuchtwarmen Umgebungen (z. B. Gastronomie, Pflege, Schwimmbadbereich)?
  • Umgebungsbezogene Faktoren und psychosoziale Situation:
    • Leben Sie in einem Haushalt mit anderen Personen, mit denen Sie Hygieneartikel (z. B. Handtücher, Waschlappen) gemeinsam nutzen?
    • Haben Sie zurzeit eine hohe psychische Belastung, z. B. durch familiäre, partnerschaftliche oder berufliche Konflikte?
    • Gab es in letzter Zeit einschneidende Lebensveränderungen (z. B. Trennung, Umzug, Todesfall)?

Sexualanamnese

  • Partnerschaftliche Situation:
    • Besteht derzeit eine feste Partnerschaft? Wenn ja:
      • Handelt es sich um eine monogame Beziehung?
    • Oder bestehen offene Beziehungsformen oder Sexualkontakte außerhalb einer festen Partnerschaft?
    • Besteht sexueller Kontakt mit Männern, Frauen oder mit beiden Geschlechtern?
  • Sexualverhalten und Schutzmaßnahmen:
    • Hatten Sie in den letzten 12 Monaten wechselnde Sexualpartner?
    • Gab es in den letzten Wochen neue Sexualkontakte?
    • Welche Arten von Sexualkontakt hatten Sie (z. B. vaginal, oral, anal)?
    • Wurde dabei regelmäßig ein Kondom oder eine andere Barrieremethode verwendet?
    • Wie häufig besteht Geschlechtsverkehr aktuell?
  • Intimhygiene:
    • Wie sieht Ihre Intimhygiene aus?
    • Verwenden Sie Intimsprays, Vaginalduschen oder parfümierte Seifen?
    • Gibt es wiederholte Reizungen nach bestimmten Produkten?
  • Frühere sexuell übertragbare Infektionen (STI):
    • Wurden bei Ihnen in der Vergangenheit sexuell übertragbare Infektionen diagnostiziert (z. B. Chlamydien, Gonorrhoe, Syphilis, HIV, HPV, Herpes genitalis)? Wenn ja:
      • Wann wurden diese behandelt und wie war der Verlauf?
    • Haben sich seither Beschwerden verändert oder wiederholt?
  • Partneranamnese und Infektionsumfeld:
    • Wurde bei Ihrem aktuellen oder früheren Sexualpartner eine STI festgestellt?
    • Wurden Ihre Sexualpartner über mögliche Infektionsrisiken informiert?
    • Ist bei einem Ihrer Partner ein aktueller STI-Nachweis erfolgt (z. B. Gonorrhoe, Chlamydien, Syphilis, HIV)?
  • Relevante Beschwerden im Zusammenhang mit Sexualkontakten:
    • Siehe unter: Aktuelle Anamnese/Systemanamnese (somatische und psychische Beschwerden)
    • Haben Ihre Sexualpartner aktuell Symptome?* Wenn ja, welche?
  • Kinderwunsch und Verhütung:
    • Besteht aktuell ein Kinderwunsch oder eine laufende hormonelle Kinderwunschbehandlung?
    • Besteht eine Schwangerschaft oder die Möglichkeit einer Schwangerschaft?
    • Welche Verhütungsmethoden wenden Sie an?
    • Bestehen Unverträglichkeiten gegenüber bestimmten Verhütungsmitteln (z. B. Latexallergie)?

Aktuelle Anamnese/Systemanamnese (somatische und psychische Beschwerden)

  • Seit wann haben Sie vermehrten Ausfluss (Fluor)?*
  • Wie sieht der Ausfluss aus (z. B. weißlich, gelblich, grünlich, bröckelig, schaumig)?
  • Riecht der Ausfluss unangenehm (z. B. fischartig)?*
  • Tritt der Geruch besonders nach dem Geschlechtsverkehr auf?*
  • Haben Sie Juckreiz oder Brennen im Bereich der Vulva oder Vagina?*
  • Bestehen Schmerzen im Bereich der Vulva, Vagina oder des Unterbauchs?*
  • Haben Sie das Gefühl von Scheidentrockenheit?
  • Ist der Verkehr schmerzhaft?*
  • Fühlen Sie sich insgesamt müde, abgeschlagen oder fiebrig?*
  • Seit wann bestehen die aktuellen Beschwerden im Genitalbereich?
  • Wie häufig hatten Sie in der Vergangenheit vergleichbare Beschwerden? Haben sich die Symptome verändert?
  • Gab es in letzter Zeit Änderungen bei Waschmitteln, Pflegeprodukten oder Hygienegewohnheiten?
  • Tragen Sie häufig synthetische Unterwäsche oder enge Kleidung im Genitalbereich?
  • Wird die Unterwäsche regelmäßig bei mindestens 60 °C gewaschen?
  • Liegt eine bekannte Zahnerkrankung vor?
  • Gibt es Hinweise für eine Dermatitis (entzündliche Erkrankung der Haut) vor?

Vegetative Anamnese inkl. Ernährungsanamnese

  • Haben Sie in letzter Zeit ungewollt Gewicht verloren oder zugenommen? Geben Sie bitte uns Ihr Körpergewicht (in kg) und Ihre Körpergröße (in cm) an.
  • Hat sich Ihr Appetit verändert?
  • Ernähren Sie sich ausgewogen?
  • Trinken Sie ausreichend Flüssigkeit (mindestens 1,5 Liter pro Tag)?
  • Rauchen Sie? Wenn ja, wie viele Zigaretten, Zigarren oder Pfeifen pro Tag?
  • Nehmen Sie Drogen? Wenn ja, welche Drogen und wie häufig pro Tag bzw. pro Woche?

Eigenanamnese

  • Vorerkrankungen:
    • Gab es in der Vergangenheit bereits gynäkologische Erkrankungen (z. B. Pilzinfektionen, bakterielle Vaginose)?
    • Haben Sie häufig Harnwegsinfekte?
    • Gibt es bekannte chronische Erkrankungen (z. B. Diabetes mellitus, Neurodermitis, HIV)?
  • Hatten Sie Operationen im Genital- oder Beckenbereich?
  • Sind Allergien bekannt (z. B. Latex, Waschmittel, Medikamente)?

Medikamentenanamnese

  • Nehmen Sie aktuell oder regelmäßig Antibiotika? Insbesondere Breitbandantibiotika reduzieren die physiologische vaginale Mikrobiota (Scheidenflora) und begünstigen dadurch die Vulvovaginalcandidose (VVC).
  • Nehmen Sie Glucocorticoide oder andere Immunsuppressiva ein?
  • Verwenden Sie hormonelle Kontrazeptiva (z. B. Ovulationshemmer)?
  • Nehmen Sie Zytostatika oder andere systemisch wirkende Medikamente ein?
  • Wurde bei Ihnen eine Hormontherapie durchgeführt oder ist eine in Planung?

* Falls diese Frage mit "Ja" beantwortet worden ist, ist ein sofortiger Arztbesuch erforderlich! (Angaben ohne Gewähr)

Unsere Empfehlung: Drucken Sie die Anamnese aus, markieren Sie alle mit „Ja“ beantworteten Fragen und nehmen Sie das Dokument mit zu Ihrem behandelnden Arzt.

Autoren: Prof. Dr. med. G. Grospietsch, Dr. med. W. G. Gehring