Regelschmerzen (Dysmenorrhoe) – Ursachen
Pathogenese (Krankheitsentstehung)
Die Dysmenorrhoe (Regelschmerzen) ist eine weitverbreitete Störung, die während der Menstruation auftritt und durch krampfartige Schmerzen im Unterbauch charakterisiert ist. Die Pathogenese ist multifaktoriell und umfasst hormonelle, psychologische und soziale Einflüsse.
Hormonelle Einflüsse
- Prostaglandine: Ein zentraler Faktor in der Pathogenese der Dysmenorrhoe ist die Überproduktion von Prostaglandinen (insbesondere Prostaglandin F2α), einer Gruppe von Gewebshormonen, die während der Menstruation im Endometrium freigesetzt werden. Diese Prostaglandine verursachen eine verstärkte Kontraktion der Uterusmuskulatur (Gebärmuttermuskulatur), was zu den typischen krampfartigen Schmerzen führt. Die erhöhte Prostaglandinproduktion wird als Hauptursache für die Schmerzen bei primärer Dysmenorrhoe angesehen. Neben den Prostaglandinen sind auch Leukotriene, Oxytocin und Vasopressin an der Entstehung der Dysmenorrhoe beteiligt [1].
- Vasokonstriktion und Ischämie: Die Prostaglandine bewirken nicht nur Uteruskontraktionen, sondern auch eine Verengung der Blutgefäße (Vasokonstriktion), was zu einer verminderten Durchblutung (Ischämie) des Uterusgewebes führt. Diese Ischämie kann die Schmerzen weiter verstärken.
Psychologische und soziale Faktoren
- Stress und psychosoziale Belastungen: Psychische Belastungen wie Stress, Ängste oder Depressionen können die Schmerzempfindung bei Dysmenorrhoe verschlimmern. Frauen, die in einem belastenden sozialen Umfeld leben oder unter hohem psychischen Druck stehen, berichten häufiger von intensiveren Menstruationsschmerzen. Der soziale Status und psychosoziale Unterstützung können ebenfalls eine Rolle bei der Schmerzempfindung und -bewältigung spielen.
Prämenstruelle dysphorische Störung (PMDS)
- Genetische Prädisposition: Eine spezielle Variante des prämenstruellen Syndroms, die prämenstruelle dysphorische Störung (PMDS), wird durch eine genetisch bedingte Überempfindlichkeit auf Sexualhormone wie Östrogen und Progesteron ausgelöst. Diese Überempfindlichkeit führt zu verstärkten emotionalen und körperlichen Beschwerden in der prämenstruellen Phase, die auch die Schwere der Dysmenorrhoe beeinflussen können [2].
Weitere Faktoren
- Entzündungsmediatoren: Neben den Prostaglandinen tragen auch Entzündungsmediatoren, wie Leukotriene, zur Verstärkung der Schmerzen bei, indem sie die Entzündungsprozesse im Uterus fördern und somit die Kontraktionen und die Schmerzempfindlichkeit erhöhen.
- Oxytocin und Vasopressin: Diese Hormone fördern ebenfalls die Uteruskontraktionen und könnten eine Rolle bei der Schmerzverstärkung während der Menstruation spielen.
Zusammenfassung
Die Pathogenese der Dysmenorrhoe ist komplex und wird hauptsächlich durch eine Überproduktion von Prostaglandinen und anderen Entzündungsmediatoren ausgelöst, die zu schmerzhaften Uteruskontraktionen und Ischämie führen. Zusätzlich können psychologische und soziale Faktoren sowie genetische Prädispositionen, wie bei der prämenstruellen dysphorischen Störung (PMDS), die Symptomschwere beeinflussen. Hormonelle Einflüsse wie Oxytocin und Vasopressin tragen ebenfalls zur Entstehung und Verstärkung der Symptome bei.
Ätiologie (Ursachen)
Primäre Dysmenorrhoe
Biographische Ursachen
- Anatomische Fehllagen des Uterus (Gebärmutter; z. B. retrovertierter Uterus ("nach hinten gekippte" Gebärmutter))
- Unterusanomalien (Fehlbildungen der Gebärmutter) (ca. 10 % der Fälle):
- Uterus arcuatus (lat. arcuatus „gebogen“) – geringste Ausprägung des Uterus septus (s. u.)
- Uterus bicornis (partielle Verschmelzung der Müller-Gänge): Dieses bedingt eine gemeinsame Cervix (Gebärmutterhals) mit in unterschiedlichem Maß getrennten Uterushörnern.
- Uterus didelphys (fehlende Verschmelzung der beiden Müller-Gänge): Dieses bedingt eine Duplizität von Corpus uteri (Gebärmutterkörper) und Cervix uteri.
- Uterus septus (vollständige Fusion der Müller-Gänge mit unvollständiger Resorption des mittleren Septums, welches zu einer variierenden Länge und Form des Septums (Scheidewand) führt; häufigste uterine Fehlbildung): Dadurch entsteht ein äußerlich normalgeformter Uterus mit einem äußerlich breit ausgeladenen glatten Fundus (breite Teil der Gebärmutter, der zwischen den Eileiteröffnungen liegt) mit sagittalem medianem Septum. Nach der Länge des Septums sind drei Formen zu unterscheiden:
- Uterus subseptus (Septum reicht ins Cavum/Gebärmutterhöhle)
- Uterus septus (Septum reicht bis an die Cervix)
- Uterus septus completus (Septum reicht bis in die Cervix hinein)
- Uterus unicornis (Fehlentwicklung in einem Müller-Gang): Dadurch kann ein rudimentäres Horn vorhanden sein.
Verhaltensbedingte Ursachen
- Ernährung
- Mikronährstoffmangel – Unzureichende Versorgung mit Magnesium und Omega-3-Fettsäuren (Docosahexaensäure, Eicosapentaensäure) kann die Muskelkrämpfe in der Gebärmutter verstärken.
- Genussmittelkonsum
- Tabak (Rauchen) – Beeinträchtigt die Durchblutung und kann die Schmerzen verstärken.
- Übermäßiger Koffeinkonsum – Kann Muskelverspannungen fördern und die Schmerzempfindlichkeit erhöhen.
- Körperliche Aktivität
- Bewegungsmangel – Verminderte körperliche Aktivität kann die Durchblutung und Muskelentspannung beeinträchtigen.
- Psycho-soziale Situation
- Psychische Konflikte – Stress und emotionale Belastungen können die Schmerzempfindlichkeit erhöhen und die Symptomatik verstärken.
Sekundäre Dysmenorrhoe
Verhaltensbedingte Ursachen
- Ernährung
- Mikronährstoffmangel – Eine unausgewogene Ernährung kann die Wundheilung und Entzündungshemmung beeinträchtigen.
- Genussmittelkonsum
- Tabak (Rauchen) – Führt zu einer schlechteren Heilung und verstärkt Entzündungsprozesse.
- Psycho-soziale Situation
- Psychische Konflikte – Unerfüllter Kinderwunsch oder partnerschaftliche Probleme können den Krankheitsverlauf negativ beeinflussen.
Krankheitsbedingte Ursachen
Neubildungen – Tumorerkrankungen (C00-D48)
- Cervixkarzinom (Gebärmutterhalskrebs)
Psyche – Nervensystem (F00-F99; G00-G99)
- Pelvipathie – Unterbauchschmerzen der Frau aufgrund sehr unterschiedlicher Ursachen, die somatischer (körperlicher) als auch psychischer Natur sein können
- Pelvipathia vegetativa (Synonyme: Parametropathia spastica, Pelvic congestion) – vegetative Dystonie (Störung der Reizleitung im Nervensystem) mit Manifestation im kleinen Becken bei vegetativer Labilität (Anfälligkeit für Belastungen)
- Mittelschmerz (Schmerzen zum Zeitpunkt der Ovulation/Eisprung)
- Pelvipathia vegetativa (Synonyme: Parametropathia spastica, Pelvic congestion) – vegetative Dystonie (Störung der Reizleitung im Nervensystem) mit Manifestation im kleinen Becken bei vegetativer Labilität (Anfälligkeit für Belastungen)
Urogenitalsystem (Nieren, Harnwege – Geschlechtsorgane) (N00-N99)
- Adenomyose (Adenomyosis uteri) – Endometriuminseln innerhalb des Myometriums (Endometriosis uteri)
- Adnexitis (Entzündung von Eileiter und Eierstock), chronische
- Endometriose – Vorkommen von Endometrium (Gebärmutterschleimhaut) außerhalb der Gebärmutter, beispielsweise in oder auf den Ovarien (Eierstöcken), den Tuben (Eileitern), der Harnblase oder dem Darm [Scherzmaximum: vor der Menstruation]
- Endometriumpolyp – gutartige Veränderung (im Sinne eines Polypen) der Gebärmutterschleimhaut
- Prämenstruelles Syndrom (PMS)
- Uterusmyome – gutartige Wucherungen der Gebärmutter
Weitere Ursachen
- Cervixstenose (Verengung des Gebärmutterhalses)
- genitale Hypoplasie (Uterushypoplasie/Unterentwicklung der Gebärmutter)
- Hymen imperforatus ("intaktes Jungfernhäutchen")
- Intrauterinpessar (IUP, Spirale)
Literatur
- HM Beier, K Beier-Hellwich: Chlormadinoacetat – ein progesteronähnliches Gestagen mit antiandrogener Partialwirkung in der oralen Konzeption
J Reproduktionsmed Endokrinol 2004; 1(4): 308-317. http://www.kup.at/kup/pdf/4886.pdf - Dubey N et al.: The ESC/E(Z) complex, an effector of response to ovarian steroids, manifests an intrinsic difference in cells from women with premenstrual dysphoric disorder. Molecular Psychiatry 3 January 2017 doi:10.1038/mp.2016.229