Mutterkuchenschwäche (Plazentainsuffizienz) – Ursachen
Pathogenese (Krankheitsentstehung)
Die Plazentainsuffizienz, auch Mutterkuchenschwäche genannt, ist ein Zustand, bei dem die Plazenta ihre Funktionen nicht ausreichend erfüllt. Dies führt zu einer unzureichenden Versorgung des Fetus mit Sauerstoff und Nährstoffen, was schwerwiegende Folgen für das Wachstum und die Entwicklung des Kindes haben kann. Die Pathogenese der Plazentainsuffizienz ist komplex und umfasst sowohl akute als auch chronische Formen. Die Mechanismen sind multifaktoriell und beinhalten anatomische, physiologische und pathologische Prozesse, die das feto-maternale Gleichgewicht stören.
Funktionen der Plazenta und ihre Bedeutung
- Die Plazenta ist das zentrale Organ für den Austausch von Sauerstoff, Nährstoffen und Abfallstoffen zwischen Mutter und Fetus. Sie fungiert als Diffusionsbarriere, metabolisches Organ und endokrines Organ. Gleichzeitig übernimmt sie immunologische Funktionen, um den Fetus vor Abstoßungsreaktionen durch das mütterliche Immunsystem zu schützen.
- Eine gesunde Plazenta gewährleistet die Aufrechterhaltung des Gasaustauschs, die Nährstoffzufuhr und den Abtransport von Stoffwechselabfällen, die für das Wachstum und die Entwicklung des Fetus unerlässlich sind.
Pathogenese der Plazentainsuffizienz
A. Akute Plazentainsuffizienz:
- Mechanismen: Die akute Form ist häufig durch eine plötzliche Beeinträchtigung des Gasaustauschs oder des Blutflusses zur Plazenta gekennzeichnet. Dies führt schnell zu einer Hypoxie (Sauerstoffmangel) des Fetus, was zu ernsten Komplikationen wie fetaler Bradykardie (kindliche Herzfrequenz von unter 110 Schlägen pro Minute über einen Zeitraum von mindestens 3 Minuten) oder intrauterinem Tod (vorgeburtliches Versterben) führen kann.
- Ursachen
- Vena-cava-Kompressionssyndrom: Hierbei drückt der Fetus in der fortgeschrittenen Schwangerschaft auf die untere Hohlvene der Mutter (Vena cava inferior), was den venösen Rückfluss zum Herzen der Mutter behindert. Dies führt zu einem verminderten Herzzeitvolumen und somit zu einer verminderten Durchblutung der Plazenta, wodurch der Gasaustausch beeinträchtigt wird.
- Nabelschnurkompression: Diese mechanische Beeinträchtigung führt zu einer Blockade des Blutflusses durch die Nabelschnur und damit zu einer verminderten Sauerstoffzufuhr zum Fetus. Dies kann bei Wehentätigkeit oder durch Fehlpositionen der Nabelschnur auftreten.
- Folgen: Akute fetale Hypoxie und asphyktische Komplikationen sind typische Folgen der akuten Plazentainsuffizienz. Eine sofortige Intervention, wie eine Kaiserschnittentbindung, kann in solchen Fällen notwendig sein.
B. Chronische Plazentainsuffizienz:
- Mechanismen: Bei der chronischen Form handelt es sich um eine längerfristige Beeinträchtigung der Funktion der Plazenta, die zu einer unzureichenden Versorgung des Fetus mit Nährstoffen und Sauerstoff führt. Diese Form ist oft subklinisch und entwickelt sich über einen längeren Zeitraum, was zu einer intrauterinen Wachstumsretardierung (IUGR) führt.
- Ursachen
- Erkrankungen der Mutter: Verschiedene mütterliche Erkrankungen sind als Risikofaktoren für eine chronische Plazentainsuffizienz bekannt, insbesondere:
- Hypertonie: Chronischer Bluthochdruck oder Schwangerschaftshypertonie (Präeklampsie) führen zu einer gestörten Durchblutung der Plazenta, da die kleinen Arterien in der Plazenta verhärten und nicht ausreichend durchlässig sind.
- Diabetes mellitus: Ein schlecht eingestellter Blutzucker kann die Blutgefäße schädigen und die Plazenta in ihrer Funktion beeinträchtigen.
- Autoimmunerkrankungen: Erkrankungen wie das Antiphospholipid-Syndrom, bei denen eine erhöhte Neigung zur Blutgerinnung besteht, können die Blutversorgung der Plazenta behindern.
- Plazentationsstörungen: Störungen in der Anlage und Entwicklung der Plazenta, wie eine abnormale Einnistung (z. B. Plazenta praevia oder Plazenta accreta), beeinträchtigen die Funktionalität der Plazenta. Wenn die Plazenta nicht tief genug in die Gebärmutterwand einwächst, wird die Versorgung des Fetus beeinträchtigt.
- Ungenügende Trophoblasteninvasion: Eine unzureichende Invasion des Trophoblasten in die Uteruswand kann zu einer fehlerhaften Transformation der Spiralarterien führen, wodurch die Durchblutung der Plazenta eingeschränkt ist und die Versorgung des Fetus beeinträchtigt wird.
- Gestörtes Wachstum und Ausreifung der Plazenta: Eine mangelhafte Entwicklung der Plazentazotten oder Gefäßmissbildungen in der Plazenta können die Fähigkeit zur Nährstoffaufnahme und Sauerstoffversorgung des Fetus stark reduzieren.
- Erkrankungen der Mutter: Verschiedene mütterliche Erkrankungen sind als Risikofaktoren für eine chronische Plazentainsuffizienz bekannt, insbesondere:
- Folgen: Bei einer chronischen Plazentainsuffizienz kommt es zu einer progressiven Mangelversorgung des Fetus, was häufig zu einer intrauterinen Wachstumsretardierung (IUGR) führt. Der Fetus kann nicht ausreichend Nährstoffe und Sauerstoff aufnehmen, was die intrauterine Entwicklung beeinträchtigt. In der Folge kann der Fetus ein niedriges Geburtsgewicht, eine unzureichende Organentwicklung und in schweren Fällen eine fetale Hypoxie während der Geburt aufweisen.
Schlüsselfaktoren in der Pathogenese
- Gestörte Perfusion der Plazenta: Eine schlechte Perfusion (Blutversorgung) der Plazenta, ausgelöst durch mütterliche Erkrankungen wie Präeklampsie, führt zu einer Verminderung des Gasaustauschs und der Nährstoffzufuhr.
- Gefäßveränderungen: Gefäßveränderungen in der Plazenta (z. B. arteriosklerotische Veränderungen der Spiralarterien) verschlechtern die Durchblutung und beeinträchtigen die Diffusionskapazität für Sauerstoff und Nährstoffe.
- Trophoblasteninvasion: Eine unzureichende Invasion des Trophoblasten in die Uteruswand führt zu einem Versagen der Umwandlung der Spiralarterien, wodurch die Durchblutung der Plazenta und damit die Versorgung des Fetus beeinträchtigt wird.
Mögliche Komplikationen
- Intrauterine Wachstumsretardierung (IUGR): Durch die chronische Mangelversorgung wird das fetale Wachstum verzögert, was langfristig zu Entwicklungsstörungen und Komplikationen nach der Geburt führen kann.
- Präeklampsie und Eklampsie: Eine unzureichend funktionierende Plazenta kann auch mütterliche Komplikationen wie Präeklampsie auslösen, die zu Bluthochdruck, Organversagen und in schweren Fällen zu Eklampsie (Krampfanfällen) führen kann.
- Frühgeburtlichkeit: In schweren Fällen kann eine Plazentainsuffizienz eine vorzeitige Entbindung erforderlich machen, um das Überleben des Fetus zu sichern.
Zusammenfassung
Die Pathogenese der Plazentainsuffizienz umfasst sowohl akute als auch chronische Störungen, die das feto-maternale Gleichgewicht beeinträchtigen. In der akuten Form wird der Gasaustausch plötzlich gestört, z. B. durch mechanische Einflüsse wie Nabelschnurkompression oder Vena-cava-Kompressionssyndrom, was zu einer raschen fetalen Hypoxie (kindliche Minderversorgung mit Sauerstoff) führt. Bei der chronischen Form steht eine länger dauernde Mangelversorgung des Fetus im Vordergrund, die oft durch mütterliche Erkrankungen, Plazentationsstörungen oder eine unzureichende Gefäßentwicklung der Plazenta bedingt ist. Beide Formen bergen erhebliche Risiken für die fetale Entwicklung und erfordern frühzeitige Diagnose und Intervention.
Ätiologie (Ursachen)
Verhaltensbedingte Ursachen
- Ernährung
- Mangelernährung – Erhöht das Risiko für eine unzureichende Plazentafunktion.
- Mikronährstoffmangel (Vitalstoffe) – Besonders Defizite an Eisen, Folsäure und Antioxidantien [siehe Mikronährstofftherapie].
- Genussmittelkonsum
- Alkohol – Führt zu einer verminderten Plazentadurchblutung.
- Tabak (Rauchen) – Nikotin reduziert die Sauerstoffversorgung der Plazenta.
- Drogenkonsum
- Cannabis und andere Drogen – Können die Plazentafunktion stark beeinträchtigen.
- Körpergewicht
- Übergewicht (BMI ≥ 25; Adipositas) – Führt zu einem erhöhten Risiko für plazentare Dysfunktionen.
Krankheitsbedingte Ursachen
- Anämie (Blutarmut)
- Diabetes mellitus
- Fetale Ursachen:
- Chromosomenstörungen und syndromale Erkrankungen
- Intrauterine Infektionen (vor allem Cytomegalie, Toxoplasmose, Röteln, Varizellen)
- Mehrlingsschwangerschaft
- Herzerkrankungen
- Hypertonie (Bluthochdruck), Präeklampsie (in der Schwangerschaft auftretende Erkrankung, die durch erhöhten Blutdruck (Hypertonie), erhöhte Eiweißausscheidung im Urin (Proteinurie) und Wassereinlagerungen (Ödeme) gekennzeichnet ist), Eklampsie (plötzlich auftretende, schwere Erkrankung vor allem im letzten Trimenon (Schwangerschaftsdrittel), die mit Krampfanfällen einhergeht), HELLP-Syndrom (H = hemolysis (Hämolyse/Auflösung der Erythrozyten (rote Blutkörperchen) im Blut), EL = elevated liver enzymes (Erhöhung der Leberenzyme), LP = low platelets (Thrombozytopenie/Verminderung der Blutplättchen); Sonderform der Präeklampsie, die mit Blutbildveränderungen einhergeht)
- Nierenerkrankungen
- Systemischer Lupus erythematodes (SLE) – Gruppe von Autoimmunerkrankungen, bei der es zur Bildung von Autoantikörpern kommt. Sie zählt zu den Kollagenosen.
Röntgenstrahlen
- Strahlenexposition
Weitere Ursachen
- Ursachen für eine akute Plazentainsuffizienz:
- Nabelschnurkomplikationen (Nabelschnurknoten, Nabelschnurumschlingung, zu kurze Nabelschnur, Nabelschnurkompression)
- Placenta praevia Blutungen (Placenta praevia: Fehllage der Plazenta (Mutterkuchen); sie ist in der Nähe des Gebärmutterhalses eingenistet und überdeckt den Geburtskanal ganz oder teilweise)
- Uterusruptur
- Vena-cava-Kompressionssyndrom (Synonym: Hypotensives Syndrom) – Schwangerschaftskomplikation, bedingt durch eine Kreislaufstörung der Mutter durch Druck des Kindes in der Gebärmutter auf die untere Hohlvene (Vena cava inferior) mit Behinderung des Blutflusses zum Herzen)
- Vorzeitige Plazentalösung
- Wehenanomalien (hypertone, unkoordinierte, anhaltende Uteruskontraktionen/Wehen)
- Ursachen für eine chronische Plazentainsuffizienz
- Überschreitung des Geburtstermins (z. B. bei Diabetes mellitus)
- Übertragung