Mutterkuchenschwäche (Plazentainsuffizienz) – Prävention

Zur Prävention der Plazentainsuffizienz (Mutterkuchenschwäche) muss auf eine Reduktion individueller Risikofaktoren geachtet werden.

Verhaltensbedingte Risikofaktoren

  • Ernährung
    • Mangelernährung – Erhöht das Risiko für eine unzureichende Plazentafunktion.
    • Mikronährstoffmangel (Vitalstoffe) – Besonders Defizite an Eisen, Folsäure und Antioxidantien [siehe Mikronährstofftherapie].
  • Genussmittelkonsum
    • Alkohol – Führt zu einer verminderten Plazentadurchblutung.
    • Tabak (Rauchen) – Nikotin reduziert die Sauerstoffversorgung der Plazenta.
    • Drogenkonsum
      • Cannabis und andere Drogen – Können die Plazentafunktion stark beeinträchtigen.
  • Körpergewicht
    • Übergewicht (BMI ≥ 25; Adipositas) – Führt zu einem erhöhten Risiko für plazentare Dysfunktionen.

Krankheitsbedingte Risikofaktoren

Die intensivierte Schwangerenvorsorge ermöglicht die frühzeitige Erkennung und Behandlung krankheitsbedingter Risikofaktoren:

  • Anämie (Blutarmut) – Reduziert die Sauerstoffversorgung der Plazenta.
  • Diabetes mellitus – Führt zu plazentaren Veränderungen und erhöht das Risiko für Wachstumsrestriktionen.
  • Herzerkrankungen – Beeinträchtigen die uteroplazentare Perfusion (Durchblutung).
  • Hypertonie (Bluthochdruck) und hypertensive Schwangerschaftserkrankungen
    • Präeklampsie, Eklampsie, HELLP-Syndrom – Führen zu Gefäßschäden und plazentarer Dysfunktion (Fehlfunktion des Mutterkuchens).
  • Nierenerkrankungen – Beeinträchtigen die uteroplazentare Durchblutung.
  • Systemischer Lupus erythematodes (SLE) – Erhöht das Risiko für entzündungsbedingte Plazentainsuffizienzen.
  • Röntgenstrahlen
    • Strahlenexposition – Kann die Plazentastruktur und -funktion beeinträchtigen.

Weitere Risikofaktoren

Akute Plazentainsuffizienz:

  • Nabelschnurkomplikationen – Knoten, Umschlingung oder Kompression.
  • Placenta praevia – Blutungen durch Fehllage der Plazenta.
  • Uterusruptur – Unterbrechung der uteroplazentaren Versorgung.
  • Vena-cava-Kompressionssyndrom – Störung des venösen Rückflusses durch Druck auf die Hohlvene.
  • Vorzeitige Plazentalösung – Plazentare Trennung vor der Geburt.
  • Wehenanomalien – Übermäßige oder unkoordinierte Uteruskontraktionen.

Chronische Plazentainsuffizienz:

  • Übertragung (Schwangerschaftsdauer > 42 SSW) – Reduzierte plazentare Effizienz.
  • Fetale Wachstumsrestriktion (FGR) – Assoziiert mit chronischer Plazentadysfunktion.

Präventionsfaktoren (Schutzfaktoren)

  • Pharmakotherapeutische Prävention

    • Acetylsalicylsäure (ASS) [1]
      • Dosis: 75-150 mg/die (üblich in Deutschland: 100 mg/die).
      • Beginn: Vor der 16. SSW bis zur 34.-36. SSW.
      • Effektivität: Reduktion von Präeklampsie und Plazentainsuffizienz.
    • Niedermolekulares Heparin (NMH)
      • Indikation: Zustand nach hypertonieinduzierter (Bluthochdruck-bedingte) Plazentainsuffizienz.
      • Dosis: Prophylaktische Dosierung.
  • Ernährung
    • Omega-3-Fettsäuren (DHA und EPA): Unterstützt die uteroplazentare Funktion.

Sekundärprävention

Ziel der Sekundärprävention ist die frühzeitige Erkennung und Behandlung von Risikofaktoren sowie die Verhinderung eines Fortschreitens der Plazentainsuffizienz.

  • Screening- und Überwachungsmaßnahmen
    • Regelmäßige Kontrolle des Blutdrucks – Früherkennung von Hypertonie oder Präeklampsie.
    • Doppler-Sonographie – Untersuchung der uteroplazentaren Durchblutung zur Erkennung von Durchblutungsstörungen.
    • Biometrie des Fetus – Ermittlung von Wachstumsparametern zur Identifikation einer fetalen Wachstumsrestriktion (FGR).
    • CTG (Kardiotokographie) – Überwachung der fetalen Herzfrequenz und Wehentätigkeit zur Erkennung von Stresssituationen.
  • Pharmakologische Interventionen
    • Progesteronsubstitution – Zur Stabilisierung der Schwangerschaft bei cervikaler Insuffizienz (Muttermundschwäche).
    • ASS (Acetylsalicylsäure) – Niedrig dosierte Therapie zur Reduktion des Präeklampsierisikos.
    • Niedermolekulares Heparin (NMH) – Prävention thrombotischer Komplikationen bei entsprechender Indikation.
  • Individuelle Beratung
    • Ernährungsberatung – Förderung einer ausgewogenen Ernährung mit Mikronährstoffen wie Folsäure und Eisen.
    • Stressmanagement – Maßnahmen zur Reduktion von chronischem Stress und Belastungssituationen.
  • Lebensstilinterventionen
    • Bewegung – Leichte, regelmäßige körperliche Aktivität zur Unterstützung der uteroplazentaren Durchblutung.
    • Rauchstopp-Programme – Unterstützung zur Tabakentwöhnung.

Tertiärprävention

Die Tertiärprävention umfasst Maßnahmen zur Optimierung der fetalen und maternalen Versorgung bei bereits eingetretener Plazentainsuffizienz, um Komplikationen zu minimieren und die Prognose zu verbessern.
  • Medizinische Interventionen
    • Antenatale Corticosteroidprophylaxe
      • Förderung der fetalen Lungenreife bei drohender Frühgeburt.
    • Neuroprotektion mit Magnesiumsulfat
      • Schutz vor neurologischen Schäden bei Frühgeburten.
    • Intravenöse Flüssigkeits- und Nährstoffgabe
      • Optimierung der maternalen und fetalen Versorgung bei schwerer Insuffizienz.
  • Monitoring und Notfallmanagement
    • Engmaschige Überwachung
      • Regelmäßige CTG- und Ultraschallkontrollen.
    • Vorbereitung auf eine frühzeitige Entbindung
      • Indikation zur Geburtseinleitung oder Kaiserschnitt bei Lebensgefahr für Mutter oder Kind.
  • Psychosoziale Unterstützung
    • Betreuung durch Perinatalzentren – Interdisziplinäre Versorgung für Hochrisikoschwangerschaften.
    • Psychologische Begleitung – Unterstützung bei emotionaler Belastung durch die Diagnose oder Frühgeburt.

Zusammenfassung

  • Primärprävention: Vermeidung von Risikofaktoren durch gesunde Lebensweise und frühzeitige Intervention.
  • Sekundärprävention: Überwachung und frühzeitige Behandlung von Risikopatientinnen zur Vermeidung von Komplikationen.
  • Tertiärprävention: Optimierung der Betreuung bei bereits bestehender Plazentainsuffizienz, um fetale und maternale Risiken zu minimieren.

Literatur

  1. Duley L, Henderson-Smart DJ, Meher S, King JF: Antiplatelet agents for preventing pre-eclampsia and its complications (review). Cochrane Database Syst Rev 2007; 2 CD 004659.
  2. Rath W., Fischer T.: Diagnostik und Therapie hypertensiver Schwangerschaftserkrankungen: Neue Ergebnisse für Praxis und Klinik. Dtsch Arztebl Int 2009; 106(45): 733-8; doi: 10.3238/arztebl.2009.0733

Leitlinien

  1. S2k-Leitlinie: Fetale Wachstumsrestriktion. (AWMF-Registernummer: 015 - 080), Oktober 2024 Langfassung