Libidostörungen der Frau – Medikamentöse Therapie

Therapieziel

Wiederherstellung der Libido

Therapieempfehlungen

Grunderkrankungen beziehungsweise bekannte Ursachen (Risikofaktoren) sollten vorrangig entsprechend behandelt werden.

Folgende Wirkstoffe können eingesetzt werden:

  • Soweit mehrfach ein subnormaler Testosteron-Serumspiegel nachgewiesen worden ist, ist eine Substitutionstherapie mit DHEA (Dehydroepiandrosteron) indiziert.
    In der Postmenopause kann aus diesen Gründen eine DHEA-Behandlung* (oral 5-25-(50) mg/Tag; zur vaginalen Anwendung von DHEA wird eine Dosierung von 6,25 mg/Tag empfohlen) angezeigt sein, wenn das Beschwerdebild eines postmenopausalen Androgenmangels – zum Beispiel Libidostörung – bestätigt werden kann. Die Umwandlung von DHEA zu Testosteron und Androstendion bei der Frau führt zu einer effektiven Substitution des fehlenden Testosterons.
    Der DHEAS-Serumspiegel sollte unter der Substitution mit DHEA bei mindestens 200 ug/dl erreichen.
  • Ggf. auch lokale Östrogentherapie der Scheide wg. trockener Scheide/urogenitaler Symptome (Beschwerden) im Klimakterium bzw. postmenopausal.
    Hierzu werden östrogenhaltige Cremes oder Scheidenzäpfchen – vorzugsweise Östriol – verwendet. Sie haben überwiegend nur eine lokale Wirkung direkt an der Vagina (Scheide; und keinen Effekt auf das Endometrium/Gebärmutterschleimhaut) und beheben Symptome wie Brennen, Juckreiz oder Überempfindlichkeit – z. B. beim Geschlechtsverkehr. 
  • Libidoverlust in der Peri- und  Postmenopause: ggf. Testosterontherapie (Off-label-use), wenn eine Hormonersatztherapie nicht wirksam ist [S3-Leitlinie].
    • Ggf. auch eine niedrigdosierte Testosteron-Therapie zur Therapie einer sexuelle Dysfunktion, charakterisiert durch den Mangel sexueller Fantasien und Aktivität (engl.hypoactive sexual desire disorder (HSDD); Dosierung: ein Zehntel der Dosierung für Männer; Therapieziel: ungefähr prämenopausale Testosteronkonzentrationen [5]
    • Ggf. auch Testosteronpflaster (niedrig dosiert) + Östrogentherapie
      Die Endocrine Society macht Vorschläge
      in einer Praxisleitlinie für einen Behandlungsversuch von postmenopausalen Frauen mit sexueller Dysfunktion aufgrund von vermindertem sexuellem Verlangen über 3-6 Monate; sie verweist auch darauf, das endogene Testosteronspiegel nicht das Ansprechen auf die Therapie vorhersagen können [1].
  • Siehe auch unter "Weitere Therapie".

Weitere Hinweise

  • DHEA zirkuliert im Blut als DHEA-Sulfat (DHEAS), sodass der DHEA-S-Serumspiegel bestimmt wird.
  • Der DHEAS-Spiegel im Serum ist am Morgen erhöht. Grundsätzlich sollten DHEAS-Serumspiegel deswegen bei Verlaufsmessungen immer zur selben Zeit – 11.00-12.00 Uhr – bestimmt werden. Des Weiteren sollten nach der morgendlichen DHEA-Einnahme mindestens 3-4 Stunden verstrichen sein, um reproduzierbare Werte zu erhalten.
  • FDA-Gutachter haben sich für die Zulassung von Flibanserin zur Behandlung von sexuellen Appetenzstörungen von Frauen („Hypoactive Sexual Desire Disorder“, HSDD) ausgesprochen [2], die Zulassung erfolgte daraufhin 2015.
    • Wirkung: Agonist am Serotonin-Rezeptor 5-HT1A,  Antagonist an 5-HT2A und am Dopamin-Rezeptor D4 verhält sich Flibanserin als ein schwacher Partialagonist.
    • Nur 10 % mehr Frauen unter Flibanserin als unter Placebo berichteten über eine bedeutsame Verbesserung des Sexualverlangens und des Geschlechtsverkehrs [3]
    • Indikationen: sexuelle Appetenzstörungen von Frauen („Hypoactive Sexual Desire Disor­der“, HSDD)
    • Kontraindikationen (Gegenanzeigen): Konsum von Alkohol, sowie die gleichzeitige Behandlung mit mäßigen oder starken CYP3A4-Inhibitoren. Patientinnen mit eingeschränkter Leberfunktion 
    • Laut der Fach­infor­mation darf Flibanserin nicht verordnet werden, wenn das HSDD durch medizinische oder psychiatrische Störungen verursacht wurde.
    • Dosierungshinweise: Einnahme abends wg. blutdrucksenkender Wirkung
    • Nebenwirkungen: häufig (>10 %): Müdigkeit, Nausea (Übelkeit) und Vertigo (Schwindel); gelegentlich (1-10 %) Angstzustände, Schlaflosigkeit, Mundtrockenheit, Abdominalschmerzen, Obstipation (Verstopfung), Nykturie (nächtliches Harnlassen), Palpitationen (Herzstolpern) und Stress.
      Des Weiteren kann Risiko einer Synkope (kurzzeitige Bewusstlosigkeit) unter Flibanserin sowie für Unfall- und Verletzung nach Einnahme von Flibanserin (wg. seiner sedierenden Nebenwirkungen) erhöht sein.
    • Eine Metaanalyse sieht nur geringe Wirkung von Flibanserin: Vorteil gegenüber Placebo (das ebenfalls eine Wirkung erzielte) in 0,5 bis 1 zusätzlichen sexuell befriedigenden Erlebnis pro Monat. Nebenwirkungen wie das Risiko von Blutdruckabfällen und Synkopen (kurzzeitige Bewusstlosigkeit), die vor allem Frauen mit Vorerkrankungen gefährlich werden könnten, sind in einer Risiko-Nutzen-Abwägung nicht tragbare Risiken [4].
  • Die FDA hat 2019 den Wirkstoff Bremelanotid als Vyleesi zugelassen. Es handelt sich dabei um einen Agonisten am Melanocortin-Rezeptor, der subkutan injiziert wird. Dieser soll Frauen mit der Libidostörung HSDD („hypoactive sexual desire disorder“) zu einem befriedigenden Sexualleben verhelfen.
    • Wirkweise: Agonist am Melancortin-Rezeptor
    • Dosierung: Nicht mehr als eine Dosis innerhalb von 24 Stunden und maximal 8 Dosen pro Monat
    • Kontraindikation (Gegenanzeigen): Frauen mit unkontrollierter Hypertonie (Bluthochdruck) oder kardiovaskulärer Erkrankung
    • Nebenwirkungen: Übelkeit nach der ersten Injektion (40 % der Frauen), dieses bewog 13 % zur Einnahme eines Antiemetikum (Mittel gegen Erbrechen); Kopfschmerzen; Hautrötung ("flush"); Bräunung des Zahnfleisches und Teile der Haut einschließlich des Gesichtes und der Brust (1 % der Prozent der Frauen
    • Erste Studienergebnisse sind wenig ermutigend: 5 % der Frauen in der Verumgruppe erreichten einen Anstieg von 1,2 Punkten oder mehr auf einem Score (1,2-6 Punkte), der die sexuelle Appetenz erfasste; mit Placebo erreichten 17 % eine solche Zunahme.

Supplemente (Nahrungsergänzungsmittel; Vitalstoffe)

Geeignete Nahrungsergänzungsmittel für den Energiestoffwechsel sollten die folgenden Vitalstoffe enthalten:

  • Vitamine (C, E, D3, B1, B2, Niacin (Vitamin B3), Pantothensäure (Vitamin B5), B6, B12, Biotin)
  • Mineralstoffe (Magnesium)
  • Spurenelemente (Kupfer, Mangan, Selen, Zink)
  • Weitere Vitalstoffe (Coenzym Q10 (CoQ10), L-Carnitin)

Beachte: Die aufgeführten Vitalstoffe sind kein Ersatz für eine medikamentöse Therapie. Nahrungsergänzungsmittel sind dazu bestimmt, die allgemeine Ernährung in der jeweiligen Lebenssituation zu ergänzen.

Für Fragen zum Thema Nahrungsergänzungsmittel stehen wir Ihnen gerne kostenfrei zur Verfügung.

Nehmen Sie bei Fragen dazu bitte per E-Mail – info@docmedicus.de – Kontakt mit uns auf, und teilen Sie uns dabei Ihre Telefonnummer mit und wann wir Sie am besten erreichen können.

Literatur

  1. Androgen Therapy in Women: A Reappraisal: An Endocrine Society Clinical Practice Guideline. doi: http://dx.doi.org/10.1210/jc.2014-2260
  2. FDA Briefing Document: Joint Meeting of the Bone, Reproductive and Urologic Drugs Advisory Committee (BRUDAC) and the Drug Safety and Risk Management (DSaRM). J Urol. 2015 Feb;193(2):623-5. doi: 10.1016/j.juro.2014.11.060
  3. American Urological Association: Re: FDA approves first treatment for sexual desire disorder. FDA News Release, August 18, 2015
  4. Jaspers L et al.: Efficacy and Safety of Flibanserin for the Treatment of Hypoactive Sexual Desire Disorder in Women A Systematic Review and Meta-Analysis. JAMA Intern Med. Published online February 29, 2016. doi:10.1001/jamainternmed.2015.8565
  5. Slomski A: Which Postmenopausal Women Should Use Testosterone for Low Sexual Desire? JAMA. Published online January 22, 2020. doi:10.1001/jama.2019.22070
  6. Peltonen HS et al.: Use of postmenopausal hormone therapy and risk of Alzheimer’s disease in Finland: nationwide case-control study. BMJ 2019; 364 doi: https://doi.org/10.1136/bmj.l665 (Published 06 March 2019)

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Peri- und Postmenopause - Diagnostik und Interventionen. (AWMF-Registernummer: 015-062), Januar 2020 Langfassung