Hirsutismus – Einleitung

Beim Hirsutismus handelt es sich um die vermehrte Terminalbehaarung (Langhaare) der Frau, gemäß dem männlichen Verteilungsmuster (androgenabhängig).

Synonyme und ICD-10: ICD-10-GM L68.0: Hirsutismus

Abgrenzung zu anderen Erkrankungen

  • Hypertrichose: Androgenunabhängige verstärkte Körper- und Gesichtsbehaarung ohne männliches Verteilungsmuster.
  • Virilisierung: Vermännlichung der Frau mit zusätzlichen männlichen Geschlechtsmerkmalen wie Klitorishypertrophie, androgenetischer Alopezie, erhöhter Libido, männlichen Körperproportionen und tiefer Stimme.

Charakteristische Laborbefunde

  • Testosteron
    • Erhöht: Ein erhöhter Testosteronspiegel kann auf eine ovarielle oder adrenale Hyperandrogenämie hinweisen, z. B. bei polyzystischem Ovarialsyndrom (PCOS) oder androgenproduzierenden Tumoren.
  • Freies Testosteron
    • Erhöht: Die Messung des freien Testosterons ist oft empfindlicher als das Gesamt-Testosteron und kann bei Verdacht auf Hirsutismus aufschlussreich sein.
  • Androstendion
    • Erhöht: Androstendion ist ein weiteres Androgen, das in den Eierstöcken und Nebennieren produziert wird. Erhöhte Werte können auf ein PCOS oder eine adrenale Ursache hinweisen.
  • Dehydroepiandrosteronsulfat (DHEAS)
    • Erhöht: Ein erhöhter DHEAS-Spiegel weist häufig auf eine Nebennierenrindenhyperplasie oder einen adrenalen Tumor (Nebennierentumor) als Ursache des Hirsutismus hin.
  • Luteinisierendes Hormon (LH) und Follikelstimulierendes Hormon (FSH)
    • Erhöhtes LH/FSH-Verhältnis: Ein LH/FSH-Verhältnis > 2:1 ist typisch für das PCOS, was eine der häufigsten Ursachen für Hirsutismus darstellt.
  • 17-Hydroxyprogesteron
    • Erhöht: Dieser Wert ist wichtig zum Ausschluss einer nicht-klassischen kongenitalen adrenalen Hyperplasie (CAH), insbesondere wenn eine Nebennierenrindenhyperplasie in Betracht gezogen wird.
  • Prolaktin
    • Erhöht: Ein erhöhter Prolaktinspiegel kann auf einen Prolaktinom hinweisen, das ebenfalls Hirsutismus verursachen kann.
  • Sexualhormon-bindendes Globulin (SHBG)
    • Erniedrigt: Ein erniedrigtes SHBG erhöht die Menge an freiem (biologisch aktivem) Testosteron und kann Hirsutismus fördern. Ursachen für niedrige SHBG-Spiegel können PCOS, Insulinresistenz oder exogene Androgenzufuhr sein.
  • Insulin
    • Erhöht: Hyperinsulinämie ist häufig bei PCOS-Patientinnen zu finden und kann über eine Reduktion des SHBG-Spiegels zu einem erhöhten freien Androgenspiegel beitragen.
  • Cortisol
    • Erhöht: Ein erhöhter Cortisolspiegel kann auf das Vorliegen eines Cushing-Syndroms hinweisen, das ebenfalls Hirsutismus verursachen kann.

Zusätzliche Untersuchungen

  • Ultraschall der Ovarien (Eierstöcke): Zur Diagnose des PCOS kann eine ovarielle Morphologie mittels Ultraschall untersucht werden (z. B. Nachweis polyzystischer Ovarien).
  • ACTH-Stimulationstest: Bei Verdacht auf adrenale Hyperplasie (Nebennierenhyperplasie) wird dieser Test zur Bestimmung von 17-Hydroxyprogesteron nach Stimulation durchgeführt.

Formen des Hirsutismus 

  • Idiopathischer Hirsutismus (ohne erkennbare Ursache; 90 % der Fälle):
    • Tritt oft familiär gehäuft auf.
    • Betroffene sind geschlechtsreife Frauen ohne Androgenisierungszeichen.
    • Definiert durch:
      • Normale oder nur leicht erhöhte Testosteronwerte.
      • Funktionsstörung der Haut mit erhöhter Empfindlichkeit der Androgenrezeptoren auf Testosteron.
      • Verstärkte Umwandlung von Androgenvorstufen in Androgene.
      • Reduzierte Produktion von Transporteiweißen (SHGB = Sexualhormonbindendes Globulin), wodurch mehr wirksames, freies Testosteron vorliegt.
  • Symptomatischer (sekundärer) Hirsutismus
    • Eine erkennbare Ursache ist vorhanden, wie zum Beispiel hormonelle Störungen oder Erkrankungen der Nebennieren oder Eierstöcke.

Epidemiologie

Häufigkeitsgipfel: Die Erkrankung zeigt sich meist erstmalig in der Pubertät. Ein Teil der betroffenen Frauen leidet insbesondere nach der Menopause (Wechseljahre der Frau) an einem idiopathischen Hirsutismus. 

Prävalenz (Krankheitshäufigkeit): 5-10 % der Frauen im geschlechtsfähigen Alter (in Deutschland). Der Damenbart tritt häufiger bei Frauen aus dem Mittelmeerraum und dem Orient auf.

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Idiopathischer Hirsutismus
    • Tritt häufig ohne erkennbare Ursache auf.
    • Beginnt meist in der Pubertät und kann sich im Laufe des Lebens verstärken, insbesondere nach der Menopause.
    • Betroffene Frauen haben oft keine weiteren Anzeichen einer Androgenisierung (Vermännlichung).
  • Symptomatischer Hirsutismus
    • Kann durch eine zugrunde liegende hormonelle Störung oder Erkrankung verursacht werden.
    • Die Behandlung der Grunderkrankung kann zu einer Besserung des Hirsutismus führen.

Prognose

  • Idiopathischer Hirsutismus
    • Langwierige symptomatische Therapie notwendig.
    • Maßnahmen wie Epilation oder Lasertherapie können das Erscheinungsbild verbessern.
  • Symptomatischer Hirsutismus
    • Kausale Behandlung möglich.
    • Die Behandlung der zugrunde liegenden Ursache kann zur Besserung oder Heilung führen.
  • Allgemein
    • Viele Frauen leiden psychisch unter ihrer maskulinen Behaarung.
    • Die Lebensqualität kann durch eine erfolgreiche Behandlung deutlich verbessert werden.

Leitlinien

  1. S2k-Leitlinie: Behandlung der Akne. (AWMF-Registernummer: 013-017), Dezember 2010 Langfassung