Gebärmutterhalsschwäche (Cervixinsuffizienz) – Operative Therapie
Eine prophylaktische Cerclage (operative Gebärmutterhalsumschlingung) erfolgt bei Schwangeren mit hohem Risiko für eine Frühgeburt aufgrund angeborener oder erworbener Faktoren, aber ohne aktuelle klinische Symptome [1-7].
Indikationen für eine prophylaktische Cerclage
- Angeborene Erkrankungen und Fehlbildungen:
- Fehlbildungen der Müllerschen Gänge (angeborene Uterusanomalien, z. B. Uterus bicornis)
- Mangel an elastischen Fasern oder Kollagenen, was die Stabilität der Cervix beeinträchtigt
- Erworbene Risikofaktoren:
- Zervikale Traumata (Verletzungen des Muttermundes)
- Geburtsverletzungen (Emmet-Riss, tiefe Dammrisse mit Cervixbeteiligung)
- Vorangegangene Konisation (chirurgische Entfernung eines Teils des Muttermundes), besonders bei Konusdurchmesser > 10 mm
- Überdehnung der Cervix durch instrumentelle Eingriffe:
- Vorangegangene intrauterine Operationen oder Schwangerschaftsabbrüche
- Zervikale Traumata (Verletzungen des Muttermundes)
- Belastende Schwangerschaftsanamnese (Risikokollektiv ohne akute Symptomatik)
- Zustand nach einer oder mehreren Frühgeburten
- Zustand nach einem oder mehreren Spätaborten
Therapeutische (sekundäre) Operation – Cerclage als Notfallmaßnahme
Eine therapeutische Cerclage wird durchgeführt, wenn bereits klinische Zeichen einer Cervixinsuffizienz vorliegen, um eine weitere Verkürzung des Gebärmutterhalses und eine drohende Frühgeburt zu verhindern.
Indikationen für eine therapeutische Cerclage
- Verkürzte Cervix (< 25 mm in der Magnetresonanztomographie (MRT) oder Sonographie)
- Eröffneter Cervikalkanal (> 1 cm Muttermundsöffnung)
- Fruchtblasenprolaps (Vorfall der Fruchtblase in den Cervikalkanal)
Wichtige Operationsverfahren
- Cerclage nach Shirodkar oder McDonald (unterschiedliche Techniken der Gebärmutterhalsumschlingung, ohne hier ins Detail zu gehen)
- Totaler Muttermundsverschluss:
- Frühzeitige Anwendung in der 12.-16. Schwangerschaftswoche bei habituellen Aborten (wiederholten Fehlgeburten ab der dritten spontanen Fehlgeburt)
- Zustand nach Frühgeburt mit unklarer Ursache
Evidenzlage zu operativen Maßnahmen
Die wissenschaftliche Datenlage zur Effektivität operativer Maßnahmen bei Cervixinsuffizienz ist begrenzt. Dennoch gelten folgende Erkenntnisse als gesichert:
- Therapeutische Cerclage (operative Umschlingung des Gebärmutterhalses):
- Bei Einlingsschwangerschaften mit Zustand nach Spätabort oder Frühgeburt und Cervixlänge < 25 mm vor der 24. Schwangerschaftswoche kann die Rate an Frühgeburten signifikant reduziert werden.
- Perinatale Morbidität und Mortalität (Neugeborenensterblichkeit und Krankheitsrate) bleiben jedoch vergleichbar mit der Kontrollgruppe.
- Höheres Risiko für mütterliche Komplikationen (Scheidenausfluss, Blutungen, Entzündungen, erhöhte Sectiorate).
- Notfallcerclage:
- Bei einer Muttermundsöffnung > 3 cm kann eine Cerclage die Schwangerschaft signifikant verlängern und das Risiko für Frühgeburten vor der 34. Schwangerschaftswoche reduzieren.
- Prophylaktische Cerclage:
- Ob ein totaler Muttermundsverschluss einer Cerclage überlegen ist, bleibt unklar, da valide Studien mit großen Fallzahlen fehlen.
- Alternative Maßnahmen zur operativen Cerclage:
- Vaginale Progesteronapplikation oder Cerclagepessar als mögliche Alternativen, da deren Ergebnisse nicht signifikant schlechter sind als die der operativen Maßnahmen.
Fazit
Die operative Cerclage (Gebärmutterhalsumschlingung) bleibt eine etablierte Therapieoption bei Cervixinsuffizienz, insbesondere bei Frühgeburtsrisiko mit Cervixverkürzung oder Spätaborten in der Vorgeschichte.
- Die Indikationsstellung bleibt komplex, da kontrollierte Studien fehlen und die Evidenzlage unzureichend ist.
- Alternative Maßnahmen wie Progesteron und Cerclagepessar gewinnen zunehmend an Bedeutung.
- Die individuelle Risikoabwägung bleibt essenziell, um Komplikationen zu minimieren.
Literatur
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