Drohende Frühgeburt – Operative Therapie

Die operative Therapie ist sowohl unter vorbeugenden als auch unter therapeutischen Aspekten umstritten, da der Nutzen bisher nicht eindeutig gesichert werden konnte. Es gibt jedoch zwei Operationsmethoden, die in bestimmten Fällen eingesetzt werden können:

Cerclage (Gebärmutterhalsumschlingung)

Diese operative Methode dient dazu, den Muttermund (unterer Teil der Gebärmutter) mit einer Naht zu stabilisieren, wenn sich dieser zu früh öffnet.

  • Indikationen (Anwendungsgebiete):
    • Frauen mit einer Einlingsschwangerschaft nach einer vorherigen spontanen Frühgeburt (Geburt vor der 37. Schwangerschaftswoche) oder einem späten Schwangerschaftsverlust (Fehlgeburt zwischen der 13. und 24. Schwangerschaftswoche).
    • Verkürzte Gebärmutterhalslänge unter 25 mm, festgestellt per Ultraschalluntersuchung.
    • Studien zeigen, dass die Cerclage in bestimmten Fällen die Rate an späten Fehlgeburten und extremen Frühgeburten verringern kann [2].

Totaler Muttermundsverschluss (TMMV, nach Saling)

Ein operatives Verfahren, das zur Vorbeugung einer Frühgeburt oder eines späten Schwangerschaftsverlusts bei Frauen mit belasteter Vorgeschichte angewendet wird. Dabei wird der Muttermund komplett verschlossen, um eine vorzeitige Öffnung zu verhindern.

  • Indikationen (Anwendungsgebiete):
    • Frauen mit einer Einlingsschwangerschaft, die bereits eine Frühgeburt oder einen späten Schwangerschaftsverlust hatten.
    • Laut aktueller medizinischer Leitlinie gibt es Hinweise darauf, dass diese Methode das Risiko einer erneuten Frühgeburt senken kann.

Wichtige Hinweise gemäß medizinischer Leitlinien

  • Präoperative Diagnostik (Untersuchung vor der Operation): Es wird empfohlen, vor dem Eingriff eine Untersuchung auf Infektionen im Genitalbereich durchzuführen.
  • Perioperative Maßnahmen (Maßnahmen während der Operation): Während des Eingriffs wird oft eine Antibiotikabehandlung verabreicht, um Infektionen zu verhindern.

Weitere Hinweise

  • Bei vorzeitigem Blasensprung in der 34. bis 36. Schwangerschaftswoche (SSW) plus sechs Tage: Die Studie „Preterm Prelabour Rupture Of Membranes near Term“ (PPROMT) zeigt Vorteile für das Abwarten (versus Entbindung) [1]:
    • Neonatalsepsis (systemische Infektion des Neugeborenen, die umgangssprachlich auch als Blutvergiftung bezeichnet wird; primärer Studienendpunkt): kein signifikanter Unterschied (3 % unter Abwarten vs. 2 % bei Entbindung)
    • Atemnotsyndrom (5 % vs. 8 % bei Entbindung)
    • Maschineller Beatmung (9 % unter Abwarten vs. 12 % bei Entbindung); die sofort entbundenen Kinder lagen durchschnittlich länger auf der Neugeborenen-Intensivstation (2 versus 4 Tage)
    • Ante- oder intrapartale (vor- und unter der Geburt) Blutungen (5 % unter Abwarten vs. 3 % bei Entbindung)
    • Fieber der Mutter (2 % unter Abwarten vs. 1 % bei Entbindung); mussten länger im Krankenhaus bleiben (6 vs. 5 Tage)

Hinweise zur Geburt

  • Spätes Abnabeln kann Hirnblutungen und Transfusionen bei Frühgeburten reduzieren. Dabei sollte das Ausstreichen der Nabelschnur jedoch insbesondere vor der 28. SSW unterbleiben, da dadurch vermehrt Hirnblutungen beschrieben worden sind [3].
  • Bei einem fetalen Geburtsgewicht kleiner 1.500 g und Schädellage ergibt sich kein Benefit für eine Sectio caesarea (Kaiserschnitt).

Literatur

  1. Morris J M et al.: Immediate delivery compared with expectant management after preterm pre-labour rupture of the membranes close to term (PPROMT trial): a randomised controlled trial. Lancet 2015, online 9. November; doi: 10.1016/S0140-6736(15)00724-2
  2. Alfirevic Z et al.: Cervical stitch (cerclage) for preventing preterm birth in singleton pregnancy. Cochrane Database of Systematic Reviews 2017;2017(6):CD008991
  3. Katheria A et al.: Association of Umbilical Cord Milking vs Delayed Umbilical Cord Clamping With Death or Severe Intraventricular Hemorrhage Among Preterm Infants. JAMA 2019;322(19):1877-86

Leitlinien

  1. S2k-Leitlinie: Prävention und Therapie der Frühgeburt. (AWMF-Registernummer: 015 - 025), Oktober 2022 Langfassung