Brustdrüsenschmerzen (Mastodynie) – Ursachen
Pathogenese (Krankheitsentstehung)
Die Mastodynie (Brustschmerzen mit Spannungsgefühl) bezeichnet schmerzhafte Spannungsgefühle in der Brust, die entweder zyklusabhängig (zyklische Mastodynie) oder zyklusunabhängig (non-zyklische Mastodynie, Mastalgie) auftreten können. Die genauen Mechanismen sind bislang nicht vollständig geklärt, aber es gibt mehrere pathogenetische Faktoren, die auf hormonelle oder strukturelle Ursachen hinweisen.
Zyklische Mastodynie
- Die zyklische Mastodynie tritt bevorzugt in der Lutealphase (Gelbkörperphase, zweite Hälfte des Menstruationszyklus) auf und bessert sich nach Einsetzen der Menstruation.
- Hormonelle Dysbalance (Ungleichgewicht der Hormone) – Ein relativer Hyperöstrogenismus (vermehrte Östrogenwirkung im Verhältnis zu Progesteron) führt zu einer Östrogen-induzierten Proliferation des Brustdrüsengewebes (verstärkte Gewebevermehrung der Brustdrüse), verstärkter Flüssigkeitseinlagerung (Ödembildung) und Schwellung, was das Spannungsgefühl und die Schmerzen verursacht.
- Erhöhte Prolaktinspiegel (gesteigerte Ausschüttung des milchbildenden Hormons) – Prolaktin (Hormon zur Steuerung der Milchproduktion in der Brustdrüse) kann das Brustgewebe zusätzlich stimulieren und zu verstärkter Mastodynie führen. Dies ist insbesondere bei Frauen mit Hyperprolaktinämie (erhöhte Prolaktinkonzentration im Blut, z. B. durch eine Störung der Hypophyse) relevant.
- Gewebliche Veränderungen (Veränderungen der Bruststruktur) – Eine verstärkte Stimulation der epithelialen und stromalen Komponenten (Drüsen- und Bindegewebsanteile der Brust) kann zu einer gesteigerten Sensitivität der Brust führen.
Non-zyklische Mastodynie (Mastalgie)
- Diese Form tritt unabhängig vom Menstruationszyklus (hormonunabhängig) auf und ist nicht mit hormonellen Schwankungen assoziiert.
- Häufiger betroffen sind peri- und postmenopausale Frauen (Frauen in den Wechseljahren oder danach), bei denen hormonelle Einflüsse zunehmend an Bedeutung verlieren.
- Muskuloskelettale Ursachen (Schmerzen aus dem Muskel- und Skelettsystem) – Schmerzen können durch Interkostalneuralgie (Nervenirritation zwischen den Rippen), Tietze-Syndrom (entzündliche Schwellung der Rippenknorpel) oder myofasziale Dysfunktionen (Schmerzen durch Muskelverspannungen und Faszienprobleme) verursacht werden.
- Nervenbedingte Ursachen (neuropathische Schmerzen) – Eine erhöhte Sensitivität oder Irritation von sensorischen Nervenfasern (schmerzleitenden Nervenbahnen der Brust) kann Mastodynie verstärken.
- Brustgewebsveränderungen (Veränderungen im Brustdrüsengewebe) – Fibrozystische Mastopathie (Verhärtung und Zystenbildung im Brustgewebe) oder fokale entzündliche Prozesse (lokale Entzündungen in der Brustdrüse) können zu Mastodynie führen.
- Medikamentöse Einflüsse (Nebenwirkungen von Arzneimitteln) – Die Einnahme von Hormonpräparaten (z. B. Östrogen- oder Progesterontherapie), Antidepressiva (stimmungsaufhellende Medikamente) oder Antihypertensiva (blutdrucksenkende Medikamente) kann Mastodynie als Nebenwirkung auslösen.
Zusammenfassung
- Die zyklische Mastodynie (zyklusabhängige Brustschmerzen) ist primär hormonell bedingt und geht mit einem relativen Hyperöstrogenismus (vermehrte Östrogenwirkung im Vergleich zu Progesteron) sowie möglicherweise erhöhten Prolaktinspiegeln (verstärkte Ausschüttung des milchbildenden Hormons Prolaktin) einher.
- Die non-zyklische Mastodynie (zyklusunabhängige Brustschmerzen) ist meist auf muskuloskelettale (muskulär-skelettale), neuropathische (nervenbedingte) oder medikamenteninduzierte (durch Arzneimittel ausgelöste) Ursachen zurückzuführen.
Ätiologie (Ursachen)
Biographische Ursachen
- Hormonelle Faktoren – Schwangerschaft; Stillphase; Prämenopause/Menopause (Wechseljahre)
Verhaltensbedingte Ursachen
- Ernährung
- Hoher Lipidanteil in der Nahrung – Frauen mit erhöhtem HDL- und LDL-Cholesterin haben ausgeprägtere Beschwerden als in einer Kontrollgruppe [1]. Eine Normalisierung der Beschwerden trat nach einer fettreduzierten Ernährung (Reduktion von 69 g auf 32 g) auf. Nach drei Monaten dieser fettarmen Diät kam es zu einer signifikanten Verringerung der Gesamtöstrogene (p<0,001), des Östrons (p<0,005) und des Östradiols (p<0,01) im Serum der Lutealphase (Gelbkörperphase). Die Spiegel von Progesteron, luteinisierendem Hormon und follikelstimulierendem Hormon blieben unverändert.[2].
- Genussmittel
- Schokolade, Tee und Kaffee: enthalten in hoher Konzentration Methylxantine. Diese sollen einen proliferativen Effekt haben, der zu zyklischer Veränderung des Brustdrüsengewebes führt.
- Tabak (Rauchen) [3]
Krankheitsbedingte Ursachen
Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten (E00-E90)
- Östrogenstimulus, nicht näher bezeichnet
- Hyperprolaktinämie (s.a. dazu unter der Krankheit Hyperprolaktinämie) ‒ zu hoher Prolaktinspiegel
- Hyperandrogenämie ‒ zu hoher Androgenspiegel
- Mangel an Schilddrüsenhormonen, nicht näher bezeichnet
- Progesteronmangel, nicht näher bezeichnet
Urogenitalsystem (Nieren, Harnwege – Geschlechtsorgane) (N00-N99)
- Prämenstruelles Syndrom (PMS) – tritt bei Frauen etwa vier bis vierzehn Tage vor der nächsten Periode auf und beinhaltet ein komplexes Bild unterschiedlicher Symptome und Beschwerden
Medikamente
- Hormone (Östrogene, Gestagene, Antiöstrogene)
- Gestagene (Gelbkörperhormone) – Progesteron, Dydrogesteron
- Antiöstrogene (Östrogenhemmer) – Tamoxifen, Raloxifen
- Aromatasehemmer (Enzymhemmer zur Reduktion von Östrogenen) – Letrozol, Anastrozol
- Mineralocorticoid-Rezeptorantagonisten (Aldosteronantagonisten, entwässernde und hormonmodulierende Wirkung)
- Spironolacton
- Eplerenon
- Dopaminagonisten (Hemmung der Prolaktinausschüttung bei Hyperprolaktinämie-bedingter Mastodynie)
- Bromocriptin
- Cabergolin
- Quinagolid
- Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI, antidepressiv und schmerzlindernd bei Mastodynie mit psychogener Komponente)
- Fluoxetin
- Sertralin
- Paroxetin
- Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR, entzündungshemmend und schmerzlindernd)
- Ibuprofen
- Naproxen
- Diclofenac
- Gamma-Aminobuttersäure (GABA)-Modulatoren (bei neuropathischen Schmerzen oder schwerer Mastodynie)
- Gabapentin
- Pregabalin
- Diuretika (Entwässerungsmittel zur Reduktion von Flüssigkeitseinlagerungen im Brustgewebe)
- Hydrochlorothiazid
- Indapamid
- Jod-Präparate (bei fibrozystischer Mastopathie mit Jodmangel)
- Kaliumjodid
- Molekulares Jod
Literatur
- Sharma AK et al.: Cyclical mastalgia--is it a manifestation of aberration in lipid metabolism? Indian J Physiol Pharmacol . 1994 Oct;38(4):267-71.
- Rose DP etal.: Effect of a low-fat diet on hormone levels in women with cystic breast disease. I. Serum steroids and gonadotropins J Natl Cancer Inst .1987 Apr;78(4):623-6.
- Ader DN et al.: Cyclical mastalgia: prevalence and associated health and behavioral factors J Psychosom Obstet Gynaecol . 2001 Jun;22(2):71-6. doi: 10.3109/01674820109049956.