Bluthochdruck in der Schwangerschaft (hypertensive Schwangerschaftserkrankungen) – Labordiagnostik

Laborparameter 1. Ordnung – obligate Laboruntersuchungen

  • Kleines Blutbild [Hämatokrit ↑, Thrombozyten ↓]
  • Entzündungsparameter – CRP (C-reaktives Protein) [HELLP-Syndrom: in bis zu 62 % der Fälle nachweisbar und nicht Folge einer Infektion]
  • Urinstatus inkl. Sediment, ggf. Urinkultur (Erregernachweis und Resistogramm, das heißt Austestung geeigneter Antibiotika auf Sensibilität/Resistenz) und Nachweis von Protein (Nachweis von Eiweiß)* [pathologisch: ≥ 300 mg/24 Stunden Protein]
  • Elektrolyte – Natrium, Kalium
  • Nierenparameter – Harnstoff, Kreatinin, ggf. Cystatin C bzw. Kreatinin-Clearance [Kreatinin: ≥ 0,9 mg/dl = 79,56 μmol/l]
  • Harnsäure (wichtiger Verlaufsparameter) [> 5,9 mg/dl = 350 μmol/l]
  • Leberparameter – Alanin-Aminotransferase (ALT, GPT), Aspartat-Aminotransferase (AST, GOT), Glutamat-Dehydrogenase (GLDH) und Gamma-Glutamyl-Transferase (Gamma-GT, GGT), alkalische Phosphatase, Bilirubin [Bilirubin ↑ (indirekt: > 1,2 mg/dl = > 20,5 μmol/l), GOT ↑, GPT ↑]
  • Laktatdehydrogenase (LDH) – Hämolyseparameter/vor allem zur Differenzierung einer Anämie (Blutarmut) oder bei Kardiomyopathien (Herzmuskelerkrankungen) [LDH ↑]
  • Gerinnungsparameter – PTT, Quick, Antithrombin III (AT-III), D-Dimer, Fibrinogen etc. [Quick ↓, PTT ↑, AT-III ↓, Fibrinogen ↓]
  • s. u. Präeklampsie-Screening

Laborparameter 2. Ordnung – in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Anamnese, körperlichen Untersuchung etc. – zur differentialdiagnostischen Abklärung

  • Haptoglobin (hämolytische Erkrankung: Erkrankung, die mit Auflösung von roten Blutkörperchen, den Erythrozyten, einhergeht) [bei 95-97 % der Schwangeren erniedrigt; sensitivster Parameter der Hämolyse]
    • Weitere Hämolyseparameter sind:
      • Nachweis von Fragmentozyten im peripheren Blutausstrich (54 bis 86 %)
      • Gesamtbilirubin erhöht (47-62 %)
  • Antiphospholipid-Antikörper – bei schwerer PE/HELLP-Syndrom vor der 34. SSW und ausgeprägter intrauteriner Wachstumsredartierung (IUGR
  • Plazenta-Wachstumsfaktor (placenta growth factor, PIGF) – Biomarker zur
    • Diagnosefindung einer "plazentaren Präeklampsie" [steigt bei einer normalen Schwangerschaft bis zur 33. Schwangerschaftswoche an] [1]
    • Risikobestimmung für Frühgeburten, Präeklampsie und Totgeburten mit einem Test in der 24. bis 28. Schwangerschaftswoche [Erhöhtes Risiko: 100 pg/ml in der 24. bis 28. Schwangerschaftswoche] [4]

Hinweis!
*Der Schweregrad der Proteinurie (erhöhte Ausscheidung von Eiweiß mit dem Urin) bestimmt nicht die Morbidität (Krankheitshäufigkeit) der Schwangeren. Bei einer Eklampsie kann in bis zu 34 % und beim HELLP-Syndrom in 5-15 % der Fälle eine Proteinurie fehlen!

Präventive Labordiagnostik

Präeklampsie-Screening

  • sFlt-1/PIGF-Quotient (sFlt-1: soluble fms-like tyrosine kinase-1; PlGF: placental growth factor; Bestimmung: im 2. und 3. Trimester/Schwangerschaftsdrittel)
    [
    SFlt-1/PlGF-Quotient: < 38 kann bei Schwangeren mit Verdacht auf eine Präeklampsie die Erkrankung für die nächsten vier Wochen mit hoher Sicherheit ausschließen; erhöhte Werte sind mit einem hohen Risiko für eine akute bzw. drohende Präeklampsie assoziiert] 
    Konsensbasierte Empfehlung: Ein Screening mit dem sFlt-1/PIGF-Quotienten bei allen Schwangeren soll aufgrund der geringen Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) und der nur sehr geringen Vorhersageraten nicht erfolgen.
  • Kongorot-Nachweis im Urin ["Kongophilie" des Urins → Präeklampsie] 
    Sensitivität (Prozentsatz erkrankter Patienten, bei denen die Krankheit durch die Anwendung des Tests erkannt wird, d. h. ein positives Testresultat auftritt) 80,2 Prozent; Spezifität  (Wahrscheinlichkeit, dass tatsächlich Gesunde, die nicht an der betreffenden Erkrankung leiden, im Test auch als gesund erkannt werden) 89,2 Prozent; der negative Vorhersagewert betrug 92,1 Prozent und die Genauigkeit 86,7 Prozent [2]
  • Troponin (hs-cTnL) – geht eng mit dem Risiko für eine spätere Präeklampsie einhergeht: Ein hs-cTnI-Cutoff-Wert von > 2,2 pg/ml nach 14 Wochen und > 2,6 pg/ml nach 26 Wochen hatte einen kombinierten 100 % negativen prädiktiven Wert für die Vorhersage einer schweren Präeklampsie bei Frauen mit hohem Vorrisiko; bei Frauen mit einem niedrigen Troponinspiegel trat trotz Risikofaktoren keine Präeklampsie auf [3].
  • Weitere biochemische Risikomarker: Pregnancy-associated plasma protein A (PAPP-A), placental growth factor (PIGF)

Legende

  • sFlt-1: soluble FMS-like tyrosine kinase-1 (anti-angiogenetische Faktor); leitet die Plazentarückbildung ein
  • PIGF: Placental Growth Factor; fördert Wachstum und Aufbau der Plazenta

Literatur

  1. Staff AC et al.: Redefining Praeeclampsia using placenta-derived biomarkers. Hypertension 2013, doi: 10.1161/HYPERTENSIONAHA.111.00250
  2. Rood KM et al.: Congo Red Dot Paper Test for Antenatal Triage and Rapid Identification of Preeclampsia. EClinicalMedicine, ISSN: 2589-5370, Vol: 8, Page: 47-56 Publication Year2019 doi:https://doi.org/10.1016/j.eclinm.2019.02.004
  3. Kosyakovsky L: Elevated hs-cTnL levels precede and predict pre-eclampsia Cardiology Now News & Views March 6, 2023
  4. Gladstone RA et al.: Midpregnancy Placental Growth Factor Screening and Early Preterm Birth JAMA Netw Open. 2024;7(11):e2444454. doi:10.1001/jamanetworkopen.2024.44454

Leitlinien

  1. S2k-Leitlinie: Hypertensive Erkrankungen in der Schwangerschaft (HES): Diagnostik und Therapie. (AWMF-Registernummer: 015-018), Juli 2024 Langfassung