Bakterielle Vaginose – Ursachen
Pathogenese (Krankheitsentstehung)
Die genaue Ursache der BV ist bis heute nicht abschließend geklärt. Es gibt jedoch verschiedene Risikofaktoren und theoretische Ansätze:
- Dysbiose der Vaginalflora: Ein Rückgang der H2O2-produzierenden Laktobazillen (z. B. Lactobacillus crispatus) führt zu einem Ungleichgewicht in der Vaginalflora. Die schützenden Laktobazillen werden durch eine übermäßige Vermehrung anderer, oft anaerober Bakterien (z. B. Gardnerella vaginalis, Atopobium vaginae) verdrängt.
- Risikofaktoren: Mehrfache Sexualpartner, ungeschützter Geschlechtsverkehr, intrauterine Verhütungsmittel (z. B. Spiralen), sowie die Anwendung von vaginalen Spülungen sind mit einem erhöhten Risiko für BV assoziiert.
- Immunologische und genetische Faktoren: Es wird vermutet, dass genetische Prädispositionen, wie Genpolymorphismen, sowie immunologische Faktoren eine Rolle spielen. Auch psychosozialer Stress und ein gestörter Immunschutz können zur Entstehung der BV beitragen.
- Mundflora: Zusammenhänge zwischen Parodontitis und BV werden diskutiert. Bei Parodontitis, einer bakteriellen Entzündung des Zahnhalteapparats, könnte eine gestörte Mundflora systemische Auswirkungen auf die Vaginalflora haben.
- Vitaminmangel: Ein Mangel an Vitamin B3 (Niacin) wird in der Literatur als möglicher zusätzlicher Faktor in der Entstehung von BV beschrieben.
Pathophysiologie
Die Pathophysiologie der bakteriellen Vaginose ist durch verschiedene, miteinander verknüpfte Mechanismen gekennzeichnet:
- Verminderte Laktobazillenpopulation: Laktobazillen, die H2O2 produzieren und so das vaginale Milieu gegen pathogene Keime schützen, werden vermindert. Dies führt zu einem Anstieg des vaginalen pH-Wertes über 4,5, was das Wachstum anaerober Bakterien begünstigt.
- Überwucherung anaerober Bakterien: Anaerobe Bakterien wie Gardnerella vaginalis, Prevotella, und Mobiluncus nehmen zu. Diese Bakterien produzieren Amine, welche für den charakteristischen fischartigen Geruch verantwortlich sind.
- Biofilm-Bildung: Eine der zentralen pathophysiologischen Eigenschaften der BV ist die Bildung eines bakteriellen Biofilms, insbesondere durch Gardnerella vaginalis. Dieser Biofilm schützt die Bakterien vor der Immunabwehr und antibiotischen Therapien, was die Erkrankung rezidivierend und therapieresistent macht. Der Biofilm ist bei Kolpitiden (Entzündungen der Scheide) nicht typisch.
- Keine klassische Entzündung: BV ist keine klassische Entzündung und wird deshalb nicht als Kolpitis oder Aminkolpitis bezeichnet. Das Fehlen einer deutlichen Entzündungsreaktion erklärt teilweise, warum Symptome wie Schmerzen oder Brennen oft fehlen.
Harnblase und andere Begleitfaktoren
- Mikroaspiration in die Harnblase: Es wird zunehmend anerkannt, dass bei vielen Frauen mit BV auch eine mitbeteiligte Harnblase vorliegt, was das Infektionsspektrum erweitert und zu rezidivierenden Blasenentzündungen beitragen kann.
Ätiologie (Ursachen)
Biographische Ursachen
- Frauen während der Geschlechtsreife
- Hormonelle Faktoren – Schwangerschaft
Verhaltensbedingte Ursachen
- Geschlechtsverkehr
- Wechsel von vaginalem zu analem oder oralem Geschlechtsverkehr – Begünstigt eine Verschiebung der vaginalen Mikrobiota (Gesamtheit aller Mikroorganismen der Scheide) durch potenziell pathogene Keime.
- Promiskuität
- Häufig wechselnde Geschlechtspartner – Erhöht das Risiko für vaginale Dysbiosen (Gleichgewichtsstörung der Scheide).
- Verwendung von Vaginalduschen
- Stört die natürliche Vaginalflora und fördert das Wachstum anaerober Bakterien.
- Hormonelle Dysbalance
- Veränderungen im Östrogenspiegel (z. B. durch hormonelle Verhütungsmittel oder in der Perimenopause) können die Schutzfunktion der Vaginalschleimhaut beeinträchtigen.
- Genussmittelkonsum
- Rauchen – Nikotin beeinflusst die lokale Immunabwehr und fördert Dysbiosen
Weitere Ursachen
- Liegendes Kupfer-IUD (Kupferspirale)
- Operative gynäkologische Eingriffe