Pseudoallergie – Anamnese

Die Anamnese (Krankengeschichte) stellt einen wichtigen Baustein in der Diagnostik der Pseudoallergie dar.

Familienanamnese

  • Gibt es in Ihrer Familie Personen mit bekannten Allergien, Unverträglichkeiten oder Überempfindlichkeitsreaktionen?
  • Bestehen genetisch bedingte Erkrankungen, die das Immunsystem, den Magen-Darm-Trakt oder die Haut betreffen (z. B. selektiver IgA-Mangel, Lupus erythematodes, rheumatoide Arthritis, Sjögren-Syndrom, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, Mukoviszidose, Neurodermitis, Psoriasis (Schuppenflechte))? 
  • Sind Autoimmunerkrankungen oder andere chronisch-entzündliche Erkrankungen bekannt (z. B. Diabetes mellitus Typ 1, Morbus Basedow, Vitiligo (Weißfleckenkrankheit), Zöliakie, Psoriasis (Schuppenflechte), Neurodermitis (atopisches Ekzem))?

Soziale Anamnese

  • Sind Sie beruflich oder privat regelmäßig bestimmten Chemikalien, Lebensmitteln oder Medikamenten ausgesetzt, die pseudoallergische Reaktionen auslösen könnten (z. B. Farb-, Konservierungsstoffe, Medikamente)?
  • Gibt es psychosoziale Belastungen oder Stressfaktoren, die Ihre Symptome verstärken oder auslösen könnten?

Aktuelle Anamnese/Systemanamnese (somatische und psychische Beschwerden)

  • Haben Sie Hautreaktionen wie Rötungen, Quaddelbildung (Nesselsucht), Schwellungen oder Juckreiz festgestellt?
  • Treten diese Beschwerden nach dem Verzehr bestimmter Lebensmittel, der Einnahme von Medikamenten oder Kontakt mit Substanzen auf?
  • Leiden Sie an Niesanfällen, verstopfter Nase oder chronischem Husten?
  • Tritt Atemnot im Zusammenhang mit bestimmten Nahrungsmitteln oder Medikamenten auf?*
  • Haben Sie nach dem Verzehr bestimmter Lebensmittel Beschwerden wie Bauchschmerzen, Blähungen, Übelkeit oder Erbrechen bemerkt?
  • Leiden Sie unter Stuhlunregelmäßigkeiten (Durchfall, Verstopfung) oder vermehrtem Druckgefühl im Bauchraum?
  • Haben Sie Herzklopfen, Herzrasen oder Blutdruckschwankungen festgestellt?
  • Haben Sie Kopfschmerzen oder Schwindel bemerkt, insbesondere nach dem Verzehr bestimmter Lebensmittel oder Getränke?
  • Leiden Sie unter einer allgemeinen Erschöpfung, Müdigkeit oder Konzentrationsstörungen?
  • Gibt es bestimmte Auslöser oder zeitliche Muster (z. B. saisonal, unmittelbar nach Mahlzeiten)?
  • Wann genau sind die Symptome erstmals aufgetreten?
  • Wie häufig und wie lange halten diese Beschwerden an?

Vegetative Anamnese inkl. Ernährungsanamnese

  • Verzehren Sie häufig Nahrungsmittel, die biogene Amine oder Zusatzstoffe enthalten?
    • Histamin: Käse, Rotwein, Fisch, geräucherte Fleischprodukte
    • Tyramin**: Hefe, Wurst, Himbeeren
    • Serotonin: Ananas, Bananen, Tomaten
    • Spermidin/Spermin: Getreidekeimlinge
  • Konsumieren Sie regelmäßig Lebensmittel mit Zusatzstoffen?
    • Farbstoffe: Tartrazin (E 102), Gelborange S (E 110)
    • Konservierungsmittel: Benzoate, Sulfite
    • Geschmacksverstärker: Glutamate
    • Süßstoffe: Sorbit (E 420), Mannit (E 421)
  • Rauchen Sie? Wenn ja, wie viele Zigaretten, Zigarren oder Pfeifen pro Tag?
  • Trinken Sie Alkohol? Wenn ja, welches Getränk bzw. welche Getränke und wie viele Gläser pro Tag?
  • Nehmen Sie Drogen? Wenn ja, welche Drogen und wie häufig pro Tag bzw. pro Woche?

Eigenanamnese

  • Vorerkrankungen:
    • Bestehen chronische Erkrankungen wie entzündliche Darmerkrankungen (z. B. Morbus Crohn, Colitis ulcerosa), Hauterkrankungen (z. B. Neurodermitis, Urtikaria (Nesselsucht) oder Atemwegserkrankungen (z. B. Asthma bronchiale)?
    • Gibt es Hinweise auf Stoffwechselerkrankungen oder andere Systemerkrankungen, die eine Überempfindlichkeit fördern könnten (z. B. Hyperurikämie/Gicht, Phenylketonurie, Diabetes mellitus (Typ 1 und Typ 2), Histaminintoleranz, chronische Nierenerkrankungen)?
  • Hatten Sie operative Eingriffe im Bereich des Verdauungstraktes oder andere relevante Operationen?
  • Sind bei Ihnen Allergien (z. B. gegen Medikamente, Lebensmittel, Insektenstiche) bekannt?

**Patienten mit Pseudoallergien reagieren häufig zudem auf Bestandteile (z. B. Farbstoffe) von Medikamenten: Der Azofarbstoff Tartrazin (E 102) und Gelborange S (E 110) wird häufig verschiedenen Arzneimitteln, auch Antiallergika, beigefügt.
Weitere Farbstoffe in Arzneimittel mit Allergierisiko sind:
Chinolingelb (E 104), Echtgelb (E 105) und Ponceau 4R (E 124)!
(Hinweis: diese Aufzählung ist nur exemplarisch!)

Medikamentenanamnese

Medikamentengruppen

  • Analgetika (Schmerzmittel, wie ASS (Acetylsalicylsäure))
  • Intravenöse Anästhetika – Medikamente, die zur Narkoseeinleitung und -führung eingesetzt werden
  • Kolloidale Plasmaersatzmittel (Infusionslösungen)
  • Lokalanästhetika – Medikamente, die zur regionalen Anästhesie gebraucht werden wie Lidocain
  • Muskelrelaxantien – Medikamente wie Mivacurium, die zur Muskelentspannung und während einer Narkose eingesetzt werden
  • Röntgenkontrastmittel

Medikamente, die Hemmer der DAO (Diaminoxidase) sind

  • Ambroxol
  • Aminoglykoside (Framycetin, Neomycin, Paromomycin)
  • Aminophyllin
  • Amitriptylin
  • Chloroquin
  • Clavulansäure
  • Dihydralazin
  • Gelatine (Plasmaexpander)
  • Metoclopramid
  • N-Acetylcystein
  • Isoniazid
  • Metoclopramid
  • Pentamidin
  • Pirenzepin
  • Promethazin
  • Verapamil

Nachfolgend aufgeführte nicht-steroidale Analgetika (NSAR) bzw. Antiphlogistika können bei Personen mit allergischer Disposition zusätzlich zu einer Histamin-Ausschüttung führen, sodass es zu einer verstärkten Histaminwirkung kommen kann:  

  • Acetylsalicylsäure 
  • Diclofenac
  • Indometacin
  • Flurbiprofen 
  • Ketoprofen
  • Meclofenaminsäure
  • Mefenaminsäure
  • Naproxen

Umweltanamnese

  • Chemikalien und Schadstoffe:
    • Sind Sie regelmäßig Reizstoffen wie Pestiziden, Schwermetallen oder Luftschadstoffen ausgesetzt?
    • Besteht Kontakt zu Mykotoxinen (Schimmelpilzgiften) oder Kunststoffweichmachern (Phthalaten)?

Unter "Lebensmittelzusatzstoffe" finden Sie eine Datenbank mit allen Stoffgruppen: Lebensmittelzusatzstoffe mit allergischen und/oder pseudoallergischen Potenzial sind dort entsprechend gekennzeichnet.   

Hinweis!
Bei der Suche nach dem Auslöser einer Pseudoallergie ist das Führen eines Ernährungstagebuchs hilfreich.

* Falls diese Frage mit "Ja" beantwortet worden ist, ist ein sofortiger Arztbesuch erforderlich! (Angaben ohne Gewähr)

Unsere Empfehlung: Drucken Sie die Anamnese aus, markieren Sie alle mit „Ja“ beantworteten Fragen und nehmen Sie das Dokument mit zu Ihrem behandelnden Arzt.