Sichelzellenkrankheit (Sichelzellenanämie) – Folgeerkrankungen

Im Folgenden die wichtigsten Erkrankungen bzw. Komplikationen, die durch eine Sichelzellenanämie (Sichelzellenkrankheit) mit bedingt sein können:

Atmungssystem (J00-J99)

  • Akutes Thoraxsyndrom (ATS) – lebensbedrohliches Krankheitsbild; Symptome: Fieber, Husten, Tachypnoe (> 20 Atemzüge pro Minute in Ruhe), Thoraxschmerz (Brustschmerzen), Leukozytose (Erhöhung der Anzahl von weißen Blutkörperchen im Blut) und pulmonale ("zur Lunge gehörig") Infiltrate
  • Pneumonie (Lungenentzündung)
  • Pulmonale Hypertonie (Lungenhochdruck)

Augen und Augenanhangsgebilde (H00-H59)

  • Orbita-Einblutungen – (Einblutungen in die Augenhöhle)
  • Proliferative Retinopathie ‒ mit Gewebewucherungen einhergehende Netzhauterkrankung

Blut, blutbildende Organe – Immunsystem (D50-D90)

  • Knochenmarkinsuffizienz ‒ Unfähigkeit des Knochenmarks, ausreichend Blutzellen zu produzieren

Haut und Unterhaut (L00-L99)

  • Ulcus cruris – Geschwür, welches am Unterschenkel (meist im unteren Drittel) lokalisiert ist

Herzkreislaufsystem (I00-I99)

  • Apoplex (Schlaganfall)
  • Hypoxischer Myokardschaden (durch Sauerstoffmangel entstandener Herzmuskelschaden)
  • Thrombosen

Infektiöse und parasitäre Krankheiten (A00-B99)

  • Bakterielle Infektionen bis hin zur Sepsis ("Blutvergiftung") ‒ durch häufige Milzinfarkte

Leber, Gallenblase und Gallenwege – Pankreas (Bauchspeicheldrüse) (K70-K77; K80-K87)

  • Leberinfarkte

Mund, Ösophagus (Speiseröhre), Magen und Darm (K00-K67; K90-K93)

  • Girdle-Syndrom (paralytischer Ileus (Darmverschluss durch Darmlähmung) durch Mesenterialinfarkte/Verschluss eines Darmgefäßes)
  • Ulcera duodeni (Zwölffingerdarmgeschwüre)
  • Vaso-okklusive Krisen (VOC), rezidivierende (wiederkehrende) – auch Schmerzkrisen genannt; diese können zu Organschädigungen oder einem Apoplex (Schlaganfall) führen

Muskel-Skelett-System und Bindegewebe (M00-M99)

  • Knochenmarksnekrosen → Schmerzkrisen
  • Osteoporose (Knochenschwund)
  • Wirbelkörper-Deckplatteneinbrüche
  • Wachstumsstörungen

Ohren – Warzenfortsatz (H60-H95)

  • Innenohrschwerhörigkeit
  • Tinnitus (Ohrgeräusche)

Psyche – Nervensystem (F00-F99; G00-G99)

  • Enuresis (Einnässen)
  • Neuro-psychiatrische Veränderungen ‒ durch Blutungen/Infarkte des zentralen Nervensystems bedingt

Symptome und abnorme klinische und Laborbefunde, die anderenorts nicht klassifiziert sind (R00-R99)    

  • Hämaturie (sichtbares Blut im Urin), schmerzlose – durch Papillennekrose
  • Proteinurie – erhöhte Ausscheidung von Eiweiß mit dem Urin
  • Vertigo (Schwindel)

Urogenitalsystem (Nieren, Harnwege – Geschlechtsorgane) (N00-N99)

  • Hposthenurie (verminderte Konzentrationsleistung der Nieren)
  • Nierenfunktionsstörungen bis zur Niereninsuffizienz (Nierenschwäche)
  • Priapismus – Erektion, die ohne sexuelle Stimulation > 4 h andauert; 95 % der Fälle ischämischer oder Low-flow-Priapismus (LFP), der sehr schmerzhaft ist; der LFP kann bereits nach 4 h zu irreversiblen Erektionsstörungen führen; Therapie: Blutaspiration und evtl. intrakavernöse (i.c.) Sympathomimetikainjektion (10 mg Etilefrin mit 10 ml 0,9 % NaCl verdünnt) sowie 1.000 IE Heparin; der "High-flow"-Priapismus (HFP) benötigt keine Sofortmaßnahmen
    Hinweis: Der Priapismus ist pathophysiologisch bedingt aufgrund der Hyperviskosität (Zähflüssigkeit) des Blutes, welche zu einer Aggregation (Anhäufung) von Leukämiezellen im Schwellkörper führt.

Weiteres

  • Organinfarkte, vor allem
    • Zentrales Nervensystem (ZNS)
    • Darm
    • Lunge
    • Milz
    • Niere
    • Knochen

Prognosefaktoren

Bei folgenden Faktoren kommt es häufig zu einem ungünstigen Verlauf:

  • Daktylitis ‒ Entzündung von Fingern bzw. Zehen
  • Hämoglobin-Wert < 7 g/dl
  • Leukozytose ‒ Erhöhung der Zahl der weißen Blutkörperchen