Renale Anämie – Einleitung

Die renale Anämie ist eine Form der Anämie (Blutarmut), die durch eine progrediente (fortschreitende) chronische Niereninsuffizienz (Nierenschwäche) oder andere Nierenerkrankungen verursacht wird. Das chronische Nierenversagen führt zu einer verminderten Produktion des Proteins Erythropoetin, welches die Erythropoese (Bildung von roten Blutkörperchen) anregt. Zudem ist die Lebensdauer der Erythrozyten (rote Blutkörperchen) verkürzt.

Synonyme und ICD-10: Anämie, renale; Anämie, renal; Nephrogenic anemia; renale Anämie (Erythropoetin-Mangel); ICD-10-GM D64.8: Sonstige näher bezeichnete Anämien

Die renale Anämie gehört zu den hyporegenerativen Anämien, d. h. es liegt eine Störung der Erythropoese (Bildung von reifen Erythrozyten aus hämatopoetischen Stammzellen des blutbildenden Knochenmarks) vor.

Charakteristische Laborbefunde

Typisch für eine renale Anämie sind folgende Laborbefunde:

  • Normochromasie: Normaler mittlerer Hämoglobingehalt pro Erythrozyt (MCH).
  • Normozytose: Normales mittleres Erythrozyteneinzelvolumen (MCV), klassifiziert die Anämie als normozytär normochrom.
  • Retikulozyten: Normal bis erniedrigt.
  • Erniedrigtes Erythropoetin: Aufgrund der eingeschränkten Nierenfunktion.
  • Weitere Laborparameter: Oft begleitet von erhöhten Kreatinin- und Harnstoffwerten, die auf die Niereninsuffizienz hinweisen.

Formen der renalen Anämie

Die renale Anämie kann je nach Schweregrad der Niereninsuffizienz und der verbleibenden Nierenfunktion variieren. Zu den typischen Formen gehören:

  • Leichte renale Anämie: Oft asymptomatisch in Ruhe, Symptome treten bei körperlicher Anstrengung auf.
  • Schwere renale Anämie: Symptome wie schnelle Ermüdung und Dyspnoe (Atemnot) auch in Ruhe, deutliche Einschränkung der Lebensqualität.

Der Schweregrad der Anämie steht meist in direktem Zusammenhang mit der Schwere der Niereninsuffizienz. Wird eine Dialyse ("Blutwäsche") oder eine Nierentransplantation erforderlich, liegt fast immer auch eine renale Anämie vor. Aber auch, wenn noch 20-50 % der Nierenfunktion erhalten sind, kann bereits eine renale Anämie nachgewiesen werden. 

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Männer und Frauen sind gleich häufig betroffen.

Häufigkeitsgipfel: Häufigkeit steigt mit zunehmendem Alter und Schweregrad der Niereninsuffizienz.

Prävalenz (Krankheitshäufigkeit): Ca. 60.000 Menschen in Deutschland leiden an terminaler Niereninsuffizienz (chronisches Nierenversagen mit höchstem Schweregrad).

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Leichte renale Anämie: In Ruhe meist asymptomatisch, Symptome treten bei körperlicher Anstrengung auf, z. B. schnelle Ermüdung und Dyspnoe (Atemnot).
  • Schwere renale Anämie: Symptome treten auch in Ruhe auf, was zu einer deutlichen Einschränkung der Lebensqualität führt.

Prognose

  • GFR-Verlust: Das Ausmaß der renalen Anämie korreliert mit dem Verlust der glomerulären Filtrationsrate (GFR).
  • Erhöhte Mortalität: Renale Anämie gilt als Risikofaktor für eine erhöhte Mortalität (Sterberate) bei Nierenpatienten.
  • Lebensqualität: Deutlich vermindert bei unbehandelter renaler Anämie.
  • Therapie: Die Verabreichung von Erythropoetin kann in den meisten Fällen die renale Anämie erfolgreich behandeln und die Symptome verbessern.