Morbus Werlhof – Einleitung

Beim Morbus Werlhof – umgangssprachlich Werlhof-Krankheit genannt – handelt es sich um eine Form der idiopathischen thrombozytopenischen Purpura (ITP). Die idiopathische thrombozytopenische Purpura bezeichnet eine Thrombozytopenie (Mangel an Blutplättchen < 150.000/μl), ohne dass eine Ursache erkennbar ist. Zudem ist die Überlebenszeit der Thrombozyten verkürzt, und im Blut der Betroffenen finden sich Antikörper gegen Thrombozyten.

Thesaurussynonyma und ICD-10: akute essentielle Thrombozytopenie; akute idiopathische Thrombozytopenie; chronische essentielle Thrombozytopenie; chronische idiopathische Thrombozytopenie; chronische idiopathische thrombozytopenische Purpura; Essentielle Thrombozytopenie; Evans-Syndrom; Hämorrhagische Purpura; Idiopathische Thrombozytopenie; Idiopathische thrombozytopenische Purpura; Morbus maculosus haemorrhagicus Werlhof; Morbus Werlhof; Purpura haemorrhagica; Thrombozytopenische Purpura; Thrombozytopenische Purpura idiopathica; Transfusionsrefraktäre essentielle Thrombozytopenie; Transfusionsrefraktäre idiopathische thrombozytopenische Purpura; Transfusionsrefraktäres Evans-Syndrom; Transfusionsrefraktäre Werlhof-Krankheit; Transfusionsrefraktäre Werlhof-Purpura; Werlhof-Purpura; Werlhof-Wichmann-Syndrom; ICD-10-GM D69.3: Idiopathische thrombozytopenische Purpura

Charakteristische Laborbefunde

  • Thrombozytenzahl
    • Stark verminderte Thrombozytenzahl (< 150.000/μl, oft < 30.000/μl)
  • Blutbild
    • Normale Erythrozyten- und Leukozytenzahl (rote und weiße Blutkörperchen)
    • Normale oder leicht erhöhte Megakaryozytenzahl im Knochenmark (Megakaryopoese gesteigert)
  • Gerinnungstests
    • Normalwerte bei Prothrombinzeit (PT), aktivierter partieller Thromboplastinzeit (aPTT) und Fibrinogen
  • Antikörpertests
    • Nachweis von Thrombozytenantikörpern (meist IgG) im Serum (z. B. mittels Durchflusszytometrie)
  • Weitere Tests
    • Erhöhtes Immunglobulin G (IgG)
    • Autoimmunitätstests (z. B. ANA, Antikörper gegen Thrombozytenmembran) können positiv sein

Diese Laborbefunde sind typisch für Morbus Werlhof, sollten aber in Kombination mit klinischen Symptomen wie Haut- und Schleimhautblutungen, Petechien (flohstichartige Hautblutungen) und Blutungsneigung interpretiert werden.

Formen des Morbus Werlhof

Nach der Verlaufsform kann die idiopathische thrombozytopenische Purpura unterteilt werden in:

Akute idiopathische thrombozytopenische Purpura (ITP)

  • Vor allem bei Kindern
  • In der Regel folgt ein Infekt des Atmungsapparats oder des Magen-Darm-Traktes
  • Selbstlimitierender Verlauf (hört von selbst auf)

Chronische idiopathische thrombozytopenische Purpura (ITP)

  • Betrifft vor allem Erwachsene
  • Häufig assoziiert mit Infektionen des Magens durch Helicobacter pylori
  • Dauer > 6 Monate

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis:

  • Akute Verlaufsform: Jungen und Mädchen sind gleichermaßen betroffen.
  • Chronische Verlaufsform: Verhältnis Männer zu Frauen beträgt 1 : 3.

Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen)

  • Ca. 6-8 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr (in Deutschland).

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Bei optimaler Therapie ist die Prognose der idiopathischen thrombozytopenischen Purpura bei Erwachsenen günstig.
  • Heilungsrate liegt bei 70-80 %.
  • Spontanheilungen sind besonders bei Kindern häufig.
  • Die Erkrankung kann häufig rezidivierend (wiederkehrend) auftreten.

Prognose

  • Letalität (Sterblichkeit) beträgt ca. 4 %, wobei die häufigste Todesursache intrazerebrale Blutungen (Hirnblutung im Hirngewebe selbst) sind.
  • Bei häufigen Rezidiven sollte eine Splenektomie (operative Entfernung der Milz) in Erwägung gezogen werden, obwohl auch danach Rezidive möglich sind.

Leitlinien

  1. S2k-Leitlinie: Immunthrombozytopenie im Kindes- und Jugendalter. (AWMF-Registernummer: 086 - 001), Oktober 2018 Langfassung