Milzriss (Milzruptur) – Operative Therapie
Die Behandlung der Milzruptur richtet sich nach der klinischen Gesamtsituation des Patienten und dem Schweregrad der Verletzung. In Abhängigkeit von der klinischen Gesamtsituation wird bei hämodynamisch stabilen Patienten zur Vermeidung eines Postsplenektomie-Syndroms (OPSI-Syndrom, engl. overwhelming postsplenectomy infection syndrome) eine konservative Therapie der Milzruptur bis einschließlich Schweregrad Typ 3 (s. u. "Klassifikation") angestrebt. Falls dabei eine Operation erforderlich ist, sollte diese Milz-erhaltend sein.
Die aktive Überwachung sollte für mindestens 24 Stunden auf einer Intermediate-Care- oder Intensivstation erfolgen.
Bei der konservativen Therapie der Milzruptur wird das Prinzip des nicht operativen Managements von parenchymatösen Organverletzungen im Kindesalter verfolgt. Dieses basiert darauf, dass Blutungen durch Selbstkompression im begrenzten abdominalen Raum sistieren können. Grundvoraussetzung für dieses Prozedere ist das suffiziente Monitoring der Vitalparameter (z. B. Herzfrequenz, Atemfrequenz, Blutdruck und Körpertemperatur) sowie eine engmaschige Kontrolle von Laborparametern und bettseitiger Sonographie (Ultraschall). An kreislauf- und gerinnungsstabilisierenden Maßnahmen werden Infusionen zum Ersatz von Flüssigkeitsverlusten und Transfusion von Blutprodukten durchgeführt. Des Weiteren ist die Gabe von Tranexamsäure (Arzneistoff zur Therapie und Prophylaxe von Blutungen aufgrund einer Hyperfibrinolyse) und der Einsatz von Katecholaminen (Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin) Bestandteil der Behandlung [1].
Operative Therapie
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Konservative Therapie bei hämodynamisch stabilen Patienten bis einschließlich Schweregrad Typ 3.
- Operative Therapie bei hämodynamischer Instabilität oder Schweregrad Typ 4–5.
- Milzerhaltende Operationen zur Vermeidung einer Splenektomie.
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
- Hämodynamische Instabilität trotz adäquater Volumentherapie.
- Organfragmentierung oder unkontrollierbare Blutung (Schweregrad 4–5).
- Begleitverletzungen, die eine sofortige Operation erfordern.
Operationsverfahren
Milzerhaltende Verfahren bei peripheren Rupturen:
- Übernähung der Milz
- Laser- oder Infrarotkoagulation (Wärmekoagulation)
- Anwendung von Fibrinkleber
- Gefäßligaturen (Gefäßunterbindungen)
- Organumspannendes resorbierbares Kunststoffnetz zur Kompression
- Ggf. Milzteilresektion (operative Entfernung eines Teils der Milz)
Splenektomie (operative Entfernung der gesamten Milz):
- Ultima Ratio bei schwerer Organfragmentierung (Schweregrad 4-5)
- Unkontrollierbare Blutungen trotz milzerhaltender Maßnahmen
Postoperative Nachsorge
- Intensive Überwachung der Vitalparameter für mindestens 24 Stunden auf einer Intermediate-Care- oder Intensivstation
- Engmaschige Kontrolle von:
- Herzfrequenz (Puls), Atemfrequenz (Atemzüge pro Minute), Blutdruck und Körpertemperatur
- Laborparametern (Hämoglobin (roter Blutfarbstoff), Hämatokrit (Anteil der festen Blutbestandteile), Gerinnungswerte, Entzündungsparameter)
- Bettseitiger Sonographie (Ultraschalluntersuchung) zur Überprüfung einer Nachblutung
- Kreislauf- und gerinnungsstabilisierende Maßnahmen:
- Flüssigkeitsersatz mittels Infusionen
- Transfusion von Blutprodukten bei relevanter Anämie (Blutarmut)
- Gabe von Tranexamsäure (Arzneistoff zur Therapie und Prophylaxe von Blutungen aufgrund einer Hyperfibrinolyse)
- Einsatz von Katecholaminen (Adrenalin, Noradrenalin, Dopamin) bei Bedarf
Mögliche Komplikationen
- Nachblutung oder Re-Ruptur (erneuter Riss)
- OPSI-Syndrom (1–5 % der Fälle; foudroyant verlaufende Sepsis (Blutvergiftung))
- Infektionen und Wundheilungsstörungen
- Thrombose- und Embolierisiko (Blutgerinnselbildung) durch veränderte Hämostase (Blutgerinnung)
- Einschränkung der Immunfunktion nach Splenektomie
Vergleich der Operationsmethoden
Methode | Technik | Vorteile | Nachteile |
---|---|---|---|
Milzerhaltende Verfahren | Übernähung, Koagulation, Fibrinkleber, Gefäßligaturen, Kunststoffnetz | Erhalt der Immunfunktion, keine lebenslange Infektionsprophylaxe notwendig, geringeres Risiko für OPSI | Höheres Risiko für Nachblutungen, nicht immer durchführbar |
Milzteilresektion (operative Entfernung eines Teils der Milz) | Entfernung eines Teils der Milz | Teilweiser Erhalt der Immunfunktion, reduziertes Infektionsrisiko | Eingeschränkte Indikation, Risiko für erneute Blutung |
Splenektomie (operative Entfernung der gesamten Milz) | Entfernung der gesamten Milz | Definitive Blutstillung, Vermeidung lebensbedrohlicher Blutverluste | Erhöhtes OPSI-Risiko, lebenslange Infektionsprophylaxe notwendig, erhöhtes Thromboserisiko |
Fazit
Die Therapie der Milzruptur richtet sich nach der Schwere der Verletzung und der hämodynamischen Stabilität des Patienten. Bei stabilen Patienten wird ein konservatives oder milzerhaltendes Vorgehen bevorzugt, um die Risiken einer Splenektomie zu vermeiden. Eine Splenektomie bleibt als Ultima Ratio bei schwerwiegenden Organzerstörungen oder unkontrollierbaren Blutungen erforderlich. Nach einer Splenektomie ist eine umgehende Pneumokokken-Impfung erforderlich, da das Risiko für das OPSI-Syndrom besteht.
Literatur
- Thelen S et al. Schockraummanagement bei traumatologischen Patienten. Anaesthesist 2019;68:49-66