Megaloblastäre Anämie – Anamnese

Die Anamnese (Krankengeschichte) stellt einen wichtigen Baustein in der Diagnostik der megaloblastären Anämie dar.

Familienanamnese

  • Gibt es in Ihrer Familie häufig Herzkreislauferkrankungen/Bluterkrankungen?

Soziale Anamnese

Aktuelle Anamnese/Systemanamnese (somatische und psychische Beschwerden)

  • Haben Sie Symptome wie eine allgemeine Leistungsminderung, Schwindel oder Herzrasen bemerkt?
  • Sind Ihnen gastroenterologische Symptome wie Zungenbrennen, Appetitlosigkeit oder Durchfälle aufgefallen?
  • Sind Ihnen Symptome, die das Nervensystem betreffen, wie Sensibilitätsstörungen, Muskelschwäche oder Vergesslichkeit aufgefallen?

Vegetative Anamnese inkl. Ernährungsanamnese

  • Ernähren Sie sich ausgewogen und abwechslungsreich?
  • Essen Sie regelmäßig Fleisch und Fleischprodukte?
  • Trinken Sie Alkohol? Wenn ja, welches Getränk bzw. welche Getränke und wie viele Gläser pro Tag?
  • Nehmen Sie Drogen? Wenn ja, welche Drogen und wie häufig pro Tag bzw. pro Woche?

Eigenanamnese inkl. Medikamentenanamnese

  • Vorerkrankungen (Herzkreislauferkrankungen; Bluterkrankungen)
  • Operationen
  • Allergien
  • Schwangerschaften

Medikamentenanamnese

Medikamenteninduzierte Ursachen eines B12-Mangels

  • Antikonvulsiva (z. B. Phenytoin, Phenobarbital, Primidon) – Beeinträchtigen die intestinale Absorption von Vitamin B12.
  • Chloramphenicol – Kann die Knochenmarksfunktion zusätzlich beeinträchtigen.
  • Colchicin – Hemmt die Zellteilung und stört die intestinale Resorption.
  • Distickstoffmonoxid (Lachgas) – Oxidiert Cobalamin irreversibel und macht es funktionell inaktiv.
  • H2-Rezeptorantagonisten (z. B. Ranitidin, Famotidin) – Verringern die Magensäuresekretion und behindern die Freisetzung von Vitamin B12 aus Nahrungsproteinen.
  • Methotrexat – Hemmt die DNA-Synthese; relevant im Rahmen kombinierter Folsäure-/B12-Mangelzustände.
  • Metformin – Beeinträchtigt die intestinale Aufnahme von Vitamin B12.
  • Neomycin – Antibiotikum, das die Resorption im Dünndarm hemmt.
  • Protonenpumpenhemmer (PPI) (z. B. Omeprazol, Pantoprazol) – Reduzieren die Magensäureproduktion und somit die Freisetzung von Vitamin B12 aus der Nahrung.
  • Pyrimethamin und Trimethoprim – Hemmen die Dihydrofolatreduktase und können kombinierte Folsäure- und Vitamin-B12-Störungen verstärken.

Medikamenteninduzierte Ursachen eines Folsäuremangels

  • Barbiturate (z. B. Phenobarbital) – Induzieren mikrosomale Leberenzyme und beschleunigen den Folsäuremetabolismus.
  • Carbamazepin – Antikonvulsivum; reduziert Plasmaspiegel von Folsäure durch beschleunigten Metabolismus.
  • Cholestyramin – Gallensäurebinder; kann auch fettlösliche Vitamine und Folsäure binden und so die Absorption hemmen.
  • Cycloserin – Antibiotikum; kann mit Folsäuremetabolismus interferieren (selten, aber dokumentiert).
  • Hydroxyurea (Hydroxycarbamid) – Zytostatikum; bei längerem Einsatz erhöhter Bedarf an Folsäure.
  • Isoniazid – Antituberkulotikum; hemmt indirekt die Umwandlung von Folsäure in aktive Formen.
  • Lamotrigin – Antiepileptikum; möglicherweise mit Störung der Folsäurehomöostase assoziiert.
  • Methotrexat – Dihydrofolatreduktase-Inhibitor; blockiert die Umwandlung von Folsäure zu Tetrahydrofolat.
  • Metformin – Kann zusätzlich zur Beeinflussung des B12-Stoffwechsels auch den Folsäurestatus negativ beeinflussen.
  • Nitrofurantoin – Harnwegsantibiotikum; bei Langzeiteinnahme in Einzelfällen mit Folsäuremangel assoziiert.
  • Pentamidin – Antiprotozoikum; hemmt indirekt den Folsäuremetabolismus.
  • Phenobarbital – siehe Barbiturate.
  • Phenytoin – Antikonvulsivum; reduziert intestinale Absorption und erhöht metabolische Inaktivierung von Folsäure.
  • Primidon – Prodrug von Phenobarbital; gleiches Wirkprofil bezüglich Folsäure.
  • Pyrimethamin – Antimalariamittel; potenter Dihydrofolatreduktase-Hemmer.
  • Sulfasalazin – Hemmt die intestinale Folsäureresorption, insbesondere bei CED-Patienten.
  • Triamteren – Kaliumsparendes Diuretikum; hemmt Dihydrofolatreduktase in vitro.
  • Trimethoprim – Hemmt selektiv die bakterielle und auch menschliche Dihydrofolatreduktase.

Anämie 

  • Antiprotozoika
    • Analogon des Azofarbstoffs Trypanblau (Suramin)
    • Pentamidin
  • Chelatbildner (D-Penicillamin, Trieethylentetramin-Dihydrochlorid (Trien), Tetrathiomolybdan)
  • Direkter Faktor Xa-Inhibitor (Rivaroxaban)
  • Immunsuppressiva (Thalidomid)
  • Januskinase-Inhibitoren (Ruxolitinib)
  • Monoklonale Antikörper – Pertuzumab
  • mTOR-Inhibitoren (Everolimus, Temsirolimus)
  • Neomycin
  • P-Aminosalicylsäure (Mesalazin)
  • Phenytoin [megaoblastäre Anämie]
  • Thrombininhibitor (Dabigatran)
  • Tuberkulostatika (Isoniazid, INH; Rifampicin, RMF; 
  • Virostatika
    • Nukleosid-Analoga (Ribavirin) [hämolytische Anämie]
    • NS5A-Inhibitoren (Daclatasvir)
    • Protease-Inhibitoren (Boceprevir, Telaprevir)

Aplastische Anämie

  • Allopurinol*
  • Alpha-Methyldopa*
  • Antibiotika – Medikamente wie Streptomycin*, Tetracyclin* oder Methicillin*
  • Antidiabetika – Tolbutamid und Chlorpropamid
  • Antihistaminika – Cimetidin
  • Antikonvulsiva – Carbomazepin
  • Carboanhydrasehemmer (CAH, CAI)Acetazolamid, Dichlorphenamid, Methazolamid
  • Chinidin*
  • Chloramphenicol
  • Colchicin
  • D-Penicillamin – Medikament, welches bei der Therapie der rheumatoiden Arthritis eingesetzt wird
  • Lithium*
  • Medikamente gegen Protozoen-Infektionen wie Chloroquin oder Mepacrin
  • Nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) – Phenylbutazon, Ibuprofen oder Acetylsalicylsäure (ASS)
  • Östrogene
  • Sedativa – wie Chlorpromazin* oder Meprobamat*
  • Sulfonamide
  • Tuberkulostatika (Isoniazid, INH)
  • Thyreostatika – wie Methylthiouracil oder Carbimazol
  • Zytostatika
    • Alkylanzien wie Chlorambucil oder Cyclophosphamid
    • Antimetaboliten wie Mercaptopurin, Fluorouracil oder Methotrexat
    • Mitosehemmer wie Vincristin oder Paclitaxel

Anmerkung: Bei den mit Stern (*) gekennzeichneten Medikamenten ist der Zusammenhang mit der aplastischen Anämie nur gering belegt.