Megaloblastäre Anämie – Einleitung

Die megaloblastäre Anämie ist eine Form der Anämie (Blutarmut), die durch einen Mangel an Vitamin B12 oder Folsäure bedingt ist. Diese Mängel führen zu einer Störung der DNS-Synthese, was die Zellteilung beeinträchtigt, ohne das Zellwachstum zu behindern. Dadurch entstehen weniger, aber größere und hyperchrome Erythrozyten (rote Blutkörperchen).

Synonyme und ICD-10: Alimentäre Folsäuremangelanämie; alimentäre Vitamin-B12-Mangelanämie; Anaemia perniciosa; Anaemia perniciosa progressiva idiopathica; Anämie, megaloblastäre; angeborene perniziöse Anämie; angeborener Intrinsic-Faktor-Mangel; B12-Mangelanämie; Folsäure-Anämie; Folsäuremangelanämie; Megaloblastäre alimentäre Anämie; Megaloblastäre Anämie; Megaloblastic anemia; Megalozytäre Anämie; perniziöse Anämie; Vitamin-B12-Mangelanämie; Vitamin-B12-Mangelanämie beim Vegetarier; Vitamin-B12-Mangelanämie durch Mangel an Intrinsic-Faktor; ICD-10-GM D53.1: Sonstige megaloblastäre Anämien, andernorts nicht klassifiziert; ICD-10-GM D51.-: Vitamin-B 12-Mangelanämie; ICD-10-GM D52.-: Folsäure-Mangelanämie 

Die megaloblastäre Anämie gehört zu den hyperregenerativen Anämien, d. h. sie ist gekennzeichnet durch eine kompensatorisch gesteigerte Erythropoese (Bildung von reifen Erythrozyten aus hämatopoetischen Stammzellen des blutbildenden Knochenmarks) mit peripherer Retikulozytose.

Charakteristische Laborbefunde

Der Mangel an Vitamin B12 führt zu einer Störung der DNS-Synthese, was die Zellteilung beeinträchtigt, aber das Zellwachstum nicht behindert. Dies führt zu folgenden charakteristischen Laborbefunden:

  • Verminderte Erythrozytenzahl (rote Blutkörperchen): Die Anzahl der Erythrozyten ist verringert, da die gestörte Zellteilung die Produktion von reifen Erythrozyten hemmt.
  • Erhöhter mittlerer Hämoglobingehalt (MCH ↑): Die Erythrozyten enthalten mehr Hämoglobin (mittlerer Hämoglobingehalt pro Erythrozyt), was als hyperchrom bezeichnet wird.
  • Erhöhtes mittleres Erythrozyteneinzelvolumen (MCV ↑): Die Erythrozyten sind wesentlich größer als normal (makrozytär).

Diese Befunde erklären, warum die megaloblastäre Anämie auch als makrozytäre hyperchrome Anämie bezeichnet wird.

Formen der Erkrankung

Vitamin-B12-Mangelanämie

  • Perniziöse Anämie (Morbus Biermer): Häufigste Form der Vitamin-B12-Mangelanämie, verursacht durch fehlenden Intrinsic-Faktor aufgrund von Magenschleimhautveränderungen (chronische Gastritis Typ A). Der Intrinsic-Factor ist notwendig für die Aufnahme von Vitamin B12 im terminalen Ileum (letzter Teil des Dünndarms).

Folsäuremangelanämie

  • Folsäuremangel: Kann durch unzureichende Zufuhr, Malabsorption oder erhöhten Bedarf entstehen.

Die perniziöse Anämie, auch bekannt als Morbus Biermer, ist die häufigste Unterform der Vitamin B12-Mangelanämie. Bei dieser Erkrankung wird der von den Parietalzellen des Magens gebildete Intrinsic-Factor (IF) aufgrund von Magenschleimhautveränderungen, wie bei einer chronischen Gastritis Typ A, nicht produziert. Der Intrinsic-Factor ist notwendig, damit Vitamin B12 (Cobalamin) aus der Nahrung einen Komplex bildet und so die Resorption (Aufnahme) des Vitamins im terminalen Ileum (letzter Teil des Dünndarms) ermöglicht.

Folsäuremangelanämie

Eine weitere Form der megaloblastären Anämie ist die Folsäuremangelanämie, die durch unzureichende Zufuhr oder Malabsorption von Folsäure verursacht wird.

Normale Blutspiegel

  • Normaler Folsäurespiegel im Blut: 3-15 ng/ml
  • Normaler Vitamin-B12-Blutspiegel: 200-900 pg/ml

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen.

Häufigkeitsgipfel: Die Erkrankung tritt vorwiegend im höheren Lebensalter auf.

Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen): Diese beträgt ca. 9 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr (in Deutschland).

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Frühes Stadium: Patienten können Symptome wie Müdigkeit, Schwäche, Blässe und neurologische Symptome wie Taubheitsgefühl in den Extremitäten oder Muskelschwäche entwickeln.
  • Fortgeschrittenes Stadium: Ohne Behandlung können die neurologischen Symptome fortschreiten und irreversibel werden.

Prognose

  • Behandlung der Grunderkrankung: Im Vordergrund steht die Identifikation und Behandlung der zugrunde liegenden Ursache des Vitamin-B12- oder Folsäuremangels.
  • Vitamin-B12-Substitution: Durch die rechtzeitige Gabe von Vitamin B12 können die meisten Symptome, einschließlich neurologischer Störungen, reversibel sein.
  • Langzeitüberwachung: Regelmäßige Überwachung und gegebenenfalls lebenslange Substitution von Vitamin