Hämolytische Anämie – Medikamentöse Therapie

Therapieziele

  • Ausgleich der Anämie
  • Heilung (s. u. Beta-Thalassämie)

Therapieempfehlungen

  • Die Therapie der hämolytischen Anämie richtet sich nach der jeweils zugrunde liegenden Störung.
  • In vielen Fällen werden zusätzlich Bluttransfusionen benötigt.
  • Siehe auch unter "Weitere Therapie".

Therapie eine akuten hämolytischen Krisen im Rahmen eines Transfusionszwischenfalls (Fehltransfusion im AB0-System):

  • Sofortiger Stopp der Transfusion
  • Symptomatische Therapie: Volumensubstitution, Gabe von Glucocorticoiden und Urinalkalisierung mit Natriumbicarbonat 
  • Ultima Ratio: Austauschtransfusion

Therapie der hereditären hämolytischen Anämie/von Erythrozytenmembrandefekten:

  • Neben der empfohlenen Splenektomie (operative Entfernung der Milz) sollte bei einer schweren Hämolyse auch eine Prophylaxe mit Folsäure durchgeführt werden.
    →  der Tagesbedarf liegt dann bei etwa 300-400 μg; Beim manifesten Folsäuremangel sollten 5-15 mg/d zugeführt werden
  • Vor der Splenektomie sollte eine Impfung gegen Pneumokokken und H. influenzae erfolgen.

Therapie der autoimmunhämolytischen Anämie durch Wärmeantikörper (engl. warm autoimmune hemolytic anemia, auch bekannt als wAIHA):

  • Glucocorticoide
    • Bei starker Hämolyse Therapie mit Prednisolon 1 mg/kg KG/d, nach Hb-Normalisierung (Hb = Blutfarbstoff) Ausschleichen der Dosis.
    • Bei Patienten, die darauf nicht ansprechen, kann eine Therapie mit Immunsuppressiva (Medikamente, welche die Funktionen des Immunsystems vermindern) oder die Gabe von Gammaglobulinen (Synonym: Immunglobulin G (IgG); Antikörper (Immunglobuline) der Klasse G, die vor allem gegen Viren und Bakterien wirken) indiziert sein.

Therapie der hämolytischen Anämie bei erwachsenen Patienten mit Kälteagglutinin-Krankheit (engl.: cold agglutinin disease; CAD):

  • Sutimlimab (humanisierter monoklonaler Antikörper, der C1s im klassischen Komplementweg selektiv hemmt; dadurch unterbindet der Antikörper die Aktivierung der Komplementkaskade im Immunsystem und hemmt die C1-aktivierte Hämolyse bei CAD)
  • Rituximab (humanisierter monoklonaler Antikörper gegen das CD 20-Oberflächenantigen): wird bei ca. 50 % der Patienten mit Kälteagglutinin- Krankheit.

Beachte: Bei Kälteagglutinin-Krankheit sollten Erythrozytenkonzentrate vor einer Transfusion erwärmt werden.

Therapie der hämolytischen Anämie im Rahmen einer Malaria

  • Artesunat gilt bei einer komplizierten, durch Plasmodium falciparum ausgelöst Malaria, als Therapie der Wahl.

Therapie der Thalassämie (Störungen der Hämoglobinbildung)

  • Bislang Heilung durch allogene Stammzelltherapie 
  • Gentherapie der Beta-Thalassämie; dabei werden die Stammzellen des Patienten genommen und vor der Infusion im Labor mithilfe von Lentiviren mit einer korrekten Version des Gens versehen.
    In einer Phase-II-Studie konnten nach einer Gentherapie 3 von 9 Patienten vollständig auf Bluttransfusionen verzichten; bei den anderen wurde die Zahl der Transfusionen deutlich vermindert (um 73 % in der gesamten Gruppe). Da die Therapien der Patienten mittlerweile 15 bis 42 Monate zurückliegen, sind die Chancen auf Heilung gut [1].
  • Luspatercept (Erythrozyten-Reifungs-Aktivator, das die Ausreifung der Erythrozyten im Spätstadium der Erythropoese fördern kann.). Indikationen: Erwachsene mit 
    • Anämie, die mit transfusionsabhängiger Beta-Thalassämie verbunden ist.
    • Anämie, die mit „non-transfusion dependent“ (NTD) Beta-Thalassämie verbunden ist.
    • transfusionsabhängiger Anämie aufgrund von myelodysplastischen Syndromen (MDS) mit Ringsideroblasten, mit sehr niedrigem, niedrigem oder intermediärem Risiko, die auf eine Erythropoetin-basierte Therapie nicht zufriedenstellend angesprochen haben oder dafür nicht geeignet sind.

Literatur

  1. Thompson AA et al.: Gene Therapy in Patients with Transfusion-Dependent β-Thalassemia. N Engl J Med 2018; 378:1479-1493 doi: 10.1056/NEJMoa1705342