Eisenmangelanämie – Operative Therapie

Die Eisenmangelanämie (Blutarmut durch Eisenmangel) kann als Folge chronischer Blutungen im Gastrointestinaltrakt (Magen-Darm-Trakt) auftreten. Eine chirurgische Therapie ist erforderlich, wenn konservative und endoskopische Maßnahmen nicht ausreichen oder eine gezielte Intervention zur Beseitigung der Blutungsquelle notwendig ist.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Therapierefraktäre Blutungen – Persistierende oder rezidivierende gastrointestinale Blutungen trotz konservativer und endoskopischer Maßnahmen.
  • Maligne Erkrankungen – Blutungen durch Magenkarzinom (Magenkrebs), Kolonkarzinom (Dickdarmkrebs) oder andere Tumoren des Gastrointestinaltrakts.
  • Blutungen bei entzündlichen Darmerkrankungen – Schwere, therapieresistente Fälle von Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa.
  • Angiodysplasien und Gefäßmalformationen – Rezidivierende Blutungen durch vaskuläre Fehlbildungen im Gastrointestinaltrakt.
  • Divertikelblutungen – Persistierende oder rezidivierende Blutungen aus Kolondivertikeln (Ausstülpungen der Dickdarmschleimhaut) trotz endoskopischer Therapie.
  • Peptische Ulzera – Komplizierte oder therapierefraktäre Ulkusblutungen (Blutungen aus einem Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwür), die nicht auf medikamentöse oder endoskopische Maßnahmen ansprechen.

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Instabile Patienten – Akute hämodynamische Instabilität (Kreislaufversagen), die eine sofortige intensivmedizinische Stabilisierung erfordert.
  • Hohe perioperative Risiken – Patienten mit schwerwiegenden kardiovaskulären oder pulmonalen Begleiterkrankungen.
  • Fehlende Lokalisation der Blutungsquelle – Unklare gastrointestinale Blutungen ohne eindeutigen Nachweis einer behandelbaren Läsion.

Operationsverfahren

Die chirurgische Behandlung richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache und der Lokalisation der Blutungsquelle.

  • Magen- und Duodenalblutungen (Zwölffingerdarmblutungen)

    • Resektion des Ulkus (Entfernung des Geschwürs) bei therapierefraktären peptischen Ulzera.
    • Vagotomie und Antrektomie (Durchtrennung des Nervus vagus mit Magenanteilentfernung) bei schweren Fällen mit wiederkehrender Blutung.
    • Gastrektomie (Magenentfernung, partiell oder total) bei Magenkarzinom oder schweren chronischen Blutungen.
  • Dünndarmblutungen

    • Segmentale Dünndarmresektion (Entfernung eines Dünndarmsegments) bei Angiodysplasien, Morbus Crohn oder Tumoren.
    • Strikturoplastik (Weitung verengter Darmabschnitte ohne Entfernung von Gewebe) als Alternative bei Morbus Crohn zur Vermeidung ausgedehnter Resektionen.
  • Kolonblutungen (Dickdarmblutungen)

    • Hemikolektomie oder subtotale Kolektomie (teilweise oder fast vollständige Entfernung des Dickdarms) bei therapierefraktären Divertikelblutungen oder Angiodysplasien.
    • Segmentresektion (Entfernung eines betroffenen Darmabschnitts) bei lokalisierter Pathologie, z. B. Kolonkarzinom oder blutenden Polypen.
    • Proktokolektomie mit ileoanaler Pouch-Anlage (Entfernung des gesamten Dickdarms mit Anlage eines Ersatzreservoirs aus Dünndarm) bei schwerer Colitis ulcerosa.

Postoperative Nachsorge

  • Laborkontrollen – Überwachung des Hämoglobinspiegels, Ferritin, Transferrinsättigung (Eisenbindungskapazität) und Entzündungsparameter.
  • Eisensubstitution – Intravenöse oder orale Eisengabe zur Auffüllung der Eisenspeicher.
  • Thromboseprophylaxe (Vorbeugung von Blutgerinnseln) – Gabe von niedermolekularem Heparin zur Vermeidung thromboembolischer Komplikationen.
  • Diätetische Anpassung – Optimierung der Ernährung zur Förderung der Eisenaufnahme und Heilung der Darmfunktion.

Mögliche Komplikationen

  • Postoperative Blutungen – Risiko für Nachblutungen nach Resektion oder Anastomoseninsuffizienz (Nahtundichtigkeit).
  • Anastomoseninsuffizienz – Erhöhtes Risiko insbesondere bei Darmresektionen.
  • Infektionen – Postoperative Wundinfektionen, intraabdominelle Abszesse oder Sepsis (Blutvergiftung).
  • Darmmotilitätsstörungen (gestörte Darmbeweglichkeit) – Verzögerte Magen- oder Darmentleerung, paralytischer Ileus (Darmverschluss durch Lähmung der Darmmuskulatur).
  • Mangelzustände – Nach ausgedehnten Resektionen mögliche Malabsorption (Aufnahmestörung) von Eisen, Vitamin B12 oder Folsäure.

Vergleich der Operationsmethoden

Methode Technik Vorteile Nachteile
Magenresektion Entfernung eines Teils des Magens Effektive Blutungskontrolle, Behandlung maligner Läsionen Risiko für Dumping-Syndrom, Vitamin-B12-Mangel
Segmentresektion Dünndarm Entfernung eines betroffenen Darmsegments Zielgerichtete Entfernung der Blutungsquelle Gefahr der Kurzdarmproblematik bei multiplen Resektionen
Hemikolektomie Entfernung einer Kolonhälfte Effektive Therapie bei Tumoren, Divertikeln oder Angiodysplasien Risiko für Anastomoseninsuffizienz, postoperative Diarrhö
Proktokolektomie mit ileoanaler Pouch-Anlage Entfernung des gesamten Dickdarms mit Pouchbildung Definitive Therapie bei Colitis ulcerosa Hohe Operationsmortalität, Risiko für Pouchitis (Entzündung des Dünndarmreservoirs)

Fazit

Die operative Therapie der Eisenmangelanämie infolge chronischer gastrointestinaler Blutungen ist eine effektive, aber oft ultima ratio Maßnahme. Die Wahl des Operationsverfahrens richtet sich nach der Ätiologie der Blutung und dem allgemeinen Zustand des Patienten. Eine sorgfältige präoperative Diagnostik sowie eine umfassende postoperative Nachsorge sind essenziell, um optimale Therapieergebnisse zu erzielen.