Eisenmangelanämie – Anamnese
Die Anamnese (Krankengeschichte) stellt einen wichtigen Baustein in der Diagnostik der Eisenmangelanämie dar.
Familienanamnese
- Gibt es in Ihrer Familie häufig Erkrankungen wie Anämie (Blutarmut), Stoffwechselstörungen oder Blutgerinnungsstörungen?
- Sind genetische Erkrankungen wie Thalassämie, Sichelzellanämie oder andere Hämoglobinopathien bekannt?
- Gibt es chronische Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes (z. B. Zöliakie, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen) in Ihrer Familie?
Soziale Anamnese
- Beruf:
- Welchen Beruf üben Sie aus? Gibt es körperliche oder psychische Belastungen?
- Arbeiten Sie körperlich stark belastend oder in Schichtarbeit?
- Gibt es Hinweise auf psychosoziale Belastungen oder Stress, die Ihre Gesundheit beeinträchtigen könnten?
Aktuelle Anamnese / Systemanamnese (somatische und psychische Beschwerden)
- Haben Sie Symptome wie:
- Leistungsminderung oder Konzentrationsstörungen?
- Müdigkeit, Erschöpfung oder Abgeschlagenheit?
- Kurzatmigkeit oder Herzklopfen bei Belastung?*
- Kopfschmerzen, Schwindel oder Ohnmachtsgefühle*?
- Schlafstörungen?
- Haben Sie Veränderungen an Haut, Haaren oder Nägeln bemerkt, z. B.:
- blasse Haut oder blasse Schleimhäute (z. B. an Mund oder Augenbindehäuten)?
- Mundwinkelrhagaden (Einrisse in den Mundwinkeln) oder Aphthen?
- brüchige Nägel oder Haarausfall?
- trockene, juckende Haut?
- Haben Sie weitere Symptome wie:
- Kälteempfindlichkeit oder kalte Hände und Füße?
- Muskelkrämpfe oder Schwächegefühl?
- Ungewöhnliche Essgelüste (z. B. auf Kreide, Erde oder Eis)?
- Verdauungsbeschwerden wie Durchfall, Verstopfung oder Magenschmerzen?
- Sind Ihnen Fieber, Nachtschweiß oder ungewollter Gewichtsverlust aufgefallen?*
- Seit wann bestehen diese Symptome? Geben Sie bitte eine zeitliche Reihenfolge und Entwicklung an.
- Haben Sie eine veränderte oder gesteigerte Monatsblutung (starke Menstruationsblutung)?
- Haben Sie Blut im Stuhl oder bemerken Sie häufige Nasen- oder Zahnfleischbluten?
Vegetative Anamnese inkl. Ernährungsanamnese
- Sind Sie Vegetarier oder Veganer?
- Ernähren Sie sich ausgewogen?
- Nehmen Sie regelmäßig eisenhaltige Nahrungsmittel zu sich? Beispiele:
- rotes Fleisch, Fisch, Innereien
- Hülsenfrüchte, Nüsse, grünes Blattgemüse
- eisenreiche Vollkornprodukte
- Haben Sie in letzter Zeit auf bestimmte Lebensmittelgruppen verzichtet?
- Treiben Sie regelmäßig Sport? Wenn ja, welchen und wie intensiv?
- Trinken Sie gerne Kaffee, schwarzen oder grünen Tee? Wenn ja, wie viele Tassen pro Tag
- Trinken Sie Alkohol? Wenn ja, welches Getränk bzw. welche Getränke und wie viele Gläser pro Tag?
Eigenanamnese inkl. Medikamentenanamnese
- Vorerkrankungen:
- Magen-Darm-Erkrankungen (z. B. Zöliakie, Gastritis (Magenschleimhautentzündung), chronisch-entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa)?
- Blutgerinnungsstörungen oder Gerinnungsprobleme (z. B. Hämophilie, Faktor-V-Leiden)?
- Tumorerkrankungen oder andere chronische Erkrankungen?
- Wurden bei Ihnen Operationen im Magen-Darm-Bereich durchgeführt (z. B. Magenbypass, Magenresektion)?
- Haben Sie regelmäßigen Blutverlust (z. B. durch häufige Blutspenden, Verletzungen, chronische Blutungen)?
- Haben Sie Allergien gegen bestimmte Nahrungsmittel oder Medikamente?
- Sind Sie aktuell schwanger oder planen eine Schwangerschaft?
Medikamentenanamnese
- Analgetika – NSAID (non-steroidal anti-inflammatory drug): z. B. Acetylsalicylsäure (ASS)* oder Nicht-ASS-NSAID (2-bis 4-fach erhöhter fäkaler Blutverlust) (Prävalenz der Eisenmangelanämie: 10-40 % %)
*Bei Senioren über 70 Jahre, die täglich 75 bis 100 mg Acetylsalicylsäure (ASS) einnehmen, finden sich häufig ein deutlicher Rückgang von Hämoglobin und Ferritin; im Vergelich zur Verumgruppe besteht ein um relativ 23,5 Prozent erhöhtes Risiko für eine Anämie [2]. - Antiprotozoika
- Analogon des Azofarbstoffs Trypanblau (Suramin)
- Pentamidin
- Chelatbildner (D-Penicillamin, Trieethylentetramin-Dihydrochlorid (Trien), Tetrathiomolybdan)
- Direkter Faktor Xa-Inhibitor (Rivaroxaban)
- Immunsuppressiva (Thalidomid)
- Januskinase-Inhibitoren (Ruxolitinib)
- Monoklonale Antikörper – Pertuzumab
- mTOR-Inhibitoren (Everolimus, Temsirolimus)
- Neomycin
- P-Aminosalicylsäure (Mesalazin)
- Protonenpumpenhemmer (Protonenpumpeninhibitoren, PPI; Säureblocker) – Patienten mit PPI-Dauertherapie sind öfter von Eisenmangel betroffen: dieses ist abhängig von Therapiedauer und Dosierung [1]
- Thrombininhibitor (Dabigatran)
- Tuberkulostatika (Isoniazid, INH; Rifampicin, RMF)
- Virostatika
- NS5A-Inhibitoren (Daclatasvir)
- Protease-Inhibitoren (Boceprevir, Telaprevir)
* Falls diese Frage mit "Ja" beantwortet worden ist, ist ein sofortiger Arztbesuch erforderlich! (Angaben ohne Gewähr)
Unsere Empfehlung: Drucken Sie die Anamnese aus, markieren Sie alle mit „Ja“ beantworteten Fragen und nehmen Sie das Dokument mit zu Ihrem behandelnden Arzt.
Literatur
- Tran-Duy A et al.: Use of proton pump inhibitors and risk of iron deficiency: a population based case-control study. J Intern Med 2018 Aug 23. doi: 10.1111/joim.12826
- McQuilten ZK et al.: Effect of Low-Dose Aspirin Versus Placebo on Incidence of Anemia in the Elderly A Secondary Analysis of the Aspirin in Reducing Events in the Elderly Trial Annals of Internal Medicine 20 June 2023 https://doi.org/10.7326/M23-0675