Blutungsneigung – Anamnese

Die Anamnese (Krankengeschichte) stellt einen wichtigen Baustein in der Diagnostik der erhöhten Blutungsneigung dar.

Familienanamnese

  • Gibt es in Ihrer Familie bekannte Blutgerinnungsstörungen oder eine Neigung zu vermehrten Blutungen (z. B. Hämophilie, von-Willebrand-Syndrom, Thrombozytopathien, Faktor-Mangelkrankheiten)?
  • Haben Familienmitglieder häufig blaue Flecken, Nasenbluten oder verlängerte Blutungen nach Verletzungen oder Operationen?
  • Gibt es familiäre Häufungen von Autoimmunerkrankungen oder Leukämien?
  • Sind in Ihrer Familie Gefäßerkrankungen wie Morbus Osler oder Bindegewebserkrankungen wie das Ehlers-Danlos-Syndrom bekannt?

Sozialanamnese

  • Welchen Beruf üben Sie aus?
  • Gibt es in Ihrem Umfeld Risikofaktoren für Infektionserkrankungen, die eine Blutungsneigung begünstigen könnten (z. B. Hepatitis, HIV)?
  • Haben Sie sich in letzter Zeit in Regionen aufgehalten, in denen Infektionen mit hämorrhagischen Viren vorkommen (z. B. Dengue, Ebola, Lassa-Fieber)?

Aktuelle Anamnese/Systemanamnese (somatische und psychische Beschwerden)

  • Liegen Haut- oder Schleimhautveränderungen vor? Falls ja:
    • Wo befinden sich diese?
    • Sind sie lokalisiert oder generalisiert?
    • Wie sehen sie aus (kleine punktförmige Blutungen, größere Flecken, flächige Blutungen, Hämatome)?
    • Sind sie schmerzhaft oder mit Juckreiz verbunden?
    • Gibt es begleitende Symptome wie Fieber, Abgeschlagenheit?*
  • Bekommen Sie leicht blaue Flecken, auch ohne erkennbare Ursache?*
  • Leiden Sie unter häufigem oder schwer stillbarem Nasenbluten?*
  • Haben Sie eine verlängerte oder verstärkte Regelblutung?
  • Kommt es zu unerklärlichen Zahnfleischblutungen oder blutenden Schleimhautreizungen?*
  • Haben Sie nach kleineren Verletzungen oder Operationen (z. B. nach einer Zahnentfernung) verlängerte oder verstärkte Blutungen bemerkt?*
  • Treten Gelenk- oder Muskelschwellungen auf, die auf innere Blutungen hindeuten könnten?*
  • Seit wann bestehen die Beschwerden, und haben sie sich verändert oder verstärkt?
  • Sind die Symptome plötzlich oder allmählich aufgetreten?
  • Gab es einen konkreten Auslöser für die Beschwerden (z. B. Infekt, Medikamentenwechsel, Trauma, neue Ernährungsgewohnheiten)?
  • Haben Sie Symptome eines Eisenmangels (z. B. Blässe, Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, brüchige Nägel, Haarausfall)?

Vegetative Anamnese inkl. Ernährungsanamnese

  • Haben Sie ungewollten Gewichtsverlust bemerkt? Geben Sie bitte uns Ihr Körpergewicht (in kg) und Ihre Körpergröße (in cm) an.
  • Haben Sie vermehrt Appetitlosigkeit?
  • Ernähren Sie sich ausgewogen?
  • Trinken Sie ausreichend?
  • Trinken Sie Alkohol? Wenn ja, welches Getränk bzw. welche Getränke und wie viele Gläser pro Tag?

Eigenanamnese

  • Vorerkrankungen:
    • Bluterkrankungen (z. B. Thrombozytopenie (zu niedrige Anzahl an Blutplättchen), Leukämien, aplastische Anämie, myelodysplastische Syndrome)?
    • Gefäßerkrankungen (z. B. vaskuläre Purpura, Morbus Osler, hämorrhagische Diathesen)?
    • Hormonelle Störungen (z. B. Cushing-Syndrom, Schilddrüsenfunktionsstörungen)?
    • Immunologische Erkrankungen (z. B. Lupus erythematodes, idiopathische thrombozytopenische Purpura)?
    • Lebererkrankungen (z. B. Leberzirrhose (Leberschrumpfung), Hepatitis, Fettlebererkrankung)?
    • Nierenerkrankungen (z. B. Niereninsuffizienz (Nierenschwäche), urämische Gerinnungsstörungen)?
    • Tumorerkrankungen (z. B. Leukämien, myeloproliferative Syndrome)?
  • Hatten Sie in der Vergangenheit größere Operationen oder Traumata?
  • Haben Sie eine Strahlen- oder Chemotherapie erhalten?
  • Wurden Sie gegen Infektionskrankheiten geimpft, die mit Blutbildveränderungen einhergehen können (z. B. MMR, Hepatitis B, COVID-19, Dengue)?

Medikamentenanamnese

  • Antibiotika – Cephalosporine (Cefriaxon, Ceftazidin, Cefuroxim) + Oral-Cephaosporine
  • Antikoagulantien (Heparin, Tinzaparin, Enoxaparin, Fondaparinux, rt-PA)
  • Omega-3-Fettsäuren (> 3 g pro Tag)

Thrombozytenfunktionsstörungen:

  • Antibiotika
    • Acylaminopenicillin + ß-Laktamase-Inhibitor (Piperacillin + Tazobactam, Amoxicillin + Clavulansäure, Ampicillin + Sulbactam)
    • Aminopenicillin (Amoxicillin, Ampicillin)
    • Benzylpenicillin (Penicillin G)
    • Cephalosporine (Cefalexin, Cefazolin, Cefepim, Ceftazidim, Ceftriaxon, Ceftriazon, Cefuroxim-Axetil, Loracarbef)
    • Penicillin (Piperacillin + Tazobactam, Penicillin G, Penicillin V)
    • Staphylokokkenpenicilline (Flucloxacillin)

Die gleichzeitige Einnahme von Antikoagulantien und Antibiotika führt zu einem erhöhten Blutungsrisiko!

Thrombozytopenie:

  • Antiepileptika (Valproinsäure/Valproat)
  • Antiprotozoenmittel (Pentamidin)
  • Heparin + HIT II (Heparin-induzierte Thrombozytopenie) – Argatroban, Danaparoid, Lepirudin
    • Unfraktioniertes Heparin (UFH): Auftreten von HIT II in ca. 3 % der Fälle
    • Fraktioniertes Heparin (NMH): Auftreten von HIT II in ca. 0,2 % der Fälle
  • Phosphodiesterase-III-Hemmer (Enoximon, Milrinon)
  • Thrombozytenaggregationshemmer (TAH): Clopidogrel, Prasugrel, Ticlopidin
  • Virostatika
    • Antisense-Oligonukleotid (Fomivirsen)
    • Nukleosid-Analoga (Cidofovir, Ganciclovir, Valganciclovir)
    • Sonstiges (Foscarnet)

Ein Anspruch auf Vollständigkeit besteht nicht!

* Falls diese Frage mit "Ja" beantwortet worden ist, ist ein sofortiger Arztbesuch erforderlich! (Angaben ohne Gewähr)

Unsere Empfehlung: Drucken Sie die Anamnese aus, markieren Sie alle mit „Ja“ beantworteten Fragen und nehmen Sie das Dokument mit zu Ihrem behandelnden Arzt.