Sehnerventzündung (Neuritis nervi optici) – Körperliche Untersuchung

Eine umfassende klinische Untersuchung ist die Grundlage für die Auswahl der weiteren diagnostischen Schritte:

  • Allgemeine körperliche Untersuchung – inklusive Blutdruck, Puls, Körpergewicht, Körpergröße; des Weiteren:
    • Inspektion (Betrachtung) 
      • Haut und Schleimhäute 
      • Gang 
      • Tremor (Zittern)
      • Extremitäten
  • Augenärztliche Untersuchung [wg. Symptome:
    • Augenbewegungsschmerz: Den Sehstörungen gehen meistens Schmerzen in der Augenregion voraus (92 % der Patienten), die wenige Tage bis Wochen andauern und betont bei Augenbewegungen auftreten; Zunahme der oft einseitigen Sehverschlechterung über Tage, wobei Lichtblitze oft durch Augenbewegungen provoziert werden; Besserung der Sehstörungen in 95 % der Fälle)
    • Periorbitale Schmerzen]
    Untersuchungsmaßnahmen:
    • Ophthalmoskopie (Augenspiegelung) – Der Augenhintergrund erscheint bei der Ophthalmoskopie unauffällig ("der (Augen-)Arzt sieht nichts und der Patient sieht nichts"); ggf. leichtes Papillenödem (Sehnervenpapille zeigt verwaschene Grenzen und eine leichte Vorwölbung; ein Drittel der Patienten) 
    • Visusbestimmung (Sehschärfebestimmung) [bei Optikusneuritis von "kein Lichtschein" bis 1,5; bei Zweidrittel der MS-Patienten < 0,5;  Normalbefund: 20-Jährige: 1,0-1,6, 80-Jährige: 0,6-1,0]
    • Swinging-flashlight-Test (SWIFT; Pupillen-Wechselbelichtungstest; Pupillenvergleichstest)  Routineuntersuchung mit der die Pupillenafferenz relativ schnell beurteilt werden kann (Afferenz = von der Peripherie zum Zentralnervensystem laufenden Nervenfasern).
      Durchführung: Im abgedunkelten Raum beleuchtet der Untersucher mit einer Stablampe nacheinander beide Pupillen von schräg unten für ca. 3 Sekunden. Dieser Vorgang wird etwa 4- bis 5-Mal wiederholt. Dabei wird beobachtet, ob eine Kontraktion der beleuchteten Pupille erfolgt und es wird die Geschwindigkeit und das Ausmaß der Kontraktion mit der Reaktion der kontralateralen Pupille verglichen. 
      SWIFT-Test Ergebnis: Das Kontraktionsverhalten beider Pupilllen ist beim Gesunden identisch. 
      Beim MS-Patienten zeigt sich, dass die Pupille im schmerzhaften Auge langsamer reagiert, es liegt ein relativer afferenter Pupillendefekt (RAPD) vor, was auf eine Läsion des Nervus opticus hindeutet.

    • Nachweis des "Pulfrich-Phänomens": Hin- und Herpendeln eines Gegenstandes parallel zur Gesichtsebene wird als Kreisbewegung wahrgenommen.
      Hinweis: Das 
      Pulfrich-Phänomen gilt als unspezifisch, da es auch bei Gesunden auftritt, wenn ein Auge mit einem Graufilter bedeckt wird.
  • Gesundheitscheck 

In eckigen Klammern [ ] wird auf mögliche pathologische (krankhafte) körperliche Befunde hingewiesen.

Weitere Hinweise

  • Uhthoff-Phänomen: eine nach körperlicher Anstrengung bedingte Temperaturerhöhung auftretende vorübergehende Verschlechterung der Sehschärfe. Das Phänomen ist spezifisch, tritt aber nur bei ca. der Hälfte der Patienten mit multipler Sklerose auf. Typische Auslöser sind Sport, heißes Duschen und Baden [1].

Literatur

  1. Park K, Tanaka K, Tanaka M: Uhthoff’s phenomenon in multiple sclerosis and neuromyelitis optica. Eur Neurol 2014; 72: 153-6