Netzhautablösung (Ablatio retinae) – Einleitung

Bei der Ablatio retinae – umgangssprachlich Netzhautablösung genannt – handelt es sich um eine teilweise oder ganze Ablösung der Neuroretina (innere Anteile der Netzhaut des Auges) von ihrer Versorgungsschicht, dem retinalen Pigmentepithel (Pars pigmentosa, RPE).

Synonyme und ICD-10: Ablatio retinae; Ablatio retinae bei Netzhautnekrose; Ablatio retinae bei Pseudoaphakie; Ablatio retinae bei Retinanekrose; Ablatio retinae durch Zug; Ablatio retinae exsudativa; Ablatio retinae exsudativa bei Tumor; Ablatio retinae mit Foramen retinae; Ablatio retinae mit Hufeisenforamen; Ablatio retinae mit multiplen Foramina; Ablatio retinae mit Netzhautdefekt; Ablatio retinae mit Orariss; Ablatio retinae mit Retinadefekt; Ablatio retinae mit Riesenriss (nicht Orariss); Ablatio retinae mit Riss; Ablatio retinae mit Rundloch; Ablatio retinae non sanata; Ablatio retinae ohne Netzhautdefekt; Ablatio retinae ohne Retinadefekt; Amotio retinae; Blessig-Ivanoff-Zyste; Entzündliche Ablatio retinae exsudativa; Foramen retinae; Hufeisenforamen; Hufeisenforamen der Retina; Hufeisenriss der Retina ohne Netzhautablösung; Hufeisenriss der Retina ohne Retinaablösung; Netzhautablösung mit Defekt; Netzhautablösung mit Netzhautriss; Netzhautablösung ohne Netzhautriss; Netzhautdefekt; Netzhautforamen; Netzhautfragment ohne Netzhautablösung; Netzhauthufeisenriss ohne Netzhautablösung; Netzhautloch; Netzhautpseudozyste; Netzhautriss; Netzhautriss ohne Netzhautablösung; Netzhautrundloch ohne Netzhautablösung; Netzhauttraktionsablösung; Parasitäre Netzhautzyste; Parasitäre Retinazyste; Persistierende Ablatio retinae nach Operation; Proliferative Vitreoretinopathie mit Netzhautablösung; Proliferative Vitreoretinopathie mit Retinaablösung; Retinaablösung; Retinaablösung mit Defekt; Retinaablösung ohne Retinariss; Retinadefekt; Retinaforamen; Retinafragment ohne Retinaablösung; Retinaloch mit Netzhautablösung; Retinaloch mit Retinaablösung; Retinaloch ohne Netzhautablösung; Retinaloch ohne Retinaablösung; Retinalzyste; Retinapseudozyste; Retinariss mit Netzhautablösung; Retinariss mit Retinaablösung; Retinariss ohne Retinaablösung; Retinarundloch ohne Retinaablösung; Retinaruptur; Retinoschisis; Retinoschisis mit Schichtforamen; Rhegmatogene Ablatio retinae; Rhegmatogene Amotio retinae; Rundforamen der Netzhaut; Rundforamen der Retina; Schisisablatio; Senile Retinoschisis; Seröse Ablatio retinae ohne Netzhautriss; Seröse Ablatio retinae ohne Retinariss; Seröse Netzhautablösung; Seröse Netzhautablösung ohne Netzhautriss; Seröse Retinaablösung; Seröse Retinaablösung ohne Retinariss; Traktionsablatio bei alter Ablatio retinae; Traktionsablatio der Netzhaut; Traktionsablatio der Retina; Traktionsablatio retinae; Traumatische Retinaruptur mit Netzhautablösung; traumatische Retinaruptur mit Retinaablösung; traumatische Retinaruptur ohne Ablösung; Uveales Effusionssyndrom; Zyste der Ora serrata; ICD-10-GM H33,-: Netzhautablösung und Netzhautriss

Eine Ablösung der Netzhaut stellt einen augenärztlichen Notfall dar!

Formen der Netzhautablösung

Man kann zwischen einer primären und sekundären (aufgrund anderer Erkrankungen) Form der Netzhautablösung unterscheiden.

Des Weiteren können die folgenden Formen der Ablatio retinae unterschieden werden:

  • Exsudative bzw. seröse Form (seröse Ablatio retinae): Netzhautablösung, die durch Eindringen von Flüssigkeit wie Blut oder seröse Flüssigkeit zwischen Netzhaut und Epithel bedingt ist.
  • Rhegmatogene Form (rhegmatogene Ablatio retinae): Netzhautablösung infolge eines Netzhautrisses.
  • Traktive Form (traktive Ablatio retinae): Netzhautablösung durch Zugwirkung, oft verursacht durch Narbenbildung auf der Netzhaut.
  • Tumorbedingte Form (tumoröse Ablatio retinae): Durch Tumore im Auge verursachte Netzhautablösung.

Am häufigsten ist die rhegmatogene (rissbedingte) Netzhautablösung, die beispielsweise durch einen Schlag auf das Auge verursacht werden kann. Eine Sonderform ist die Ablatio retinae falciformis congenita, die bei unreifen Neugeborenen auftreten kann.

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Männer sind häufiger betroffen als Frauen.

Häufigkeitsgipfel:
Die Erkrankung tritt vorwiegend zwischen dem 5. und 7. Lebensjahrzehnt auf.

Prävalenz
(Krankheitshäufigkeit): In Deutschland liegt die Prävalenz bei 0,4 %.

Inzidenz
(Häufigkeit von Neuerkrankungen): Die Inzidenz beträgt ca. 25 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr in Deutschland.

Verlauf und Prognose

Verlauf

Eine Netzhautablösung (Ablatio retinae) tritt auf, wenn die Netzhaut, die Nervenzellen und Photorezeptoren (Lichtrezeptoren) enthält, vom darunterliegenden Pigmentepithel (Versorgungsschicht der Netzhaut) getrennt wird. Diese Trennung verhindert die Versorgung der Netzhaut mit Nährstoffen und Sauerstoff, was zu einem irreparablen Funktionsverlust (dauerhafter Verlust der Sehfähigkeit) führen kann, wenn nicht schnell gehandelt wird.

  • Initiale Phase: Plötzliche Symptome wie Lichtblitze (Photopsien), das Auftreten von Schatten oder ein Schleier im Gesichtsfeld (Blickfeld). Diese Anzeichen deuten auf eine beginnende Netzhautablösung hin und erfordern sofortige ärztliche Abklärung.
  • Progression: Unbehandelt kann sich die Ablösung ausbreiten und mehr von der Netzhaut betreffen. Dies führt zu einem größeren Funktionsverlust und erhöht das Risiko irreversibler Schäden.
  • Dauer der Ablösung: Das Ausmaß des Funktionsverlustes hängt von der Dauer der Ablösung und dem Ausmaß der Netzhautablösung zum Zeitpunkt der Diagnosestellung ab. Je länger die Netzhaut abgelöst bleibt, desto größer ist das Risiko eines dauerhaften Schadens.
  • Operation: Wird die Netzhaut rechtzeitig operativ (chirurgisch) wieder angelagert, kann eine Besserung der Sehfähigkeit nach Wochen bis Monaten erzielt werden. Operative Methoden umfassen die Pneumatische Retinopexie (Luftblasen-Eingriff), Plomben-Operation (Silikonband-Eingriff) und Vitrektomie (Glaskörperentfernung), abhängig von der Art und Lage der Ablösung.
  • Spezialfälle: Eine Ablösung, die die Fovea centralis (Stelle des schärfsten Sehens) betrifft, führt zu dauerhaften Folgeschäden. Die Fovea centralis ist ein Bestandteil der Makula lutea (gelber Fleck) und enthält ausschließlich Zapfen (Farbseh-Zellen), die für das schärfste Sehen verantwortlich sind. Eine Ablatio retinae in diesem Bereich führt im Regelfall zu einer signifikanten Beeinträchtigung des zentralen Sehvermögens (zentrale Sehschärfe), was das Lesen, Erkennen von Gesichtern und andere feinmotorische Sehaufgaben stark beeinträchtigen kann.

Prognose

Die Prognose einer Netzhautablösung hängt von verschiedenen Faktoren ab:

  • Schnelligkeit der Diagnose: Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung sind entscheidend, um die Sehkraft zu erhalten. Je schneller die Ablösung erkannt und behandelt wird, desto besser sind die Chancen, das Sehvermögen wiederherzustellen.
  • Effektivität der Behandlung: Erfolgreiche chirurgische Wiederanlagerung (erneutes Anlegen) der Netzhaut kann das Fortschreiten der Krankheit stoppen und in vielen Fällen zu einer signifikanten Verbesserung der Sehfähigkeit führen.
  • Dauer der Ablösung: Die Prognose verschlechtert sich, je länger die Netzhaut abgelöst bleibt. Eine frühzeitige Wiederanlagerung ist entscheidend für die Erhaltung der Sehfunktion.
  • Betroffene Netzhautbereiche: Ablösungen, die die Fovea centralis (Stelle des schärfsten Sehens) betreffen, führen trotz erfolgreicher operativer Wiederanlagerung oft zu dauerhaften zentralen Sehverlusten. Die periphere Netzhaut (Randbereich der Netzhaut) hingegen kann sich besser erholen, sofern die Ablösung schnell behoben wird.
  • Langzeitprognose: Auch nach erfolgreicher Behandlung sind regelmäßige augenärztliche Kontrollen wichtig, um Rückfälle frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Einige Patienten können ein erhöhtes Risiko für erneute Ablösungen oder andere Netzhautprobleme haben.

Insgesamt ist die Prognose einer Netzhautablösung stark abhängig von der Schnelligkeit der Diagnose und der Effektivität der durchgeführten Behandlung. Regelmäßige augenärztliche Untersuchungen und eine schnelle Reaktion auf Symptome wie Lichtblitze (Photopsien), plötzliche Schatten oder ein Schleier im Gesichtsfeld (Blickfeld) sind entscheidend, um das Risiko von dauerhaften Sehschäden zu minimieren.