Altersabhängige Makuladegeneration – Strahlentherapie
Stereotaktische Strahlentherapie bei altersabhängiger Makuladegeneration
Die altersabhängige Makuladegeneration (AMD, Netzhauterkrankung im Alter) ist eine der häufigsten Ursachen für eine Sehverschlechterung bei älteren Menschen. Die feuchte Form dieser Erkrankung, auch neovaskuläre AMD (nAMD, krankhafte Gefäßneubildung in der Netzhaut) genannt, wird üblicherweise mit VEGF-Inhibitoren (Medikamente, die das Wachstum krankhafter Gefäße hemmen) behandelt. Diese werden als intravitreale Injektionen (Spritzen in das Augeninnere) verabreicht, was für Patienten oft belastend ist. Die stereotaktische Strahlentherapie (SRT, präzise Strahlenbehandlung der Netzhaut) könnte helfen, die Anzahl dieser Injektionen zu reduzieren und das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen.
Indikationen (Anwendungsgebiete)
Die stereotaktische Strahlentherapie (SRT) kann bei bestimmten Patienten mit feuchter AMD erwogen werden, insbesondere wenn:
- Die Erkrankung trotz regelmäßiger Injektionen aktiv.
- Eine hohe Anzahl an Spritzen erforderlich ist und die Belastung reduziert werden soll
- Kontraindikationen (Gegenanzeigen) für häufige Injektionen bestehen (z. B. Unverträglichkeiten oder Blutungsneigung durch Medikamente)
- Patienten eine zusätzliche nicht-invasive Behandlungsmethode.
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
Die stereotaktische Strahlentherapie (SRT) ist nicht für alle Patienten geeignet. Sie wird nicht empfohlen bei:
- Trockener AMD (geografische Atrophie, langsamer Netzhautverfall ohne Gefäßneubildung)
- Fortgeschrittene Narbenbildungen auf der Netzhaut
- Erkrankungen der Netzhautgefäße, die empfindlich auf Strahlen reagieren (z. B. bei Diabetes mellitus)
- Schwerer Linsentrübung (Katarakt), die die Strahlenbehandlung erschwert
Verfahrensbeschreibung
Die stereotaktische Strahlentherapie (SRT) nutzt gezielte Röntgenstrahlen, um die krankhaften Gefäße in der Netzhaut zu behandeln.
- Die Behandlung ist nicht-invasiv (kein operativer Eingriff notwendig)
- Ein robotergesteuertes Gerät richtet drei feine Strahlen auf die betroffene Stelle der Netzhaut
- Die Bestrahlung erfolgt einmalig und dauert etwa 20 Minuten
- Die Strahlendosis liegt zwischen 16 und 24 Gray (Maßeinheit für Strahlendosis)
Therapiedurchführung
Die Behandlung erfolgt ambulant und folgt einem klaren Ablauf:
- Bildgebung zur genauen Planung – Vor der Therapie werden Aufnahmen mit einer Optischen Kohärenztomographie (OCT, hochauflösende Netzhautuntersuchung) oder einer Fluoreszenzangiographie (Gefäßdarstellung der Netzhaut) durchgeführt.
- Exakte Positionierung des Patienten – Der Kopf wird für die Bestrahlung fixiert, um eine präzise Strahlführung zu gewährleisten.
- Durchführung der Strahlentherapie – Die drei Strahlen werden in einer einzigen Sitzung auf die Makula (Punkt des schärfsten Sehens) ausgerichtet.
- Nachkontrollen – Regelmäßige Untersuchungen per OCT zur Beurteilung des Therapieerfolgs.
Erfolgsaussichten und Ansprechraten
Die bisherigen wissenschaftlichen Studien zeigen vielversprechende Ergebnisse:
- STAR-Studie (2024) – Patienten benötigten nach einer einmaligen SRT 22 % weniger VEGF-Injektionen, ohne dass ihre Sehschärfe schlechter wurde [2].
- INTREPID-Studie – Bestätigte ähnliche Ergebnisse, stellte jedoch häufiger kleine Gefäßveränderungen auf der Netzhaut fest, die jedoch keinen Einfluss auf das Sehen hatten.
- Langzeitergebnisse – Lassen vermuten, dass die SRT bei bestimmten Patienten die Krankheitsaktivität langfristig reduzieren kann.
Vergleich mit alternativen Verfahren
Die SRT stellt eine Ergänzung zur Standardtherapie dar. Im Vergleich mit anderen Methoden zeigen sich folgende Vor- und Nachteile:
Methode | Technik | Vorteile | Nachteile |
---|---|---|---|
VEGF-Injektionen (Standardtherapie) | Wiederholte Spritzen ins Auge | Sehr wirksam, schnelle Wirkung | Hohe Anzahl an Injektionen, Kosten, Belastung für Patienten |
SRT (stereotaktische Strahlentherapie) | Einmalige Strahlenbehandlung | Reduziert Injektionshäufigkeit, schmerzfrei | Langfristige Wirkung nicht vollständig erforscht, mögliche Gefäßveränderungen |
Photodynamische Therapie (PDT, Laserbehandlung mit Medikamenten) | Gezielte Gefäßverödung mit Laser | Kann Gefäßwucherungen vermindern | Geringere Wirksamkeit als VEGF-Inhibitoren, nicht für alle Patienten geeignet |
Fazit
Die stereotaktische Strahlentherapie (SRT) ist eine vielversprechende zusätzliche Behandlungsmöglichkeit für Patienten mit feuchter AMD. Studien zeigen, dass sie helfen kann, die Anzahl der notwendigen Injektionen zu reduzieren, ohne die Sehfähigkeit zu beeinträchtigen. Die STAR-Studie (2024) belegt eine 22-prozentige Verringerung der Injektionshäufigkeit, wobei die beobachteten Gefäßveränderungen keine negativen Auswirkungen hatten. Dennoch sind weitere Langzeitstudien erforderlich, um die Sicherheit und Wirksamkeit dieser Methode langfristig zu bestätigen.
Literatur
- Rote-Hand-Brief zu Beovu® vom November 2021
- Jackson TL et al.: Stereotactic radiotherapy for neovascular age-related macular degeneration (STAR): a pivotal, randomised, double-masked, sham-controlled device trial The Lancet, 2024;404(10447):44-54