Hervortreten der Augen (Exophthalmus) – Medikamentöse Therapie

Therapieziel

  • Bei Vorliegen eines Morbus Basedow: Erreichen einer euthyreoten Stoffwechsellage (= Schilddrüsenwerte im Normbereich)

Therapieempfehlungen

  • Bei Vorliegen eines Morbus Basedow: s. u. Morbus Basedow/medikamentöse Therapie
  • Bei Fortschreiten der Orbitopathie (immunologisch bedingte Entzündung des Orbitainhalts/hervorstehende Augen) trotz euthyreoter Stoffwechsellage → hochdosierte Therapie mit Glucocorticoiden (Prednisolon/Methylprdnisolon); in seltenen Fällen ggf. retrobulbäre Radiatio
  • Der monoklonale Antikörper Teprotumumab könnte das erste wirksame Medikament zur Behandlung des Exophthalmus (Vorwölbung des Augapfels) beim Morbus Basedow sein. Der Antikörper bindet am Rezeptor für den Insulin-ähnlichen Wachstumsfaktor 1 (IGF-1), der die Proliferation von Fibroblasten in der Augenhöhle fördert [1].
    • In einer Phase-III-Studie konnte der Wirkstoff zu einem deutlichen Rückgang des Exophthalmus und der Doppelbilder (Diplopie) bei Patienten mit endokriner Orbitopathie führen [2].
    • Bei 81,5 % der Behandelten (22 von 27) fanden sich otologische Symptome/Gehörschädigungen, die im Mittel von 8,3 Monaten bei etwa der Hälfte der Patienten (55 Prozent) bestehen bleiben [4]
  • Bei milder endokriner Orbitopathie:
    • trockene Augen → tagsüber künstliche Tränen und Nachtsbefeuchtung der Augentropfen, Gel oder Salben
    • Lagophthalmus (Unmöglichkeit eines vollständigen Liedschlusses) → Okklusionsverbände (Augenverband)
    • Photophobie (Lichtempfindlichkeit) infolge der Sicca-Symptomatik (trockene Augen) → dunkle Brillengläser

Beachte: 

  • Bei einer endokrinen Orbitopathie (O) können sowohl hyperthyreote Episoden (Schilddrüsenüberfunktion) als auch Phasen einer Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion) den Befund der Orbita (Augenhöhle) ungünstig beeinflussen.
  • Bei einer aktiven, moderaten bis schweren EO ist eine Radiotherapie zu vermeiden. Falls diese trotzdem durchgeführt wird, ist danach eine Glucocorticoid-Prophylaxe erforderlich.
  • Gemäß einer Metaanalyse spielt die Dauer der Erkrankung bei der Behandlung der endokrinen Orbitopathie, insbesondere von Proptosis (vorgetriebenen Augapfel) und Diplopie (Doppelbilder), eine große Rolle: Glucocorticoide (dosisabhängig) sind zur Senkung des Clinical Activity Score (CAS) in der Akutphase und Teprotumumab zur Verbesserung von Proptosis und Diplopie geeignet. Dabei zeigen diese in den ersten sechs Monaten der Erkrankung eine starke Wirkung, die danach um 20-30 % abnimmt [5].

Supplemente

  • Selen-Supplementation (2 x 100 μg, täglich) – verbessert signifikant den Clinical Activity Score (CAS) und den Graves Ophthalmopathy Quality of Life (GO-QoL)-Score [3]

Literatur

  1. Smith TJ et al.: Teprotumumab for Thyroid-Associated Ophthalmopathy. N Engl J Med 2017; 376:1748-1761 May 4, 2017 doi: 10.1056/NEJMoa1614949
  2. Douglas RS et al.: Teprotumumab for the Treatment of Active Thyroid Eye Disease. N Engl J Med 2020; 382:341-352 doi: 10.1056/NEJMoa1910434
  3. Marcocci C et al.: Selenium and the Course of Mild Graves' Orbitopathy N Engl J Med 2011; 364:1920-1931 doi: 10.1056/NEJMoa1012985
  4. Kossler A et al.: Hearing Loss and Teprotumumab Journal of the Endocrine Society 2021;5(1):A839 https://doi.org/10.1210/jendso/bvab048.1713
  5. Alves JM et al.: Effectiveness of Different Treatment Modalities in Initial and Chronic Phases of Thyroid Eye Disease: A Systematic Review With Meta-analysis. J Clin Endocrinol Metab 2024;109:2997–3009; https://doi.org/10.1210/clinem/dgae526