Hervortreten der Augen (Exophthalmus) – Klassifikation

Stadieneinteilung der endokrinen Orbitopathie (EO)

Stadium
Beschreibung
 I
  • Fremdkörpergefühl
  • Photophobie (Lichtscheu)
  • Retrobulbäres Druckgefühl (retrobulbär, d. h. hinter dem Augapfel)
 II
  • Lidretraktionen (Retraktion: Schrumpfung, Verkürzung) und Bindegewebsbeteiligung mit:
    • Chemosis (= Bindehautödem):
      • bei stärkerer Konjunktivitis (Bindehautentzündung) oder
      • bei entzündlichen Prozessen der Nachbarschaft infolge Lymphabflussstörung oder Stauung oder
      • bei allergischen Reaktionen oder
      • nach toxischer Gefäßschädigung der Bindehaut
      Es findet sich eine ödematöse, weißlich-glasige oder hochrote wulstartige Schwellung der Conjunctiva bulbi (Konjunktiva/Bindehaut), die aus der Lidspalte hervorquellen und die Hornhaut teilweise überdecken kann
    • Augentränen
 III
  • Protrusio bulbi = Exophthalmus (Augapfel (Bulbus) tritt aus der Augenhöhle hervor)
 IV
  • Augenmuskelblockaden (-paresen) mit Auftreten von Doppelbildern und Motilitätseinschränkungen (Einschränkungen des Bewegungsvermögen)
 V
  • Hornhautaffektionen mit Ulzera (Geschwüre) durch Lagophthalmus (unvollständiger Lidschluss)
 VI
  • Sehverlust durch Beteiligung des N. opticus

Zur Klassifikation von Krankheitsverlauf und -stadium der endokrinen Orbitopathie gibt es verschiedene Schemata: Seit 1969 findet das sogenannte NOSPECS-Schema (Synonym: Werner-Klassifizierung) Anwendung, eine Klassifizierung der American Thyroid Association (ATA) [1, 2].

Als eine Erweiterung des NOSPECS-Schemas hat sich die sogenannte LEMO-Klassifikation etabliert. Den vier Befundgruppen "Lidveränderungen", "Exophthalmus", "Muskelveränderungen" und "Optikusbeteiligung" ordnet sie dabei je nach Ausprägungsgrad ganzzahlige Werte zwischen 0 und 3 bzw. 4 zu. Diese Facetten-Klassifikation wurde erstmals 1991 von Boergen und Pickardt vorgeschlagen [3].

NOSPECS-Schema

 Klasse Klinische Merkmale Englische Bezeichnung
 0 keine Zeichen oder Symptome No signs or symptoms
 1 Zeichen (z. B. Lidretraktion), keine Symptome Only signs, no symptoms
 2 Weichteilbeteiligung Soft tissue involvement
 3 Exophthalmus Proptosis
 4 Muskelveränderungen Extraocular muscle involvement
 5 Hornhautkomplikationen Corneal involvement
 6 Visus- und Gesichtsfeldeinschränkungen Sight loss

LEMO-Klassifikation 

Symptome Klasse Befund
Veränderungen
an den Lidern (L)
0 fehlend
1 nur Lidödem
2 echte Retraktion (beeinträchtigter Lidschluss)
3 Retraktion plus Oberlidödem
4 Retraktion plus Ober- und Unterlidödem
Exophthalmus (E) 0 fehlend
1 ohne Lidschlussinsuffizienz (Lidschlussschwäche)
2 Bindehautreizung morgens
3 Bindehautreizung ständig
4 Hornhautkomplikationen
Veränderungen
an den Muskeln (M)
0 fehlend
1 nur mit bildgebenden Verfahren nachweisbar
2 Pseudoparese ("Pseudolähmung")
3 Pseudoparalyse
Beteiligung
des N. opticus (O)
0 fehlend
1 nur im Farbsehen und in VEP (Visuell evozierte Potentiale)
2 periphere Gesichtsfelddefekte
3 zentrale Gesichtsfelddefekte

Literatur

  1. Ardjomand N, Esche G, Lindner S, Panzitt M, Aigner R, Berghold A, Langmann A: Die Bedeutung der Oktreotidszintigraphie bei der Diagnostik der aktiven endokrinen Orbitopathie. In: Spektrum der Augenheilkunde. Bd. 15, Nr. 3, Juni 2001, ISSN 0930-4282, S. 113-116, doi:10.1007/BF03162928
  2. Kahaly GJ, Bumb P, Pitz S, Scheurle C, Ponto KA, Lingl K, Hommel G, Müller-Forell W, Weber MM, Mann WJ: Operative Entlastung bei endokriner Orbitopathie. In: Medizinische Klinik. Bd. 102, Nr. 9, September 2007, ISSN 0723-5003, S. 714-719, doi:10.1007/s00063-007-1097-1
  3. Boergen KP, Pickardt CR: Neueinteilung der Symptome der endokrinen Orbitopathie. Med Welt. 1991; 42: 72-6