Wechseljahre des Mannes (Andropause) – Einleitung

Die Andropause – umgangssprachlich männliche Wechseljahre genannt – beschreibt einen fortschreitenden, vergleichsweise langsamen und nur teilweisen Rückgang der Androgen-Sekretion und -Konzentration des Mannes. Es handelt sich dabei um die Sexualhormone Pregnenolon, Dehydroepiandrosteron (DHEA), Androstendion und insbesondere Testosteron.

Synonyme und ICD-10: ADAM; Ageing male; Aging male; Androgen-Defizit, partiell - Mann; Climacterium virile; Decline in the aging male; Klimakterium virile; PADAM; PADAM-Syndrom (Partielles Androgen-Defizit des alternden Mannes); ICD-10-GM E88.9: Stoffwechselstörung, nicht näher bezeichnet

Definition und Symptome

Die Andropause wird auch als PADAM – partielles Androgen-Defizit des alternden Mannes – bezeichnet. Es handelt sich dabei um einen natürlichen Alterungsvorgang, der jedoch bei einigen Männern mit einer schrittweisen Einschränkung der Sexualität, Stimmung und Energie einhergehen kann. Wie bei den Frauen beginnt die Andropause der Männer in einer Lebensphase, die oft große Anforderungen stellt.

Die International Society for Sexual Medicine (ISSM) hat vorgeschlagen, die Begrifflichkeit des "Testosterondefizits" als allgemeingültige Begrifflichkeit zu verwenden. Diese ist definiert als klinisches und biochemisches Syndrom, das durch ein Defizit an Testosteron oder Testosteronwirkung mit relevanten Symptomen und Anzeichen gekennzeichnet ist [1].

Charakteristische Laborbefunde

  • Erniedrigte Testosteronspiegel: Der Serumspiegel des totalen Testosterons sinkt typischerweise unter 300 ng/dl (10.4 nmol/l), was als unterer Grenzwert für Testosteronmangel bei älteren Männern angesehen wird. Freies Testosteron, das bioverfügbare Testosteron, ist ebenfalls reduziert.
  • Erhöhte SHBG-Spiegel (Sexualhormon-bindendes Globulin): Mit zunehmendem Alter steigt der SHBG-Spiegel, was zu einer weiteren Reduktion des freien Testosterons führt, da mehr Testosteron an SHBG gebunden und somit inaktiv wird.
  • Erhöhte LH- und FSH-Spiegel (Luteinisierendes Hormon und Follikelstimulierendes Hormon): Im Rahmen eines kompensatorischen Mechanismus versucht die Hypophyse, durch vermehrte Ausschüttung von LH die reduzierte Testosteronproduktion in den Hoden zu stimulieren. FSH kann ebenfalls erhöht sein, insbesondere bei einer gleichzeitigen Beeinträchtigung der Spermatogenese.
  • Erniedrigte DHEA- und DHEA-S-Spiegel: Dehydroepiandrosteron (DHEA) und dessen Sulfat (DHEA-S) nehmen ebenfalls mit dem Alter ab und tragen zur Gesamtverminderung der Androgenproduktion bei.
  • Erhöhtes Estradiol/Testosteron-Verhältnis: Während die Estradiolspiegel im Alter relativ stabil bleiben, kann der Rückgang des Testosterons zu einem erhöhten Estradiol/Testosteron-Verhältnis führen. Dies kann sich klinisch in der Entwicklung von Gynäkomastie (Brustvergrößerung) äußern.
  • Verändertes Lipidprofil: Es können erhöhte Cholesterin-, LDL- und Triglyceridspiegel sowie ein niedriges HDL-Cholesterin beobachtet werden, was das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen erhöht.
  • Erhöhte Insulinresistenz: Ein Anstieg der Insulinresistenz und eine erhöhte Prävalenz von metabolischem Syndrom sind häufige Befunde, die mit dem Testosteronmangel im Alter assoziiert sind.
  • Erhöhtes Prolaktin (in einigen Fällen): Leicht erhöhte Prolaktinspiegel können in Zusammenhang mit der Andropause auftreten, insbesondere bei Vorliegen eines Hypogonadismus oder einer Funktionsstörung der Hypophyse.

Formen der Andropause

Primäre Andropause

  • Definition: Diese Form tritt auf, wenn der altersbedingte Rückgang der Testosteronproduktion hauptsächlich auf eine Abnahme der Funktion der Hoden zurückzuführen ist.
  • Ursache: Verminderte Leydig-Zell-Funktion in den Hoden, was zu einer verminderten Testosteronproduktion führt.
  • Charakteristika: Typischerweise erhöhte LH- und FSH-Spiegel als Folge der verminderten Testosteronproduktion. Das Feedback-System der Hypophyse versucht, durch vermehrte Ausschüttung von LH die Testosteronproduktion zu stimulieren.

Sekundäre Andropause

  • Definition: Bei dieser Form ist der Rückgang der Testosteronproduktion die Folge einer verminderten Stimulation der Hoden durch Gonadotropine (LH und FSH) aufgrund einer Dysfunktion der Hypophyse oder des Hypothalamus.
  • Ursache: Funktionsstörungen der Hypophyse oder des Hypothalamus, die die Ausschüttung von Gonadotropinen regulieren.
  • Charakteristika: Niedrige bis normale LH- und FSH-Spiegel trotz niedrigem Testosteron, da die Ursache auf einer höheren Ebene der hormonellen Achse liegt.

Komplexe Andropause

  • Definition: Diese Form tritt auf, wenn die Andropause durch eine Kombination von primären und sekundären Faktoren bedingt ist, häufig in Verbindung mit chronischen Erkrankungen oder Medikamenteneinnahme.
  • Ursache: Kombination aus altersbedingtem Rückgang der Hodenfunktion und beeinträchtigter Hypothalamus-Hypophysen-Achse, oft verstärkt durch Faktoren wie Diabetes, Fettleibigkeit oder chronischen Stress.
  • Charakteristika: Variierende Spiegel von LH, FSH und Testosteron, häufig begleitet von anderen endokrinologischen Anomalien, wie Insulinresistenz oder Schilddrüsenstörungen.

Beschleunigte Andropause

  • Definition: Ein beschleunigter Rückgang der Testosteronspiegel, der schneller verläuft als der typische altersbedingte Hormonabfall.
  • Ursache: Faktoren wie genetische Prädisposition, starkes Rauchen, exzessiver Alkoholgenuss, chronische Krankheiten oder extreme körperliche Belastung.
  • Charakteristika: Früher Beginn und rascher Abfall der Testosteronspiegel, oft begleitet von signifikanten klinischen Symptomen wie Müdigkeit, Libidoverlust und verminderter Muskelmasse.

Partial Androgen Deficiency in Aging Males (PADAM)

  • Definition: Dies ist eine milde Form der Andropause, die durch einen moderaten Rückgang der Testosteronspiegel gekennzeichnet ist, oft ohne schwere klinische Symptome.
  • Ursache: Leichte altersbedingte Abnahme der Hodenfunktion, möglicherweise verstärkt durch Lifestyle-Faktoren.
  • Charakteristika: Leicht erniedrigte Testosteronspiegel, oft ohne signifikante LH- und FSH-Erhöhung, und gelegentlich nur subtile Symptome wie leichte Erschöpfung oder geringfügige Libidoveränderungen.

Epidemiologie

Das Eintreten der Andropause liegt zwischen dem 45. und 65. Lebensjahr.

Verlauf und Prognose

Verlauf

Der Verlauf der Andropause ist progredient und durch einen allmählichen Rückgang der Androgenproduktion gekennzeichnet. Die Symptome können variabel und oft schleichend sein, einschließlich verminderter Libido, erektiler Dysfunktion, Müdigkeit, Depression, abnehmender Muskelmasse und Knochendichte sowie einer Zunahme von Körperfett.

Prognose

Die Prognose ist in der Regel gut, wenn die Andropause rechtzeitig erkannt und adäquat behandelt wird. Eine Hormontherapie mit Testosteron kann die Symptome signifikant verbessern, vorausgesetzt, sie wird korrekt und unter regelmäßiger medizinischer Überwachung durchgeführt.

Die Therapie der Andropause zielt darauf ab, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern. Es ist wichtig, Komorbiditäten zu behandeln und einen gesunden Lebensstil mit regelmäßiger körperlicher Aktivität, ausgewogener Ernährung und Vermeidung von Risikofaktoren wie Rauchen und übermäßigem Alkoholkonsum zu fördern.

Komorbiditäten 

Typischen Komorbiditäten (Begleiterkrankungen)die mit einem Hypogonadismus (Keimdrüsenunterfunktion) assoziiert sein können, sind Diabetes mellitus Typ 2, metabolisches Syndrom, Niereninsuffizienz (Nierenschwäche), Lebererkrankungen, kardiovaskuläre Erkrankungen und Fehl- oder Unterernährung.

Literatur

  1. Dean JD et al.: The international society for sexual medicine’s process of care for the assessment and management of testosterone deficiency in adult men. J Sex Med. 2015 Aug;12(8):1660-86. doi: 10.1111/jsm.12952.

Leitlinien

  1. Dohle GR et al.: EAU Guidelines on Male Hypogonadism 2018. Online unter: http://uroweb.org/guideline/male-hypogonadism/