Körperliche Aktivität und Longevity: Einfluss auf die Mortalität im Alter

Körperliche Aktivität gilt als einer der wichtigsten modifizierbaren Gesundheitsfaktoren zur Reduktion des Sterberisikos, insbesondere bei älteren Menschen. Jüngste Ergebnisse multinationaler Kohortenstudien zeigen, dass die Bedeutung anderer Faktoren wie Raucherentwöhnung oder Gewichtsmanagement mit zunehmendem Alter abnimmt. Dieser Artikel beleuchtet die Ergebnisse einer Metaanalyse von vier großen Kohortenstudien und die altersabhängige Wirkung von körperlicher Aktivität auf die Mortalität.

Methodik der Analyse

Studienpopulation

Die Analyse basiert auf Daten aus vier populationsbasierten Kohorten:

  • National Health Interview Survey (USA, 1997-2018)
  • UK Biobank (Großbritannien, 2006-2010)
  • China Kadoorie Biobank (China, 2004-2008)
  • Mei Jau-Kohorte (Taiwan, 1997-2016)

Insgesamt wurden Daten von 2.011.186 Teilnehmenden ausgewertet (Alter 20–97 Jahre, 55 % Frauen). Mittels Selbstangaben wurde die Freizeitaktivität in MET-Stunden pro Woche (metabolisches Äquivalent) erhoben und mit nationalen Sterberegistern verknüpft.

Definition ausreichender körperlicher Aktivität

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt mindestens 7,5 MET-Stunden pro Woche körperlicher Aktivität für Erwachsene. Dies entspricht etwa 150 Minuten moderater oder 75 Minuten intensiver Aktivität.

Ergebnisse

Dosis-Wirkungs-Beziehung

  • 7,5 MET-Stunden/Woche: 14 % reduzierte Mortalität (Sterberate)
  • 15 MET-Stunden/Woche: 22 % reduzierte Mortalität
  • 30 MET-Stunden/Woche: 26 % reduzierte Mortalität

Schon geringere Mengen (<7,5 MET-Stunden/Woche) zeigten eine signifikante Risikoreduktion (z. B. 3,75 MET-Stunden/Woche: 8 % Reduktion).

Zur Definition der MET-Stunden/Woche s. u.

Altersabhängige Effekte

Die Risikoreduktion war bei älteren Teilnehmenden (60-89 Jahre) ausgeprägter als bei jüngeren Altersgruppen. Besonders ältere Personen, die das 4-5-fache der WHO-Empfehlung (22,5-30 MET-Stunden/Woche) erreichten, profitierten am stärksten. Bei jüngeren Erwachsenen war eine Verdopplung der Empfehlung (15 MET-Stunden/Woche) mit der maximalen Risikoreduktion verbunden.

Vergleich mit anderen modifizierbaren Faktoren

  • Rauchen: Assoziation stärker bei jüngeren Erwachsenen
  • Gesundes Gewicht: Bedeutung nimmt im Alter ab
  • Blutdruck und Diabetes: Einfluss auf die Mortalität reduziert sich mit zunehmendem Alter

Diskussion

Bedeutung körperlicher Aktivität

Die Ergebnisse unterstreichen die zentrale Rolle körperlicher Aktivität über die gesamte Lebensspanne. Im Vergleich zu anderen Gesundheitsfaktoren bleibt der Effekt von Aktivität auch im hohen Alter stark. Dies könnte auf die direkte Wirkung auf kardiovaskuläre Erkrankungen, die Haupttodesursache bei älteren Menschen, zurückzuführen sein.

Mechanismen

  • Metabolische Effizienz: Verbesserte Sauerstoffnutzung und Energiehaushalt
  • Muskel- und Skelettschutz: Erhalt der Muskelmasse und -funktion
  • Kognitive Gesundheit: Schutz vor neurodegenerativen Erkrankungen

Empfehlungen

Globale Leitlinien sollten verstärkt auf die Vorteile über die Lebensspanne hinweisen. Strategien zur Förderung körperlicher Aktivität müssen altersgerecht angepasst werden, z. B. durch Programme zur Sturzprophylaxe und Beweglichkeit im Alter.

Schlussfolgerung

Körperliche Aktivität ist ein lebenswichtiger Gesundheitsfaktor, dessen Bedeutung mit zunehmendem Alter weiter zunimmt. Die Förderung von Bewegung sollte ein Kernbestandteil öffentlicher Gesundheitsstrategien sein, um die Lebenserwartung und Lebensqualität nachhaltig zu verbessern. Die Daten belegen, dass bereits moderate Bewegungslevel signifikante Vorteile bieten und somit die Adhärenz fördern können.

Nachtrag zur Definition: MET-Stunden/Woche

MET-Stunden/Woche (Metabolic Equivalent of Task) sind eine Maßeinheit zur Quantifizierung des Energieverbrauchs bei körperlicher Aktivität über einen bestimmten Zeitraum. Sie basieren auf dem metabolischen Äquivalent (MET), das den Sauerstoffverbrauch in Ruhe als Referenz verwendet.

MET-Wert

Ein MET-Wert von 1 MET entspricht dem Energieverbrauch einer Person in Ruhe:

  • 1 MET = ca. 3,5 ml Sauerstoff/kg Körpergewicht/Minute (bei Männern, 3,15 ml bei Frauen).
  • Dies entspricht etwa 1 kcal/kg Körpergewicht/Stunde.

Berechnung von MET-Stunden

Die MET-Stunden pro Woche berechnen sich wie folgt:

  1. MET-Wert der Aktivität: Jede Aktivität hat einen spezifischen MET-Wert, z. B.:
    • Gehen (3 km/h): ca. 2,0 MET
    • Joggen (8 km/h): ca. 8,0 MET
    • Radfahren (20 km/h): ca. 10,0 MET
  2. Dauer der Aktivität (in Stunden): Die Zeit, die pro Woche für die Aktivität aufgewendet wird.
  3. Formel: MET-Stunden/Woche MET-Wert x Dauer der Aktivität (in Stunden)

WHO-Empfehlung

  • 7,5 MET-Stunden/Woche entsprechen etwa:
    • 150 Minuten moderater Aktivität (z. B. zügiges Gehen).
    • 75 Minuten intensiver Aktivität (z. B. Joggen).

© Deutsche Klinik für Prävention, Bad Münder

Literatur

  1. Martinez-Gomez D. et al.: Physical Activity and All-Cause Mortality by Age in 4 Multinational Megacohorts. JAMA Network Open. 2024;7(11):e2446802. doi: 10.1001/jamanetworkopen.2024.46802.