Adrenopause – Ursachen
Pathogenese (Krankheitsentstehung)
Die Adrenopause beschreibt den altersbedingten Rückgang der Produktion von Dehydroepiandrosteron (DHEA) in der Nebennierenrinde. Dieser progrediente Abfall beginnt typischerweise ab dem 35. Lebensjahr, während der ACTH-Spiegel (adrenocorticotropes Hormon), der die Hormonproduktion in der Nebennierenrinde steuert, weitgehend normal bleibt. DHEA wird primär in seiner sulfatierten Form als DHEA-S (Dehydroepiandrosteron-Sulfat) im Blut gespeichert und dient als Marker für die DHEA-Produktion. Bis zum 50. Lebensjahr sinkt der DHEA-S-Spiegel auf etwa 10-50 % des Niveaus, das bei jungen Erwachsenen gemessen wird.
Rückgang der Steroidhormone
Der Rückgang der DHEA-S-Produktion ist ein zentrales Merkmal der Adrenopause und betrifft nicht nur DHEA-S selbst, sondern auch andere in der Nebennierenrinde produzierte Steroidhormone, darunter Androstendion, Testosteron, Dehydrotestosteron, Östradiol und Pregnenolon. Diese Steroidhormone haben vielfältige systemische Wirkungen, darunter die Regulation von Stoffwechselprozessen, Sexualfunktionen und die Aufrechterhaltung der Immunfunktion. DHEA-S spielt dabei eine zentrale Rolle als Leithormon in diesem Hormonverbund.
Ausnahme: Cortisol
Ein bemerkenswerter Unterschied bei der Adrenopause ist, dass die Cortisolproduktion im Alter weitgehend konstant bleibt. Während der altersbedingte Rückgang anderer Nebennierensteroide zu einem Ungleichgewicht führt, bleibt Cortisol unverändert, was die metabolische und immunologische Balance beeinflusst. Dieses Ungleichgewicht führt zu signifikanten pathophysiologischen Auswirkungen und wird mit einer Vielzahl von Beschwerden und Symptomen des Alterns in Verbindung gebracht, darunter:
- Metabolische Veränderungen (z. B. Insulinresistenz)
- Kardiovaskuläre Risiken (z. B. arterielle Hypertonie)
- Verminderte Immunfunktion
- Verminderte körperliche Leistungsfähigkeit
Enzymatische Dysregulation
Ein möglicher Mechanismus hinter dem Rückgang der DHEA-Produktion ist der altersbedingte Verlust der Aktivität von Schlüsselenzymen in der Nebennierenrinde. Dazu gehört insbesondere die 17,20-Lyase, ein Enzym, das für die Synthese von DHEA aus Cholesterin erforderlich ist. Der Rückgang der Enzymaktivität trägt zur verminderten Produktion von DHEA-S und anderen Steroiden bei, während die Cortisolproduktion unverändert bleibt.
Systemische Auswirkungen
Die Folgen des DHEA-Abfalls in der Adrenopause sind weitreichend. Es kommt zu einer Störung des Steroidstoffwechsels, was sich negativ auf die kardiovaskuläre Gesundheit, den Energiestoffwechsel und die Immunfunktion auswirkt. Langfristig können diese Veränderungen zu einer höheren Anfälligkeit für altersbedingte Erkrankungen wie Typ-2-Diabetes, Hypertonie (Bluthochdruck) und Fettleibigkeit führen.
Zusammenfassung
Die Adrenopause ist ein komplexer Prozess, der den allmählichen Verlust von DHEA und anderen Steroidhormonen in der Nebennierenrinde beschreibt. Dies führt zu einem Ungleichgewicht der Hormonproduktion, das verschiedene Systeme des Körpers beeinflusst und zu metabolischen, kardiovaskulären und immunologischen Veränderungen führt.
Ätiologie (Ursachen)
Folgende Krankheiten beziehungsweise Umstände können für das Absinken von DHEA verantwortlich sein:
Biographische Ursachen
- Lebensalter – progredienter Abfall der DHEA-Produktion ab ca. dem 35 Lebensjahr
Verhaltensbedingte Ursachen
- Genussmittel
- Alkohol
- Tabak
- Körperliche Aktivität
- Mangelnde körperliche Fitness
- Übergewicht (BMI ≥ 25; Adipositas)
Krankheitsbedingte Ursachen
- AIDS
- Autoimmunerkrankungen wie rheumatoide Arthritis, systemischer Lupus erythematodes (SLE)
- Insulinresistenz – verminderte Wirksamkeit des körpereigenen Insulins an den Zielorganen Skelettmuskulatur, Fettgewebe und Leber
- Morbus Addison (Primäre Nebennierenrindeninsuffizienz) aufgrund verschiedener Erkrankungen wie
- Autoimmunadrenalitis (autoimmune Nebennierenrindenentzündung) – häufigste Ursache; bei ca. 70 % der Patienten mit isoliertem M. Addison und nahezu 100 % der Patienten mit einem polyglandulären Autoimmunsyndrom können zirkulierende Antikörper gegen die Nebennierenrinde (NNR) nachgewiesen werden.
- Tuberkulose
- Tumor
- Blutungen in die Nebennierenrinde (NNR)
- nach Adrenalektomie (Entfernung der Nebenniere)
- Sekundäre Nebenniereninsuffizienz – aufgrund eines Ausfalls der ACTH-Produktion bei Hypophysenvorderlappeninsuffizienz (Ausfalls des Vorderlappens der Hypophyse (Hirnanhangsdrüse))
Medikamente
- Nach Beenden einer längerdauernden Glucocorticoid-Gabe (Cortisol, Prednison, Prednisolon, Betamethason, Dexamethason etc.) kann sich das sogenannte Slocumb-Syndrom (Cortisonentzugssyndrom) einstellen, welches mit einer sekundären Nebennierenrindeninsuffizienz einhergehen kann.