Spina bifida ("offener Rücken") – Ursachen
Pathogenese (Krankheitsentstehung)
Die Spina bifida, ein Neuralrohrdefekt, entsteht während der frühen embryonalen Entwicklung durch einen unvollständigen Verschluss des Neuralrohrs. Das Neuralrohr ist eine Struktur, aus der sich das zentrale Nervensystem, einschließlich Gehirn und Rückenmark, entwickelt. Die Spina bifida betrifft insbesondere die Entwicklung der Wirbelsäule (Columna vertebralis) und des Rückenmarks (Medulla spinalis).
Entwicklung des Neuralrohrs: Das Neuralrohr schließt sich normalerweise zwischen dem 19. und 28. Tag nach der Befruchtung. Während dieser Phase, der sogenannten primären Neurulation, verschmelzen die beiden Seiten des Neuralrohrs zu einem geschlossenen Schlauch. Dieser Prozess verläuft vom mittleren Bereich des Embryos ausgehend in Richtung Kopf und Steiß. Ein Versagen dieses Verschlussprozesses im unteren Rückenbereich führt zu einem Defekt in den Wirbelbögen, der als Spina bifida bezeichnet wird.
Fehlentwicklung der Wirbelsäule: Die Spina bifida entsteht, wenn sich die Wirbelbögen (Arcus vertebrae) nicht korrekt schließen und somit eine Spalte offen bleibt. Dies führt dazu, dass das Rückenmark und die Meningen (Rückenmarkshäute) nicht vollständig von der Wirbelsäule umschlossen werden, was zu unterschiedlichen Schweregraden der Fehlbildung führen kann. In schwereren Fällen können sich Anteile des Rückenmarks und der Nerven durch diesen Spalt vorwölben, was zu einer Meningozele oder Myelomeningozele führt.
Genetische und Umweltfaktoren: Die Pathogenese der Spina bifida ist multifaktoriell. Es wird angenommen, dass genetische Prädispositionen sowie Umweltfaktoren eine entscheidende Rolle spielen. Genetische Defekte in Genen, die für die Neurulation verantwortlich sind, wie beispielsweise Hox-Gene, können den Verschluss des Neuralrohrs beeinträchtigen. Auch epigenetische Faktoren, wie beispielsweise Methylierungsstörungen, können den Schließungsprozess negativ beeinflussen.
Rolle der Folsäure: Ein entscheidender Faktor in der Pathogenese der Spina bifida ist ein Mangel an Folsäure. Folsäure ist essentiell für die DNA-Synthese und Zellteilung, was für den Verschluss des Neuralrohrs entscheidend ist. Es gibt umfassende Belege dafür, dass eine unzureichende Folsäureaufnahme während der Frühschwangerschaft das Risiko für Neuralrohrdefekte, einschließlich Spina bifida, deutlich erhöht. Deswegen wird Schwangeren die Einnahme von Folsäurepräparaten empfohlen.
Schweregrade der Spina bifida: Die Ausprägung der Spina bifida variiert stark:
- Spina bifida occulta: Eine mildere Form, bei der das Rückenmark nicht direkt betroffen ist, sondern nur ein unvollständiger Verschluss der Wirbelbögen ohne Vorwölbung des Rückenmarks vorliegt.
- Meningozele: Hier wölben sich die Hirnhäute durch den Wirbelspalt nach außen, das Rückenmark bleibt jedoch in seiner Position.
- Myelomeningozele: Die schwerste Form, bei der sowohl das Rückenmark als auch die Hirnhäute durch den Spalt hervortreten. Dies führt zu schweren neurologischen Defiziten.
Zusammenfassung
Die Pathogenese der Spina bifida resultiert aus einem unvollständigen Neuralrohrverschluss während der embryonalen Entwicklung, beeinflusst durch genetische und epigenetische Faktoren sowie Umweltbedingungen, insbesondere einen Folsäuremangel. Ein frühzeitiges Screening und die präventive Einnahme von Folsäure können das Risiko der Entstehung dieser Fehlbildung signifikant reduzieren.
Ätiologie (Ursachen)
Die Ätiologie der Spina bifida ist bislang nicht genau geklärt.
Biographische Ursachen
- sporadisches, selten auch familiäres Auftreten
- Genetische Belastung
- Genetisches Risiko abhängig von Genpolymorphismen:
- Gene/SNPs (Einzelnukleotid-Polymorphismus; engl.: single nucleotide polymorphism):
- Gene: MTHFD1_Arg653Gln (MTHFD1), MTHFR _C677T (MTHFR)
- SNP: rs2236225 im Gen MTHFD1_Arg653Gln
- Allel-Konstellation: CT (1,5-fach, falls die Allel-Konstellation bei der Mutter vorliegt)
- Allel-Konstellation: TT (1,5-fach, falls die Allel-Konstellation bei der Mutter vorliegt)
- Allel-Konstellation: CT (1,5-fach, falls die Allel-Konstellation bei der Mutter vorliegt)
- SNP: rs1801133 im Gen MTHFR _C677T
- Allel-Konstellation: CT (höheres Risiko, falls die Allel-Konstellation bei der Mutter vorliegt)
- Allel-Konstellation: CC (niedrigeres Risiko, falls die Allel-Konstellation bei der Mutter vorliegt)
- Allel-Konstellation: TT (niedrigeres Risiko, falls die Allel-Konstellation bei der Mutter vorliegt)
- Gene: MTHFD1_Arg653Gln (MTHFD1), MTHFR _C677T (MTHFR)
- Gene/SNPs (Einzelnukleotid-Polymorphismus; engl.: single nucleotide polymorphism):
- Genetisches Risiko abhängig von Genpolymorphismen:
Verhaltensbedingte Ursachen
- Ernährung
- Folsäuremangel
Krankheitsbedingte Ursachen
- Diabetes mellitus, der in der frühen Phase der Schwangerschaft schlecht eingestellt ist
Medikamente
- Teratogene Medikamente:
- Antiepileptika – z. B. Valproinsäure und Carbamazepin