Anaphylaktischer Schock – Symptome – Beschwerden
Folgende Symptome und Beschwerden können auf eine Anaphylaxie hinweisen:
Prodromalzeichen (Vorzeichen)
- Brennen, Kribbeln oder Juckreiz der Zunge oder am Gaumen
- Brennendes Gefühl an den Handinnenflächen, Fußsohlen oder im Genitalbereich
- Metallischer Geschmack
- Cephalgie (Kopfschmerzen)
- Angstgefühle, innere Unruhe, Desorientierung
Symptome, die als charakteristische Kriterien für eine Anaphylaxie angesehen werden:
Leitsymptome
Diese Leitsymptome lenken den Verdacht auf eine Anaphylaxie und werden oft zuerst bemerkt:
- Plötzliches Auftreten von Symptomen an der Haut (s. u.) (80-90 %): Zusammen mit plötzlichen respiratorischen (den Atemtrakt betreffende) Symptomen (kloßige Sprache, Dyspnoe (Atemnot)) oder plötzlichem Blutdruckabfall beziehungsweise dessen Manifestationen (s. u.) oder
- Plötzliches Auftreten von Symptomen an zwei oder mehr der Organsysteme: Haut (s. u.), Gastrointestinaltrakt (Magen-Darm-Trakt) (s. u.) (20-30 %), Respirationstrakt (Atemtrakt) (s. u.) (50-70 %) oder Kreislaufsystem (s. u.) (30-40 %) nach einem Kontakt mit einem wahrscheinlichen Allergen oder Anaphylaxie-Trigger oder
- Plötzlicher Blutdruckabfall nach Kontakt mit einem für die betroffenen Patienten bekannten Allergen oder einem anderen Anaphylaxie-Trigger
Begleitsymptome (sekundäre Symptome)
Diese Begleitsymptome sind weniger charakteristisch und können auf Komplikationen hinweisen:
- Müdigkeit oder Apathie: Als Folge der Kreislaufbelastung
- Kältegefühl und Blässe: Durch Kreislaufversagen
Unspezifische Symptome
Diese unspezifischen Symptome treten bei vielen Erkrankungen auf und tragen weniger zur Diagnose bei:
- Müdigkeit und Schwächegefühl
- Kopfschmerzen
Beachte: Ursachen eines tödlichen Verlaufs einer Anaphylaxie sind insb. Atemwegsobstruktion (Verengung bzw. Verlegung der Atemweg) und/oder kardiovaskuläres Versagen (Herz- und Gefäßversagen).
Rasches Auftreten von Symptomen (wenige Minuten bis Stunden) nach Allergenkontakt.
Organmanifestationen
Haut | Gastrointestinaltrakt (Magen-Darm-Trakt) |
Respirationstrakt (Atemtrakt) |
Herz-Kreislauf-System |
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Wegen Beschwerdegrad s. u. "Klassifikation".
Siehe ggf. auch zu "Symptome – Beschwerden" unter folgenden Krankheiten:
- Nahrungsmittelallergie
- Insektenstich
- Arzneimittelallergie
Anaphylaxie bei Insektengiftallergie und Mastozytose
- Fehlen von Angioödemen und Erythem (flächenhafte Hautrötung) (typisch)
- Im Vordergrund stehen kardiovaskuläre Symptome wie Hypotonie und Bewusstlosigkeit
Anaphylaktischer Schock
Leitsymptome
Diese Leitsymptome lenken den Verdacht auf einen anaphylaktischen Schock und werden oft zuerst bemerkt:
- Hypotonie (Blutdruckabfall): Systolischer Blutdruck < 100 mmHg; bei ca. 80-90 %
- Tachykardie (Pulsfrequenz > 100 Schläge/min): Häufige Begleiterscheinung; bei ca. 70-80 %
Hauptsymptome (primäre Symptome)
Diese Hauptsymptome prägen das klinische Bild eines anaphylaktischen Schocks:
- Hauterscheinungen: Rötung, Quaddeln, Juckreiz; bei ca. 80-90 %
- Dyspnoe (Atemnot): Tritt in ca. 50-70 % der Fälle auf, häufig durch Atemwegsobstruktion (Verengung)
- Atemwegsobstruktion: Typisch für schwere anaphylaktische Reaktionen; ca. 30-50 %
- Dysphonie (Heiserkeit): Hinweis auf eine Beteiligung des Kehlkopfes; bei ca. 20-30 %
Begleitsymptome (sekundäre Symptome)
Diese Begleitsymptome sind weniger charakteristisch und können auf Komplikationen hinweisen:
- Blässe und kalter Schweiß (bei ca. 50-60 %)
- Bewusstseinsstörungen: Tritt bei ca. 40-50 % der Fälle auf, besonders bei schwerer Hypotonie
- Tachypnoe (gesteigerte Atemfrequenz) (bei ca. 40-50 %)
- Palpitationen (Herzstolpern) (bei ca. 30-40 %)
- Vertigo (Schwindel) (bei ca. 30-40 %)
- Brustenge (Stenokardie/Angina pectoris (Herzbeklemmung)): Anfallsartig auftretender thorakaler bzw. retrosternaler Schmerz (Brustschmerzen bzw. Schmerzen, die hinter dem Brustbein (Sternum) lokalisiert werden); häufig bei kardiovaskulärer Beteiligung; ca. 20-30 %
- Zentrale Zyanose: Blaufärbung der Haut und der zentralen Schleimhäute/Zunge als Zeichen einer schweren Hypoxie; ca. 20-30 %
- Durst (bei ca. 10-20 %)
- Oligurie (verminderte Urinausscheidung, max. 500 ml/Tag): Bei ca. 10-20 %; Zeichen von Kreislaufversagen
- Halsvenenstauung (bei etwa 5-10 %)
Die wichtigsten Risikofaktoren für eine schwere allergische Reaktion sind [1]:
- höheres Alter
- begleitende Mastozytose – Erkrankung, die durch eine übermäßige Vermehrung von Mastzellen charakterisiert ist; Mastzellen sind Zellen der körpereigenen Abwehr, die Botenstoffe, unter anderem Histamin, gespeichert haben
- Medikamente: Betablocker, ACE-Hemmer
Schnelle Prüfung der Vitalparameter*
*Maßzahlen, die Grundfunktionen des menschlichen Körpers widerspiegeln.
"5-Sekunden-Runde" zur schnellen Prüfung der Vitalparameter (nach Pyramidenprozess; Ärztlicher Leiter Rettungsdienst Deutschland (www.aelrd.de)
5-Sekunden-Runde | Prüfung von Lebenszeichen (spontane Bewegung) | |
A | Atemwege | kloßige Sprache, geschwollene Zunge |
B | Belüftung | Beurteilung der Atmung (Sprechdyspnoe/Atemnot beim Sprechen, Stridor (pfeifendes Atemgeräusch, welches bei der Ein- und/oder Ausatmung (inspiratorischer-/expiratorischer Stridor/Stridor bei Ein- bzw. Ausatmung) auftritt), Giemen; optional: Auskultation (Abhören), Pulsoxymetrie (Messung der Sauerstoffsättigung (SpO₂) des arteriellen Blutes sowie der Pulsfrequenz; Zielbereich: 94-98 % |
C | Circulation | Beurteilung von Rekap-Zeit (Bestimmung der periphere Durchblutung; Grenzwert: 2 sek; vorzugsweise an Stirn oder Sternum/Brustbein), Puls (Stärke, Frequenz, Regelmäßigkeit) und Blutdruck |
D | Disability | Bewusstsein, Blutzuckermessung |
E | Exposure | Inspektion (Betrachtung) leicht einsehbarer Hautareale sowie der Schleimhäute, Erfragen weiterer Beschwerden (z. B. Übelkeit, Brechreiz, Kopfschmerzen, thorakales Druckgefühl/Druckgefühl im Bereich des Brustkorbes, Sehstörung, Pruritus/Juckreiz). |
Secondary Survey | AMPLE-Schema: s. u. |
Die zweite Erhebung erfolgt mittels „AMPLE-Schema“ mit Fragen [S2k-Leitlinie]
- nach bekannten Allergenen (mögliche Auslöser einer akuten Reaktion, Risikofaktoren wie Asthma und andere bestehende Erkrankungen),
- zur Medikation,
- zur Anamnese des Patienten,
- nach zuletzt verzehrter Mahlzeit und
- zu Ereignissen.
Literatur
- Worm M et al.: Factors increasing the risk for a severe reaction in anaphylaxis: An analysis of data from The European Anaphylaxis Registry. Allergy 2018; 73: 1322-30 doi:https://doi.org/10.1111/all.13380
Leitlinien
- S2k-Leitlinie: Akuttherapie und Management der Anaphylaxie. (AWMF-Registernummer: 061-025), Januar 2021 Langfassung