Anaphylaktischer Schock – Medikamentöse Therapie

Therapieziel

Stabilisierung der Kreislaufverhältnisse

Therapieempfehlung bei anaphylaktischem Schock

  • Entfernen des auslösenden Stoffes (wenn möglich) und legen eines i.v.-Zugangs (Gabe von Vollelektrolytlösung, VEL)
  • Bei manifesten kardiovaskulären oder pulmonalen Reaktionen empfiehlt sich die sofortige Gabe von Sauerstoff (Nasenbrille).
  • Geeignete Lagerung (s. u. "Weitere Therapie") und Pharmakotherapie mit Adrenalin als Leitsubstanz sind entscheidend.
  • Schweregrad I und II * (leichte bis ausgeprägte Allgemeinreaktionen):
    • Allgemeintherapie: Antihistaminika (z. B. Dimetinden, i.v.); in der Akuttherapie und in der Prophylaxe
    • Bei Bronchospasmolyse (Entkrampfung der Bronchialmuskulatur durch Medikamente): 
      • ß-Sympathomimetika, inhalativ (z. B. Salbutamol; ggf. additiv Theophyllin (bei therapierefraktären Bronchospasmus) 5 mg/kg KG i.v.;
      • Glucocorticoide: 250 mg Prednisolon, i.v. (spielen in der Akuttherapie eine untergeordnete Rolle wg. des verzögerten Eintritts)
    • Bei starker Hypotonie: Cafedrin-Theodrenalin 200/10 mg
  • Schweregrad III und IV *(schwere Allgemeinreaktionen, Schock, Kreislaufstillstand)
    • Atemwege vorausschauend sichern, aber nicht generell prophylaktisch!
    • Volumentherapie: Großzügige Volumentherapie mit VEL; Cave: keine Verwendung von Hydroxyethylstärke (HES); ist nephrotoxisch ("die Niere schädigend")
    • Adrenalin (Mittel ersten Wahl)
      • nicht reanimationspflichtiger Patienten: i.m. Gabe/Autoinjektor (ggf. wiederholen nach fünf bis zehn Minuten)
      • bei schwerem oder drohendem Schock: Adreanalin-Gabe verdünnt intravenös unter Puls- und Blutdruckkontrolle:
        • nichtreanimationspflichtiger Patienten: i.m.-Applikation von Adrenalin (0,01 mg/kg KG = 0,01 ml/kg KG der 1:1000-Lösung) in die Außenseite des Oberschenkels; bei fehlendem Wirkeintritt kann die i.m.-Applikation in Abhängigkeit von den Nebenwirkungen alle 5-10 min wiederholt werden
        • drohendes Herz-Kreislaufversagen: i. v. Dauerinfusion (0,01 bis maximal 1 µg/kg KG min Titration nach Effekt)
        • Herz-Kreislaufstillstand: i.v.-Gabe bei Reanimation (0,01 mg/kg KG 1 : 10.000-Lösung (Adrenalin 1:10 verdünnt) → 0,1 ml/kg KG Adrenalin 1 : 10.000 (Adrenalin 1:10 verdünnt))
    • Glucocorticoide: 500-1.000 mg Prednisolon, i.v. (insbesondere bei schwerem Bronchospasmus bzw. verzögert-progredienter Symptomatik) [untergeordnete Rolle in der akuten Phase aufgrund des langsamen Eintritts der Wirkung]
    • Ggf. Antihistaminika und Theophyllin ergänzend
    • Sauerstoffgabe und großzügige Indikationsstellung der maschinellen Beatmung
    • Falls kardiopulmunale Reanimation erforderlich: Herz-Druckmassage und Beatmung im Verhältnis 30:2; anlegen eines automatischen Defibrillators, sodass bei Kammerflimmern eine Defibrillation durchgeführt werden kann
  • Zeitnahe allergologische Diagnostik

*Schweregradskala zur Klassifizierung anaphylaktischer Reaktionen (s. u. Klassifikation)

Leitlinien

  1. Muraro et al.: Anaphylaxis: Guidelines from the European Academy of Allergy and Clinical Immunology, Allergy 2014 Aug;69(8):1026-45. doi: 10.1111/all.12437. Epub 2014 Jun 9.
  2. S3-Leitlinie: Intravasale Volumentherapie beim Erwachsenen. (AWMF-Registernummer: 001 - 020), Juli 2020 Langfassung
  3. S2k-Leitlinie: Akuttherapie und Management der Anaphylaxie. (AWMF-Registernummer: 061-025), Januar 2021 Langfassung
  4. S3-Leitlinie: Sauerstoff in der Akuttherapie beim Erwachsenen. (AWMF-Registernummer: 020 - 021), Juni 2021 Langfassung