Zahnreinigung mit Pulverstrahl (Air-Flow-System)
Das Air-Flow®-System (Synonym: Pulverstrahltechnik) ist ein Verfahren zur professionellen Zahnreinigung (PZR), mit dem durch ein Pulver-Wasser-Luftgemisch dem Zahn aufgelagerte harte Verfärbungen und mikrobielle weiche Zahnbeläge schonend und an für die häusliche Zahnpflege unzugänglichen Stellen entfernt werden können.
Zielsetzung
Die klassische Air-Flow®-Methode dient, wie auch die Behandlung mit vergleichbaren Systemen wie z. B. dem PROPHYFlex®-Ansatz, der supragingivalen (über dem Zahnfleischrand) Prophylaxe (Reinigung zur Vorbeugung). Dabei kommt lediglich das verwirbelte Pulver-Wasser-Luftgemisch mit der Zahnoberfläche in Kontakt, kratzende Geräusche durch metallische Reinigungsinstrumente bleiben dem Patienten erspart, das angrenzende Weichgewebe und die Zahnoberflächen werden bei fachmännischer Anwendung im Idealfall nicht in Mitleidenschaft gezogen.
Indikationen (Anwendungsgebiete)
Das Air-Flow®-System wird wie das PROPHYFlex®-Gerät alternativ oder ergänzend zur traditionellen Reinigungstechnik, die beispielsweise mit rotierenden Reinigungsbürstchen oder -kelchen zuzüglich Polierpasten unterschiedlicher Körnung und Abrasivität arbeitet, angewendet, um insbesondere durch Nahrungs- und Genussmittel wie Kaffee, Tee, Nikotin oder Rotwein, aber auch durch Medikamente entstandene Verfärbungen abzutragen. Dabei sind insbesondere die Approximalräume (Zahnzwischenräume) mit den Pulverstrahlgeräten in der Regel besser zu erreichen als mit herkömmlichen Reinigungsmöglichkeiten.
Sollte zusätzlich Zahnstein entfernt werden müssen, so kann die klassische Air-Flow®-Methode kombiniert werden mit Handinstrumenten oder Ultraschallscalern. Als neue Alternative bietet der Hersteller hier das Air-Flow®-Master-System an, bei dem die supragingivale Reinigung (oberhalb des Zahnfleischrands) durch ein System zur Reinigung subgingivaler Zahnoberflächen (in der Zahnfleischtasche) ergänzt wird, das ebenfalls auf der Pulverstrahlmethode mit Natriumbikarbonat basiert und für das spezielle, in den Sulcus (Furche zwischen Zahnfleisch und Zahn) einführbare Düsen entwickelt wurden.
Das vorwiegend aus Natriumbikarbonat (CHNaO3) bestehende Reinigungspulver wird mittlerweile in sechs Geschmacksrichtungen angeboten. Erweitert wird das Sortiment durch das Air-Flow®-Pulver Soft, das der Hersteller für Patienten mit sehr empfindlichem Zahnfleisch empfiehlt, sodass eine Gingivareizung weitestgehend vermieden werden kann.
Vor der Anwendung
- Auf Grund möglicher Staubentwicklung sollte der Patient während der Behandlung keine Kontaktlinsen tragen.
- Sowohl Patient als auch das Behandlerteam werden mit Schutzbrillen ausgestattet.
- Zur Reduzierung der Bakteriendichte ist eine vorherige Mundspülung mit 0,2%-igem Chlorhexidindiglukonat über 30 sec sinnvoll.
- Vaseline auf den Lippen verhindert das Antrocknen des Natriumbikarbonat-Pulvers.
Das Verfahren
- Um die Staubentwicklung während der Behandlung zu minimieren, wird im Idealfall mit der schnellen Absaugung und dem Speichelzieher gearbeitet.
- Die Pulverstrahldüse wird mit einem Abstand von 3 mm bis 5 mm von der Zahnoberfläche entfernt gehalten.
- Die Düse muss bei der klassischen Air-Flow®-Methode in einem Winkel zwischen 30° und 60° zur Zahnachse vom Zahnfleischrand weg Richtung Schneidekante bzw. Kaufläche gehalten werden, also nicht direkt auf die Gingiva (Zahnfleisch), um Reizungen und Verletzungen zu minimieren.
- Die Düse wird in leicht kreisenden Bewegungen über die Zahnoberflächen bewegt.
- Nach der Reinigung mit dem Pulverstrahl werden alle Zahnflächen mit feinstkörnigen Polierpasten feingeglättet.
Nach der Anwendung
- sollte idealerweise die Fluoridierung der Zahnoberflächen mit entsprechenden Lacken oder Touchierlösungen erfolgen
- sollte der Patient für zwei bis drei Stunden auf färbende Nahrungs- und Genussmittel verzichten, da die Zahnoberflächen durch die Reinigung vom schützenden Schmelzoberhäutchen (organische, nicht mineralisierte Schicht aus Speichelproteinen) befreit und bis zu dessen Neubildung anfälliger für die Einlagerung von Farbpartikeln sind
Mögliche Komplikationen
- Reizungen der Gingiva (Zahnfleisch) lassen sich auch bei fachmännischer Vorgehensweise nicht völlig umgehen.
- Bei unsachgemäßer Anwendung von Pulverstrahlgeräten kann es durch einen falschen Winkel des Pulverstrahls in die Zahnfleischtasche hinein darin zu Verletzungen und zur Emphysembildung (Einpressen von Luft ins Weichgewebe) mit entsprechendem Embolierisiko kommen. Bei subgingivaler Behandlung gezielt in der Zahnfleischtasche mit der Perio-Flow®-Düse ist nach Herstellerangaben eine Emphysembildung ausgeschlossen.
- Bei regelmäßiger Anwendung ist ein Zahnhartsubstanzverlust nicht auszuschließen.
Bei der Bezeichnung Air-Flow® handelt es sich um Pulverstrahlgeräte der Firma EMS Electro Medical Systems S.A..
Bei der Bezeichnung PROPHYflex® handelt es sich um Pulverstrahlgeräte der Firma KaVo Dental GmbH.
Literatur
- Herstellerinformationen der Firma EMS Electro Medical Systems S.A.
- Herstellerinformationen der Firma KaVo Dental GmbH
- Heidemann D: Praxis der Zahnheilkunde: Parodontologie. Elsevier, Urban & Fischer Verlag 2005
- Roulet JF, Fath S & Zimmer S. (2017). Zahnmedizinische Prophylaxe (5. Aufl.). Elsevier, München / Urban & Fischer.
- Weber T. (2017). Memorix Zahnmedizin (5. unveränderte Aufl.). Thieme Verlag.
- Hellwege KD. (2018). Die Praxis der zahnmedizinischen Prophylaxe (7. aktualisierte und erweiterte Aufl.). Thieme Verlag.