Tinnitus-Retraining-Therapie
Die Tinnitus-Retraining-Therapie (TRT) ist ein Verfahren, das eine Linderung des Tinnitus-Leidens zum Ziel hat. Als Tinnitus aurium (Ohrensausen) wird eine akustische Wahrnehmung bzw. ein Ohrgeräusch bezeichnet, das ohne eine externe Geräuschquelle existent ist. Der Tinnitus ist chronisch, wenn er bereits 3-6 Monate anhält. Die Therapie beruht auf dem neurophysiologischen Tinnitus-Modell von Pawel Jastreboff (USA) und Jonathan Hazell (England). Die beiden Wissenschaftler untersuchten und untermauerten Anfang der Neunzigerjahre einen Behandlungsansatz, der auf der Annahme beruht, dass bei der Hörwahrnehmung ablaufende Prozesse im zentralen Nervensystem (Gehirn) für den Tinnitus verantwortlich sind.
Zielsetzung und Wirkungsweise der Tinnitus-Retraining-Therapie (TRT)
Zielsetzung
Das Hauptziel der TRT ist es, die Wahrnehmung des Tinnitus zu vermindern und das damit verbundene Leiden signifikant zu reduzieren. Dies soll erreicht werden, indem:
- Habituation der Wahrnehmung: Der Tinnitus soll vom Bewusstsein des Patienten in den Hintergrund rücken, ähnlich wie andere alltägliche Hintergrundgeräusche, die nicht störend wahrgenommen werden.
- Habituation der Reaktion: Die emotionale und physiologische Reaktion auf den Tinnitus soll minimiert werden, sodass der Betroffene weniger Stress und Beeinträchtigung im täglichen Leben erfährt.
Wirkungsweise
- Tinnituscounseling: Der erste Schritt der TRT ist ein intensives Beratungsgespräch, bei dem der Patient über die Mechanismen und Ursachen des Tinnitus aufgeklärt wird. Dies hilft, Ängste und Missverständnisse abzubauen und ein Verständnis dafür zu entwickeln, wie eine Habituation erreicht werden kann.
- Einsatz eines Rauschgenerators (Noiser): Dieses Gerät erzeugt ein sanftes, nicht störendes Geräusch, das dazu dient, die Aufmerksamkeit vom Tinnitus weg und zum Noiser hinzulenken. Das Ziel ist, dass das Gehirn lernt, den Tinnitusgeräuschen weniger Beachtung zu schenken.
Vor der Tinnitus-Retraining-Therapie (TRT)
- Audiologische Diagnostik: Überprüfung des Gehörapparates, um die Art und Ursache des Tinnitus zu bestimmen.
- Interdisziplinäre Abklärung: Gegebenenfalls weitere Untersuchungen durch Neurologen, Orthopäden oder Internisten, um andere Ursachen auszuschließen.
- Tinnituscounseling: Ein Beratungsgespräch, das Folgendes umfasst:
- Informationsvermittlung über Tinnitus.
- Diskussion aktueller Symptome und Beschwerden.
- Abbau von Ängsten.
- Erörterung von Coping-Strategien.
- Diskussion persönlicher Entwicklungen und Umstände.
- Tinnitus-Konferenz: Zusammenkunft zwischen Patient, HNO-Arzt und einem Akustiker zur Erstellung eines individuellen Behandlungsplans.
Das Verfahren
Der Tinnitus ist als Krankheit wahrnehmbar, wenn die hemmenden Systeme des Gehirns versagen und störende, unangenehme Geräusch permanent in das Bewusstsein dringen. Diese Geräusche können vielfältige Ursachen haben. Die Hörwahrnehmung des Menschen im Gehirn steht unter anderem in Verbindung mit dem sogenannten limbischen System, das die Gefühlswelt jedes einzelnen steuert. Dieser Zusammenhang erklärt die Verstärkung des Tinnitus in negativen Stimmungslagen wie Angst oder Stress. In der Regel findet eine Gewöhnung an Geräuschen statt, die als Habituation bezeichnet wird. Das Geräusch einer Straßenbahn, die täglich am Büro entlangfährt, wird nach einiger Zeit "ausgeblendet". Das Tinnitusgeräusch hingegen wird negativ bewertet und die Aufmerksamkeit erhöht sich. Die Tinnitus-Retraining-Therapie wirkt diesem Prozess entgegen, indem der Patient desensibilisiert wird. Ziel ist eine verminderte Wahrnehmung bis hin zur völligen Ausblendung des störenden Ohrgeräusches. Die Bezeichnung "Retraining" kann am ehesten mit "Verlernen" übersetzt werden.
Vor der eigentlichen Therapie wird eine audiologische Diagnostik (Überprüfung des Gehörapparates) durchgeführt. Falls notwendig, ist eine weitere Abklärung durch Neurologen, Orthopäden oder Internisten sinnvoll.
Das erste Element der eigentlichen Tinnitus-Retraining-Therapie ist das Tinnituscounseling. Es handelt sich um ein Beratungsgespräch, dessen Inhalte wie folgt sind:
- Informationsvermittlung über Tinnitus
- Besprechen der aktuellen Symptome und Beschwerden
- Abbauen von Ängsten
- Besprechen von Coping-Strategien (Strategien, die den Umgang mit dem Problem betreffen)
- Besprechen von persönlichen Entwicklungen und Umständen
Im Anschluss erfolgt die sogenannte Tinnitus-Konferenz. Es handelt sich um eine Zusammenkunft zwischen dem Patienten, dem HNO-Arzt und einem Akustiker. Ziel ist die Erstellung eines individuellen Behandlungsplans, der dem Patienten die physische und psychologische Unterstützung garantiert, die er benötigt.
Das zweite große Element ist der Einsatz Rauschgerätes (Noiser). Dieses Gerät bietet dem Patienten ein leiseres, nicht so störendes Geräusch an. Ziel ist, dass der Patient lernt, weniger auf den Tinnitus zu achten und das externe, nicht negativ bewertete Geräusch später zu überhören. Das Gerät gleicht äußerlich einem Hörgerät und sollte täglich etwa 2-6 Stunden getragen werden, wenn möglichst wenige Umgebungsgeräusche vorhanden sind. Ergänzend werden Entspannungsverfahren und Methoden der Selbsthilfe vermittelt. Aufklärungen und Beratungen, die helfen, Stressreaktionen abzuschwächen, sind empfehlenswert. Hat der Tinnitus eine organische Ursache, wird diese natürlich behandelt.
Nach der Tinnitus-Retraining-Therapie
- Einsatz eines Rauschgerätes (Noiser): Das Gerät bietet ein weniger störendes Geräusch an, um die Aufmerksamkeit vom Tinnitus wegzulenken.
- Das Gerät sollte täglich etwa 2-6 Stunden getragen werden.
- Ergänzende Maßnahmen:
- Vermittlung von Entspannungsverfahren und Methoden der Selbsthilfe.
- Stressreduktion und Beratungen zur Abschwächung von Stressreaktionen.
- Behandlung organischer Ursachen: Falls der Tinnitus eine organische Ursache hat, wird diese entsprechend behandelt.
- Regelmäßige Nachkontrollen: Überwachung des Fortschritts und Anpassung der Therapie bei Bedarf.
Ihr Nutzen
Die Tinnitus-Retraining-Therapie ist eine wirkungsvolle Verhaltenstherapie, die eine dauerhafte Minderung des Tinnitus-Leidens ermöglicht. Das ständige Ohrensausen beeinträchtigt den Patienten sowohl körperlich als auch psychisch. Die Therapie wirkt dem entgegen und stellt seine Lebensqualität wieder her.
Literatur
- Golenhofen M: Tinnitusbehandlung mit komplementärer Medizin: TCM und andere komplementäre Verfahren bei Ohrgeräuschen. Elsevier, Urban & Fischer Verlag 2008
- Biesinger E: Tinnitus: endlich Ruhe im Ohr: Ursachen erkennen und ausschalten. Die besten Therapien für Akut- und Langzeitbehandlungen. Georg Thieme Verlag 2007
- Barlet J: Allgemein Medizin: 39 Tabellen. Georg Thieme Verlag 2004