Oxidativer Stress (inkl. nitrosativer Stress) – Einleitung
Freie Radikale sind reaktive Atome oder Moleküle mit mindestens einem ungepaarten Elektron im äußeren Orbital. Sie sind hochreaktive, sehr aggressive chemische Sauerstoffmoleküle oder organische Verbindungen, die eine zentrale Rolle im oxidativen und nitrosativen Stress spielen.
Synonyme und ICD-10: Free radicals; Free radikals; Freie Radikale; Freie Radikale (Krankheit); Freien Radikale (Oxidativer Stress); Oxidativer Stress (Freie Radikale); ICD-10-GM E88.9: Stoffwechselstörung, nicht näher bezeichnet
Wesentliche freie reaktive Spezies
- Reaktive Sauerstoffspezies (ROS):
- Superoxid-Anion (O2–)
- Hydroxylradikal (OH·) [reaktivste Sauerstoffverbindung]
- Reaktive Stickstoffspezies (RNS):
- Stickstoffmonoxidradikal (NO·)
- Peroxynitrit-Anion (ONOO–)
Entstehung und Wirkung
Freie Radikale entstehen als Zwischenprodukte des Stoffwechsels ständig in jeder Zelle des menschlichen Körpers. Diese Sauerstoff- und Stickstoffverbindungen mit ungepaarten Elektronen sind bestrebt, einem anderen Atom oder Molekül Elektronen zu entreißen. Durch diese Elektronenentnahme reagieren sie mit anderen Molekülen und bilden dabei neue Radikale. Dieser Prozess führt zu einer Kettenreaktion, die zur stetigen Vermehrung der Radikale im Körper führt.
Der oxidative bzw. nitrosative Stress entsteht, wenn die zelluläre antioxidative Abwehr (Antioxidantien) zu gering ist, um die reaktiven Sauerstoff- bzw. Stickoxidradikale zu kompensieren.
Mechanismus des oxidativen und nitrosativen Stresses
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Bildung von freien Radikalen:
- Exogene Quellen: UV-Strahlung, ionisierende Strahlung, Umweltgifte, Rauchen, Medikamente.
- Endogene Quellen: Mitochondriale Atmungskette, Enzymaktivitäten (z. B. NADPH-Oxidase, Xanthinoxidase).
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Kettenreaktion:
- Freie Radikale entreißen anderen Molekülen Elektronen, wodurch neue Radikale entstehen, die wiederum andere Moleküle angreifen.
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Zelluläre Schäden:
- Lipide: Lipidperoxidation führt zur Schädigung von Zellmembranen.
- Proteine: Oxidative Modifikationen beeinflussen die Funktion und Struktur von Proteinen.
- DNA: DNA-Schäden können Mutationen und Karzinogenese (Krebsentstehung) begünstigen.
Rolle der Antioxidantien
Antioxidantien wirken den Oxidantien entgegen. Sie sind Reduktionsmittel (reduzierende Substanzen), die die Wirkung von Oxidantien aufheben und diese so unschädlich machen. Wichtige Antioxidantien umfassen:
- Enzymatische Antioxidantien: Superoxiddismutase (SOD), Katalase, Glutathionperoxidase.
- Nicht-enzymatische Antioxidantien: Vitamin C, Vitamin E, Glutathion, Flavonoide.
Bedeutung und Konsequenzen
Der oxidative Stress gehört unter dem Namen "Freie-Radikale-Theorie" zu den populärsten Alterungstheorien. Diese Theorie besagt, dass die Ansammlung von oxidativen Schäden im Laufe der Zeit zu altersbedingten Erkrankungen und zum physiologischen Altern beiträgt.
Pathologische Zustände durch oxidativen und nitrosativen Stress:
- Kardiovaskuläre Erkrankungen: Atherosklerose (Arteriosklerose, Arterienverkalkung), Hypertonie (Bluthochdruck).
- Neurodegenerative Erkrankungen: Alzheimer-Krankheit, Parkinson-Krankheit.
- Krebs: DNA-Schäden und Mutationen.
- Entzündliche Erkrankungen: Rheumatoide Arthritis, entzündliche Darmerkrankungen.
- Metabolische Störungen: Diabetes mellitus, metabolisches Syndrom.
Prävention und Therapie
Strategien zur Verringerung von oxidativem und nitrosativem Stress umfassen:
- Lebensstiländerungen: Raucherentwöhnung, Reduktion von Alkohol, Vermeidung von UV-Strahlung.
- Ernährung: Antioxidantienreiche Ernährung, einschließlich Obst, Gemüse, Nüsse und Vollkornprodukte.
- Medikamentöse Interventionen: Einsatz von Antioxidantien in Form von Nahrungsergänzungsmitteln oder Medikamenten, z. B. Vitamin C, Vitamin E, N-Acetylcystein.
- Pharmakologische Ansätze: Entwicklung von Medikamenten, die die Produktion freier Radikale reduzieren oder deren Abbau fördern.
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Literatur
- Halliwell B, Gutteridge JM. Free Radicals in Biology and Medicine. 5th ed. Oxford University Press; 2015.
- Valko M, Leibfritz D, Moncol J, et al.: Free radicals and antioxidants in normal physiological functions and human disease. Int J Biochem Cell Biol. 2007;39(1):44-84. doi: 10.1016/j.biocel.2006.07.001